Wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges erreichte die Europäische Rundfunkunion (EBU) ein Hilferuf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaft der Ukraine, UA:PBC. Seither unterstützen viele der über 70 Rundfunkanstalten, die in der EBU organisiert sind, ihre Kollegen und Kolleginnen in der Ukraine mit Sende- und Studiotechnik. Auch die ARD gehört dazu.
Hilfsangebote der ARD
Die Landesrundfunkanstalten organisieren ihre Transporte jeweils selbst. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) ist als derzeit führende ARD-Anstalt mit der EBU im Gespräch.
"Spätestens mit dem Angriff auf den Fernsehturm in Kiew am sechsten Tag ist deutlich geworden: Es geht darum, den Gegner mundtot zu machen, ihm die Möglichkeit zur direkten Kommunikation mit seiner Bevölkerung zu nehmen, darauf zielen die russischen Angriffe." Christoph Augenstein, Produktionsdirektor des rbb, Koordinator für die ARD
Christoph Augenstein, Direktor Produktion und Technik des rbb, sagt, dass in der Ukraine gerade alles gebraucht würde, womit man Medieninhalte für Radio, TV und Online produzieren könne. Im Hof des rbb ist ein Hilfskonvoi abfahrtsbereit: Zwei große Dieselaggregate, um ein Sendestudio zu betreiben, IT-Infrastruktur wie PC und Monitore, Studioinfrastruktur wie Kopfhörer, Kameras, Verbindungskabel. "Wir haben keinen Schrank ungeöffnet gelassen, um zu schauen, wie wir unbürokratisch helfen können", so Augenstein.
Auch der BR unterstützt den ukrainischen Rundfunk
So wie beim rbb sieht es auch in anderen ARD-Anstalten aus. Der SWR hat beispielsweise eine mobile Satellitenanlage, eine Fly Away, für die Live-Berichterstattung auf den Weg gebracht. Das ZDF ist ebenso engagiert. Der BR stellt gerade Produktionstechnik wie Mischpulte und Mikrofone zusammen, die diese Woche Richtung Ukraine gebracht werden sollen.
Damit der ukrainische Rundfunk die Bevölkerung nicht nur informieren, sondern auch warnen kann.
"Er muss die Bevölkerung auch alarmieren, denn das ist im Krieg eine ganz wesentliche Funktion des Rundfunks im Sinne der Daseinsvorsorge. Das ist das oberste Gebot, dass die Menschen gewarnt werden können, vor Raketenangriffen, Bombenangriffen." Christoph Augenstein, Produktionsdirektor des rbb, Koordinator für die AR
Gemeinschaftsprogramm aus dem Bunker
UA:PBC, die öffentlich-rechtliche Rundfunkgesellschaft der Ukraine, produzierte vor dem Krieg zwei Hauptprogramme und 27 regionale TV-Angebote für ein Land, das fast doppelt so groß ist wie Deutschland – außerdem Radioprogramme, zahlreiche Websites und Social-Media-Angebote.
Inzwischen haben sich öffentlich-rechtliche und private Sender zusammengetan. Jeder produziert im Fernsehen jeweils fünf Stunden Programm, das dann auf allen Kanälen ausgestrahlt wird. Nachrichten rund um die Uhr, Informationen zum Überleben – auch im Radio. Außerdem wurden die Informationskanäle auf Telegram ausgebaut.
Was passiert, wenn der Strom ausfällt?
Damit die ukrainische Bevölkerung diese noch vorhandenen Informationen nutzen kann, braucht es nicht nur Technik auf der Senderseite, sondern auch bei den Empfängern.
Radios, die UKW, Mittelwelle und vielleicht auch noch Kurzwellensender, die von außerhalb einstrahlen, empfangen können, sind im Krieg und auf der Flucht am besten dafür geeignet. Wenn die Stromversorgung schwierig ist, können sie auch mit Batterien betrieben werden.
Viel Information läuft aber inzwischen mobil übers Handy – doch die sind besonders störanfällig, seitens der Provider, oder aber wenn, wie in Mariupol, der Strom komplett ausfällt. Dann ist die Internet-basierte Information unerreichbar.
Heimatsender für Geflüchtete in den Nachbarstaaten
Und weil inzwischen viel Infrastruktur zerstört oder wegen Beschuss nicht mehr zugänglich ist, können die ukrainischen Programme nicht mehr überall ausgestrahlt werden. Daher springen Sender in den Nachbarstaaten ein. Auch die Geflüchteten wollen mit Informationen aus der Heimat versorgt werden. Der Leiter des ukrainischen Rundfunks, Mykola Chernotytskyi, sagt in einem Interview auf der Website der EBU:
"Ich begrüße es sehr, wenn Kollegen aus anderen Länder unser Radiosignal übernehmen und es in Rumänien, Polen oder anderswo verbreiten. Und es wäre großartig, wenn sie die Programme über Mittelwelle ausstrahlen könnten, die in der Ukraine sehr gut empfangen werden kann." Mykola Chernotytskyi, Leiter des ukrainischen Rundfunks UA:PBC
Journalisten in Kiew währende des Ukraine-Krieges
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