Es war geplant als friedliche Demonstration. Unter dem Motto "Jerusalem für alle". Für Juden, Christen, Muslime und Atheisten. Der Protest in der Münchner Innenstadt vor genau einer Woche gegen die Entscheidung Donald Trumps, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Doch Radikale mischen sich unter die rund 300 Demonstranten, skandierten antisemitische Hassparolen.
Die 26-jährige Studentin Nilab Taufiq hat die Demonstration mitorganisiert und wegen der Hetzparolen vorzeitig abgebrochen. Soweit sie es mitbekommen habe, seien es palästinensische Jugendliche, palästinensische Muslime, aber auch palästinensische Christen gewesen.
Polizei hätte Eskalationen unterbinden müssen
Judenfeindliche Parolen waren auch bei Anti-Israel-Kundgebungen in Berlin und anderen deutschen Städten zu hören. Dabei wurden israelische Flaggen verbrannt und "Tod, Tod Israel" skandiert. Eskalationen, die die Polizei hätte unterbinden müssen, sagt die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. Sie fordert: Politik, Polizei und Justiz müssten endlich hart durchgreifen. In dieser Situation sehe sie einen ganz offen ausgesprochenen Antisemitismus. Bis heute könne sie nicht verstehen, dass die Verantwortlichen nicht in der Lage gewesen seien, diese Versammlungen wie zum Beispiel in München abzubrechen.
"Neuer, importierter islamischer Antisemitismus"
Dabei ist das Problem nicht neu. Zu ähnlichen anti-israelischen Demonstrationen mit massiven antisemitischen Untertönen ist es auch während des Krieges in Gaza im Sommer 2014 gekommen. Mancher spricht seitdem von einem neuen, importierten islamischen Antisemitismus. Wer sich in der Münchner muslimischen Community umhört, merkt aber schnell, dass man hier differenzieren muss.
Es sind Ressentiments zu hören, bei denen DIE Juden pauschal für Missstände in Israel und den palästinensischen Gebieten verantwortlich gemacht werden, es gibt aber auch absolute Offenheit.
Antisemitismus hat oft mit Herkunftsland zu tun
Ihre Religion scheint bei der Sicht muslimischer Münchner auf das Judentum weniger eine Rolle zu spielen, als vielmehr ihr Herkunftsland. Menschen aus dem arabischen Raum, aus Syrien oder dem Libanon äußern sich kritischer gegenüber Israel als beispielsweise Türken oder Afghanen. Und auch die Tatsache, dass bei der Münchner Demo orientalische Christen judenfeindliche Parolen skandierten, spricht dafür, dass weniger der islamische Hintergrund den Ausschlag gibt als vielmehr die Herkunft. Ein Eindruck, den auch der jüngste Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus der Bundesregierung bestätigt.
Antisemitische Feindbilder
Dass antisemitische Feindbilder wie die vom Finanzjudentum, den jüdischen Weltverschwörern oder Juden als Kindermördern auch unter muslimischen Jugendlichen und jungen Erwachsenden in Bayern verbreitet sind, das hat aber auch mit der islamistischen Propaganda im Netz zu tun. Organisationen wie Hamas oder Fatah aber auch der so genannte Islamische Staat hetzen mit alten Feindbildern des europäischen Antisemitismus, um Jugendliche zu mobilisieren, sagt die Münchner Muslima Nilab Taufiq, die die Szene beobachtet.
"Das schaukelt sich dann so hoch. Da gab's eine Dokumentation im Fernsehen, wo es dann hieß, dass der Staat Israel als solches entstanden ist, durch die List des Juden, die Weisheit des Europäers und die Dummheit der Araber. Das sind einfach Dinge, die bei uns in den Medien auch fallen, tagtäglich fallen, immer wieder fallen und die jungen Menschen das einfach undifferenziert auch aufnehmen und wiedergeben." Nilab Taufiq, Studentin und Mitorganisatorin der Demonstration
Moscheegemeinden gegen Antisemitismus
Was tun gegen diesen unreflektierten Antisemitismus? Da sieht Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden auch die Moscheegemeinden in Bayern wie ganz Deutschland in der Pflicht. Auf offene Ohren stößt er da bei dem Münchner Imam Ahmad Popal. Er hatte den jüdischen CSU-Stadtrat Marian Offman nach den ersten Demos in Berlin zu seinem Münchner Freitagsgebet geladen.
Imam Ahmad Popal zufolge müssten die Gemeinsamkeiten betont werden, da das richtungsweisend sei. Die Aufklärungsarbeit in Form von Vermittlung von kulturellem, historischem Wissen sei ihre Aufgabe als Imame.