Bundesaußenministerin Annalena Baerbock setzt sich für die Bildung eines internationalen Sondertribunals zur Ahndung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ein. Erforderlich sei ein Tribunal, das gegen die russische Führung ermitteln und sie vor Gericht stellen könne, sagte Baerbock in einer Grundsatzrede vor der Haager Akademie für Völkerrecht am Montag. Sie könne die große Sorge der ukrainischen Regierung verstehen, dass Russland wegen seiner Aggression vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht belangt werden könne.
Vor dem Haager Gericht können laut Statut nur Fälle behandelt werden, in denen Kläger und Beklagte Mitglied des Gerichtshofs sind oder ein Fall vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen überwiesen wird. Russland ist nicht Teil des Gerichtshofs und würde als ständiges Mitglied mit Vetorecht im UN-Sicherheitsrat eine Überweisung an das Gericht wohl blockieren. Darüber habe sie vergangene Woche bei ihrem Besuch in Charkiw auch mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba gesprochen, sagte Baerbock.
Baerbock wirbt für Sondertribunal
"Wir haben darüber gesprochen, gemeinsam mit der Ukraine und unseren Partnern an der Idee zu arbeiten, ein Sondertribunal für das Aggressionsverbrechen gegen die Ukraine einzurichten", sagte die Grünen-Politikerin. Vorstellbar wäre ein Gericht, das seine Jurisdiktion aus dem ukrainischen Strafrecht ableite. Ergänzt werden könne es mit internationalen Elementen – "an einem Standort außerhalb der Ukraine, mit finanzieller Unterstützung durch Partner und mit internationalen Staatsanwälten und Richtern, damit Unparteilichkeit und Legitimität untermauert", sagte Baerbock. "Das wäre ein neues Format."
Zugleich warb Baerbock dafür, die Jurisdiktion des Internationalen Strafgerichtshofs auf Verbrechen der Aggression auszuweiten. "Das heißt, dass es für das Verbrechen der Aggression wie im Falle von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ausreichen muss, dass der Opferstaat Vertragspartei ist."
Der Internationale Strafgerichtshof wird von 123 Staaten anerkannt, dazu zählen allerdings nicht Russland und auch nicht die USA. Die Ukraine hat die Zuständigkeit des Gerichtshofs mit einer sogenannten Unterwerfungserklärung im Jahr 2014 akzeptiert.
Baerbock über Russland: "Krieg gegen das Recht"
Baerbock traf sich während ihres eintägigen Besuchs in Den Haag unter anderem mit dem Präsidenten des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Piotr Jozef Hofmanski, sowie mit Chefankläger Karim Ahmad Khan. "Russlands Krieg gegen die Ukraine ist auch ein Krieg gegen das Recht", hatte die Grünen-Politikerin vor der Reise nach Den Haag erklärt. Russlands Präsident Wladimir Putin "tritt die elementarsten Grundsätze des internationalen Rechts, die alle Völker verbinden, mit Füßen".
Den Haag stehe "wie keine andere Stadt für Völkerrecht und Gerechtigkeit", erklärte Baerbock. Die internationalen Gerichtshöfe dort stünden für die Zuversicht, "dass wir in der Welt unsere Konflikte friedlich lösen und dass schlimmste Verbrechen geahndet werden".
Baerbock betonte, in Den Haag wolle sie deutlich machen: "Das Völkerrecht ist stark, und es ist an uns allen, ihm Geltung zu verschaffen und es gerade jetzt zu stärken."
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