Aus Sicht von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wird die geplante Kindergrundsicherung nicht so teuer, wie von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) erwartet.
Unter oder über zehn Milliarden für Kindergrundsicherung?
In der Ampel-Koalition sei es unstrittig, dass es ein einfaches, digitales Verfahren geben solle, damit Familien das erhielten, was ihnen zustehe. "Ich rechne damit, dass hierfür zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt in einstelliger Milliardenhöhe benötigt werden", sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Paus geht mit dem von ihr vorgelegten Konzept von Kosten in Höhe von zwölf Milliarden Euro aus.
Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch bezeichnete es als "gut", dass Lindner nun einen Milliardenbetrag zur Finanzierung der Kindergrundsicherung in Aussicht stelle. "Um Kinder aus der Armut zu holen, müssen wir das Existenzminimum für Kinder, Entbürokratisierung, Digitalisierung, Arbeitsanreize für Familien und die nötige Finanzierung zu einem Gesamtkonzept zusammenbringen", sagte Audretsch.
Paus pocht auf Kindergrundsicherung
Paus hatte bereits eine zügige Einigung bei der Kindergrundsicherung angemahnt und pocht nun darauf, dass das Vorhaben bei den Haushaltsverhandlungen prioritär behandelt wird. "Sie ist das wichtigste sozialpolitische Vorhaben dieser Regierung", sagte Paus der Zeitung "Welt am Sonntag".
Die Kindergrundsicherung ermögliche den Zugang zu allen existenzsichernden Leistungen mit nur einem Antrag und eine weitgehend automatisierte Auszahlung. Jeder Cent im Kampf gegen Kinderarmut sei "eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft", sagte die Grünen-Politikerin.
Lindner: Entscheidend, dass Geld bei Kindern ankommt
Finanzminister Christian Lindner dagegen äußerte sich zurückhaltend zu Plänen von Familienministerin Lisa Paus, auch die individuellen Leistungen für arme Kinder zu erhöhen. "Bei der Bekämpfung der Kinderarmut ist für mich entscheidend, dass das Geld bei den Kindern ankommt. Nur auf Geldzahlungen zu setzen, wäre falsch" sagte der Finanzminister. In manchen Fällen komme die Hilfe nie bei den Kindern an, sondern bleibe beim Familienoberhaupt.
Gerade für Familien, in denen nicht Deutsch gesprochen werde und in denen bisher niemand ein eigenes Einkommen erziele, gebe es bessere Hilfen als mehr Geld: "Sprache und Bildung für die Eltern, damit sie den Lebensunterhalt selbst finanzieren können", führte Lindner aus.
Kinderhilfswerk: Mindestmaß an Teilhabe abdecken
Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, warnte unterdessen vor einer "Mogelpackung" bei der Kindergrundsicherung. "Kinder und Jugendliche dürfen nicht weiter als Bittsteller von Sozialleistungen gesehen werden", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es sei die Aufgabe des Staates, allen Kindern die für ihr gutes Aufwachsen notwendigen finanziellen Mittel zukommen zu lassen."
Die Höhe der Leistung müsse das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben von Kindern und Jugendlichen abdecken. Das werde mehr Geld kosten als bisher, sei aber "eine notwendige Investition des Staates in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes".
Auch der Deutsche Kinderschutzbund pochte auf Fortschritte bei der Kindergrundsicherung. "Der Kindergrundsicherung läuft die Zeit davon, wenn sie noch in dieser Legislatur kommen soll", sagte Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers der "Stuttgarter Zeitung". "Mein Verständnis für die Hinhaltetaktik einiger Minister innerhalb der Koalition ist allmählich erschöpft", fügte er hinzu. "Die Finanzierungsfrage ist eine der politischen Prioritätensetzung: Was sind uns unsere Kinder wert? Wie viel investieren wir heute in die Zukunft unseres Landes?", betonte Hilgers.
Was in der Kindergrundsicherung enthalten sein soll
Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 verschiedene Leistungen bündeln: vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis hin zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten und Freizeit. Viele Familien beantragen Leistungen bislang nicht – wegen Unkenntnis oder bürokratischer Hürden. Der Streit um die Kindergrundsicherung könnte auch bei der am Sonntag beginnenden zweitägigen Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg eine Rolle spielen.
Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 ausgezahlt werden und bisherige Familienleistungen bündeln. Zugleich sollen Zugangshürden für Familien abgebaut werden. Umstritten ist in der Ampel-Koalition, ob mit der neuen Leistung für Kinder auch eine Erhöhung der Leistungen einhergehen soll.
Mit Informationen von dpa, KNA und epd
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