Das Geschäft mit der ambulanten Intensivpflege

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Ambulante Intensivpflege: Wo sich schlechte Pflege bezahlt macht

Je schlechter es den Patienten geht, umso besser verdienen die Betreiber ambulanter Intensivpflege WGs. Die Kassen zahlen nur für Patienten, die künstlich beatmet werden. Es geht um fünfstellige Summen pro Monat und Patient. Von Anja Wahnschaffe

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Systematischer Pflegebetrug in Deutschland, er hat viele Gesichter. Weil Pflegekräfte fehlen, werden schwerstkranke Patienten von ungelernten Kräften betreut, die oft nicht einmal deutsch sprechen. Das haben die Kollegen von BR-Recherche vor einigen Wochen aufgedeckt.

Ambulante Intensivpflege kostet bis zu 30.000 Euro im Monat

Der Funkstreifzug hat jetzt ambulante Intensivpflege-WGs unter die Lupe genommen und stellt fest: Je schlechter es den Patienten geht, umso besser verdienen die Betreiber solcher Einrichtungen. Nur so lange die Schwerstkranken über eine Trachelkanüle künstlich beatmet werden, zahlen die Krankenkassen bis zu 30.000 Euro im Monat an die WG-Betreiber. Sobald die Trachealkanüle abtrainiert ist, muss der Patient die Einrichtung verlassen. Das bedeutet, dass Anreize fehlen, den Zustand der Patienten durch Therapien zu verbessern.

Hedgefonds verdienen an der Intensivpflege

Armin Nentwig, ehemaliger Landrat von Amberg-Sulzbach und Vorsitzender des Bundesverbandes Schädel-Hirn-Patienten in Not, nennt die rein gewinnorientierten Intensivpflege-WGs "Gelddruckmaschinen". Er spricht von einem flächendeckenden System, in dem es nur wenige Ausnahmen gebe.

"Das sind ja Hedgefonds, die bereits solche Einrichtungen betreiben, wo es nur um die Rendite geht. Ich schätze mal, dass wir zwischenzeitlich bei zehn Milliarden sind, das räubert unsere Krankenkassen aus", kritisiert Nentwig. Dass die ambulante Intensivpflege ein gewinnbringendes Geschäftsmodell ist, haben offenbar viele Unternehmer erkannt. Laut Nentwig sind In den vergangenen Jahren seien solche Wohngemeinschaften wie Pilze aus dem Boden geschossen. Demnach gibt es mittlerweile etwa 150 davon in Bayern.

Kaum Kontrollen durch MDK und Heimaufsicht

Einmal im Jahr prüft der medizinische Dienst der Krankenversicherung, kurz MDK, die Betreiber dieser Pflege-Einrichtungen. Doch der kann nur sehr eingeschränkt kontrollieren. In Intensivpflege-WGs sind die Patienten offiziell Mieter eines Zimmers. Der ambulante Pflegedienst wird unabhängig davon beauftragt. Durch dieses Konstrukt können Wohngemeinschaften weniger kontrolliert werden als ein gewöhnliches Pflegeheim. Und auch die Heimaufsicht ist nur eingeschränkt zuständig. Und die Angehörigen sind mit der Aufsicht und Kontrolle oft überfordert.

Bayerisches Gesundheitsministerium verfolgt Entwicklung

Wälzt der Gesetzgeber die Verantwortung auf Pflegebedürftige und Angehörige ab? Das bayerische Gesundheitsministerium beantwortet die Frage schriftlich und schreibt: !Intensivpflege WGs stehen im Spannungsfeld zwischen der Selbstbestimmung sowie der Verantwortung des Staates für den Schutz der Mieterinnen und Mieter. Das Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat diese Entwicklung im Blick und wird im Rahmen der Novellierung des Pflegewohnheim-Gesetzes bei Bedarf entsprechende Änderungen vornehmen."