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Wolfgang Bosbach

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Abschied eines Rebellen: Wolfgang Bosbach verlässt den Bundestag

Mehr als zwei Jahrzehnte saß Wolfgang Bosbach im Bundestag. Der Innenpolitiker ist über Parteigrenzen hinweg geachtet, hat es seiner CDU allerdings nicht immer leicht gemacht. Von Achim Wendler

Es gibt das Gerücht, der Talkshow-König Wolfgang Bosbach habe Adressen von Talkshow-Studios in seinem Auto-Navigationssystem abgespeichert. Will er zum Beispiel zu Maischberger, drückt er Maischberger. Stimmt das? "Natürlich nicht!", ruft Bosbach.

Er habe schon so viel Blödsinn gehört. Verärgert ist er dabei aber kein bisschen. Im Gegenteil, gut gelaunt sitzt der CDU-Politiker in seinem ziemlich engen Abgeordneten-Büro in Berlin. Er trägt blaues Sakko, dunkle Hose – dieselben Klamotten, in denen er ein paar Stunden später wieder mal die Talkshow-Nation erregen wird, durch seinen zornigen Abgang bei "Maischberger". Aber noch, wie gesagt, ist er gut gelaunt.

Bosbachs "tolle Jahre" im Bundestag

Er ist gerade 65 geworden und schaut zurück auf 23 Jahre im Bundestag.

"Tolle Jahre. Ich kann mich an keinen einzigen Tag erinnern, an dem ich nicht gerne ins Büro gegangen bin." Wolfgang Bosbach, CDU-Politiker

Das muss dann auch für den Tag gelten, an dem sich Bosbachs großer Traum zerschlug. Er wollte 2005 Innenminister werden, in Angela Merkels erstem Kabinett. Stattdessen blieb er Fraktionsvize, wurde später Vorsitzender des Innenausschusses. Und nebenbei wurde er anstrengend. Für die eigene Partei. In der Flüchtlingskrise stellte er sich im Parlament offen gegen seine CDU-Vorsitzende und Kanzlerin. Das Ganze sei "nicht Herausforderung, sondern Überforderung": "Diesen Kontrollverlust müssen wir so rasch als möglich beenden."

Wolfgang Bosbach - ein Partei-Rebell?

Was trieb ihn dazu? Frust? Die Sucht nach Öffentlichkeit? Es gibt nur wenige Journalisten, die Bosbachs Handy-Nummer nicht haben. Es gibt kaum eine Talkshow, in der er nicht mindestens einmal war. Kurz, mehr Öffentlichkeit geht nicht für einen normalen Abgeordneten. Inszenierte Bosbach sich deshalb in der garantiert öffentlichkeitswirksamen Rolle des Partei-Rebellen? Er bestreitet das. Stattdessen richtet er den Vorwurf der Beliebigkeit an seine CDU-Kollegen:

"Ich habe ein Talent nicht geerbt: Ich kann mich nicht vor mein Publikum stellen und sagen, das und das sind meine politischen Überzeugungen, und wenn Sie damit nicht einverstanden sind, dann nehme ich eben andere!" Wolfgang Bosbach, CDU-Politiker

Mit derselben Begründung stemmte er sich gegen die Euro-Rettung der Kanzlerin. Legendär ist der Ausbruch des damaligen Kanzleramtsministers Pofalla auf dem Höhepunkt der Euro-Krise 2011: Er könne Bosbachs "Fresse nicht mehr sehen".

Bosbachs Apell: Geht ordentlich miteinander um!

Auch daran wird Bosbach gedacht haben, als er im Juni seine letzte Rede im Bundestag hielt. Als er zum Ende kam, stockte seine Stimme, er schien den Tränen nahe:

"Euch allen wünsche ich für die Zeit, die kommt, bei aller Härte der Auseinandersetzung: Geht immer ordentlich miteinander um!" Wolfgang Bosbach, CDU-Politiker

Die Stimme ist wieder klar und kräftig, wenn man ihn jetzt darauf anspricht, aber das Anliegen ist ihm geblieben: Durch die Härte der Auseinandersetzung würden die politischen Meinungsunterschiede deutlich. "Aber dabei sollte man immer mitteleuropäische Umgangsformen wahren!"

Wegen Jutta Ditfurth verließ Bosbach verärgert eine Talkshow

So spricht Wolfgang Bosbach an einem Sommertag 2017. Ein paar Stunden später, in der Talkshow "Maischberger", ärgert er sich so über die Umgangsformen der Ex-Grünen Jutta Ditfurth, dass er aufsteht und geht.

Wolfgang Bosbach wird Politik-Berater

Weg ist er gleichwohl nicht. Künftig berät er den neuen Ministerpräsidenten seines Heimatlandes NRW, Armin Laschet, in Sicherheitsfragen. Womöglich bleibt Wolfgang Bosbach sogar dem Fernsehen erhalten. Gesetzt den Fall, ein Senderchef riefe an und fragte? "Dann würde ich mich freuen, wenn auf dem Aktendeckel nicht Politik, sondern Sport stünde. Ich bin ja begeisterter Sport-Fan." Eigentlich komisch, dass noch keiner angerufen hat.