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Abrechnungsbetrug in der Pflege - jährlich entsteht den Sozialkassen dadurch ein hoher finanzieller Schaden.

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Abrechnungsbetrug in der Pflege - neues Gesetz wirkungslos?

Die gesetzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Pflegebetrugs verfehlen nach Informationen von BR Recherche und der "Welt“ ihre Wirkung. Experten fordern deswegen die Einrichtung einer Datenbank für auffällige Pflegedienste. Von Arne Meyer-Fünffinger

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Strengere Kontrollen der Abrechnungspraxis ambulanter Pflegedienste - diese Möglichkeit gibt es inzwischen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat sie eingeführt, nach Berichten von BR Recherche und der "Welt am Sonntag" über systematische Betrugs-Machenschaften russischstämmiger Pflegedienste im vergangenen Jahr. Nach Behördenerkenntnissen sind sie teilweise auch in bundesweit agierenden Netzwerken verbunden. Das Problem: an diesem Phänomen hat sich wenig geändert. Zwar zeigen aktuell vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen erhobene Zahlen, dass die Hinweise auf mutmaßliche Abrechnungsbetrügereien steigen. Bei über 700 Prüfungen des MDK in diesem Jahr in Niedersachsen etwa seien bei mehr als jeder Dritten Auffälligkeiten festgestellt worden. Nach Expertenmeinung gehen dabei aber eher die kleinen Fische ins Netz.

"Die Prüfungen durch die Krankenkassen sind nicht dafür ausgelegt, organisierte Kriminalität offenzulegen." Dina Michels, Chefermittlerin der Krankenkasse KKH

Der Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, hält es für unerträglich, dass nach wie vor einige kriminelle Pflegedienste eine ganze Branche in Misskredit bringen. Er fordert deswegen die Einrichtung einer bundesweiten Datenbank, auf die alle Krankenkassen und Ermittlungsbehörden zugreifen können.

"Wo schwarze Schafe gelistet werden, ähnlich wie in der Finanzindustrie. Wir brauchen personenbezogene Datenüberlassung im Zusammenhang mit der Zulassung neuer Pflegedienste. Diese Information sammeln wir heute nicht, dürfen wir nicht sammeln. Da brauchen wir gesetzgeberisch noch etwas Unterstützung. Und dann können wir das den Staatsanwaltschaften, den Ermittlungsbehörden übergeben. Dann geht es auch der organisierten Kriminalität an den Kragen. Im Moment ist das leider noch nicht so, wie wir uns das wünschen." Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender AOK-Bundesverband

Das Bundesgesundheitsministerium teilte dem BR und der Welt mit, die MDK-Abrechnungsprüfung könne Hinweise auf kriminelle Handlungen geben, die Arbeit der staatlichen Ermittlungsbehörden aber nicht ersetzen. Deswegen spricht sich das Ministerium weiterhin dafür aus, dass bei Polizei- und Ermittlungsbehörden Kompetenzen konzentriert werden. An dieser Forderung an die Innen- und Justizminister der Bundesländer habe sich bis heute nichts geändert, so das Gröhe-Ressort. Die Innenministerkonferenz hat entsprechenden Forderungen allerdings noch im Sommer eine Absage erteilt.