Überfüllte Bahnhöfe und Menschenmassen, die sich in Zügen drängen: Aufgrund des 9-Euro-Tickets sind solche Bilder im Moment keine Seltenheit. Menschen mit Behinderung stellt diese Situation vor Herausforderungen. Mehrfach hätten Rollstuhlfahrer im Einstiegsbereich der Züge bleiben müssen, da Radfahrer die Plätze im Mehrzweckabteil belegten, erklärte der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. Dadurch gelang es Reisenden mit Rollstühlen beispielsweise nicht, zur Toilette zu kommen.
Ein Sprecher der Interessenvertretung "Selbstbestimmt Leben in Deutschland", einer Organisation von Menschen mit Behinderungen, erzählt von mehreren betroffenen Menschen, die im Moment Angst haben, mit der Nahverkehr zu verreisen: "Solidarität ist bei den Mitreisenden nicht mehr zu erwarten."
9-Euro-Ticket verschärft Problem
Sabine Kohls vom VdK bestätigte, dass viele Mitglieder ihres Vereins aufgrund überfüllter Züge nicht wie geplant verreisen konnten. "Viele haben schon im Vorfeld aus Sorge ihre Reise abgesagt." Außerdem seien Bahnen in Stoßzeiten ohnehin schon überfüllt, was den Pendlerverkehr besonders schwierig gestalte. "Mit dem 9-Euro-Ticket hat sich die Problematik verschärft", betonte sie.
Daher fordern die Verbände einen barrierefreien Ausbau des Nahverkehrs. Dabei müsse vor allem Geld in Rampen, Aufzüge und zusätzliches Personal fließen. Außerdem würde eine höhere Taktung der Bahnen dafür sorgen, dass alle Fahrgäste pünktlich ankämen, sagte Kohls.
- Knapp die Hälfte aller bayerischen Bahnhöfe barrierefrei
Das 9-Euro-Ticket wird in den Monaten Juni, Juli und August angeboten und gilt deutschlandweit je einen Monat lang für Fahrten mit Bussen, Straßen- und Regionalbahnen in der 2. Klasse.
In Deutschland gibt es laut dem Sozialverband (VdK) etwa 7,9 Millionen Menschen mit schweren Behinderungen (Stand 2019). Als schwerbehindert gelten Personen, denen die Versorgungsämter einen Grad der Behinderung von mindestens 50 zuerkannt und einen gültigen Ausweis ausgehändigt haben.
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