Biontech arbeitet an angepasstem Impfstoff
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Der Hauptsitz des Pharmaunternehmens Biontech in Mainz

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Steuer-Spritze von Biontech: Rheinland-Pfalz erstmals Geberland

Der Corona-Impfstoff-Hersteller Biontech hat 2021 einen Nettogewinn von 10 Milliarden Euro erzielt. Das lässt einen Gewerbesteuer-Regen auf Rheinland-Pfalz heruntergehen. Das Land wird erstmals Geberland im Finanzausgleich.

Über dieses Thema berichtet: Die BR24 Reportage am .

Vor der Mainzer Adresse "An der Goldgrube 12" befindet sich derzeit eine riesige Baugrube. Goldgräberstimmung herrscht trotzdem. Denn hier ist der Hauptsitz von Biontech. Und mit den Riesengewinnen durch den Corona-Impfstoff sprudeln auch die Steuereinnahmen.

Die Firmenzentrale von Biontech befindet sich in Mainz, der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz. Mainz ist, wie so viele Städte in der Region, hoch verschuldet. Mehr als 10 Milliarden Euro Nettogewinn fuhr Biontech im vergangenen Geschäftsjahr ein. 3,7 Milliarden Euro waren es im ersten Quartal dieses Jahres.

Biontech baut in Mainz neue Labore

Mit diesem finanziellen Polster baut das Unternehmen jetzt zügig aus. Das kündigte Vorstandschef Sahin kürzlich in einer Video-Schalte an: "Produktionsstandorte. Laborforschungsstandorte …"

Bis zu 1,5 Milliarden Euro will das Unternehmen im laufenden Jahr für Forschung und Entwicklung investieren. Im Land Rheinland-Pfalz, der Stadt Mainz mit ihrer Universität Mainz sowie mit der Stadt Idar-Oberstein.

Durchbruch kam mit Corona-Impfstoff

Als Forschungs-Unternehmen für individualisierte Krebsmedizin hatte das Humanmediziner-Paar Ugur Sahin und Özlem Türeci Biontech 2008 gegründet. Die Entwicklung maßgeschneiderter Therapien für einzelne Tumor-Patienten brachte lange keinen finanziellen Ertrag. Das hat sich mit dem Impfstoff-Durchbruch und der einträglichen Kooperation mit dem US-Arzneimittel-Konzern Pfizer geändert.

Vom Nehmerland erstmals zum Geberland

Ein Plus von über zwei Milliarden Euro im Landesetat brachte der Kassensturz zum Jahreswechsel zutage. Und den Aufstieg vom Nehmer- zum Geberland im Finanzkraftausgleich, früher mal "Länderfinanzausgleich" genannt. Neben Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zahlt nun auch Rheinland-Pfalz Geld in den bundesweiten Fonds ein - erstmals. Mit knapp 300 Millionen Euro im vergangenen Jahr allerdings weniger als ein Zehntel dessen, was das Nachbarland Hessen mit dem Mega-Airport Frankfurt als finanzstarkem Steuerzahler abgeben muss.

Glanz und andere Wahrnehmung“ für Rheinland-Pfalz

Trotz des Steuergeheimnisses weiß jeder: Der Geldsegen stammt aus der "Goldgrube" – die Straßen-Anschrift ist zum Synonym von Biontech in Mainz geworden. Dementsprechend sichtbar glücklich verkündete SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer Ende Mai beim großen Straßenfest anlässlich 75 Jahre Rheinland-Pfalz:

"Es macht uns natürlich stolz, dass wir jetzt ein Leuchtturm der Wissenschaft und des medizinischen Fortschritts geworden sind. Denn es gibt unserem Bundesland einen anderen Glanz und eine andere Wahrnehmung. Und diese Chance wollen wir uns nicht entgehen lassen." Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz

Elektrobusse und Sanierung von Kitas

Bessere Radwege hatte schon Biontech-Chef Ugur Sahin angemahnt, als er Ehrenbürger von Mainz wurde. Die Vorstandsetage verzichtet auf einen Limousinen-Parkplatz vorm Hauptgebäude. Sahin hat keinen Führerschein und radelt selbst. Mainz liegt im rheinhessischen Hügelland. Vom 50-Millionen-Euro schweren Sofort-Paket aus dem Steuer-Segen hat das Umwelt- Dezernat einen Batzen abbekommen, doch an schnelles Bauen sicherer Radrouten durch die hügelige Metropole ist nicht zu denken.

Der Straßenraum ist eng und umstritten, das Planen kompliziert und langwierig. Wenigstens ab 2023 sollen von 365-Euro-Tickts für Schüler und Azubis wenigstens junge Leute profitieren. Elektrobusse sind bestellt, die Straßenbahn soll saniert und ausgebaut werden. Aber nicht alles ist mit Geld sofort zu haben. Das gilt in Mainz auch für die Sanierung von Kitas, Turnhallen, Brunnen und Spielplätzen. Auch weil die Stadt noch zögert, zusätzliches Planungspersonal einzustellen.

Das meiste Geld geht in die Tilgung von Schulden

Hoffentlich ist der Investitionsstau bereinigt, bevor der Geldsegen abebbt, witzeln manche Mainzer. "Der allergrößte Teil ist in die Schuldentilgung des Landes geflossen", sagt Ministerpräsidentin Malu Dreyer über die Verwendung der unverhofft hohen Gewerbesteuer-Einnahmen: "Aber wir haben ja auch Pakete geschaffen, zum Beispiel werden 500 Millionen Euro investiert, um die Altschulden der Kommunen zu bewältigen. Und der zweite Schritt ist: Wir haben ein großes Klimapaket für die Kommunen auf den Weg gegeben, in der Größenordnung von 250 Millionen Euro. Das heißt, wir wollen ein kommunales Paket für Klimaschutz und Innovation auf den Weg geben."

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