Das geht aus einem der Deutschen Presse-Agentur heute in Berlin vorliegenden achtseitigen Schreiben der Kanzlerin an die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Koalitionspartner SPD und CSU hervor. Merkel hatte die Koalitionspartner am Freitagabend in getrennten Telefonaten über ihre Verhandlungen informiert.
Die Bundeskanzlerin will Asylbewerber, die schon in anderen EU-Ländern registriert sind, in speziellen "Ankerzentren" unterbringen.
Die Unterbringung dorti betreffe jene Migranten, die nicht unter einen grenznahen Rücknahmemechanismus fallen, wie ihn Merkel am Rande des Brüsseler EU-Gipfels mit Griechenland und Spanien vereinbart hat. Betroffen sind auch Migranten, die versuchen, offizielle Grenzkontrollen zu umgehen und über die "grüne Grenze" nach Deutschland zu kommen.
Die Gruppe von Asylbewerbern, bei denen ein beschleunigtes Verfahren zur Anwendung kommt, soll um jene erweitert werden, die einen sogenannten Eurodac-Eintrag haben, die also schon in einem anderen Staat registriert worden sind. Beschleunigtes Verfahren heißt eine Woche Asylverfahren und beschleunigtes Rechtsmittelverfahren.
In den besonderen Aufnahmeeinrichtungen soll eine erweiterte und mit Sanktionen belegte Residenzpflicht gelten - die Betroffenen bekommen also Auflagen, die verhindern sollen, dass sie sich aus den Einrichtungen entfernen. Zudem soll eine Verteilung auf die Kommunen ausgeschlossen werden. Merkel will zudem die Schleierfahndung in Grenznähe intensivieren und so die Zahl derer deutlich erhöhen, die anderswo registriert sind.
Widerspruch zu CSU-Deutung der EU-Beschlüsse
Kanzlerin Angela Merkel widersprach jedoch der Deutung der CSU, die Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels deckten nationale Maßnahmen wie etwa Zurückweisungen an den Grenzen. Der Gipfel habe die Mitgliedstaaten aufgefordert, "interne" Rechtssetzungs- und Verwaltungsmaßnahmen gegen Sekundärmigration innerhalb der EU zu treffen, teilte ein Regierungssprecher am Samstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit.
Zu den Maßnahmen gehörten etwa eine bessere Überwachung des Ausreiseverkehrs und Residenzpflichten für Asylsuchende in den Außengrenzstaaten oder auch die Beschleunigung von Dublin-Überstellungsverfahren. "Unilaterale staatliche Maßnahmen zu Lasten anderer Staaten sind gerade nicht gemeint", erklärte der Sprecher. Sie seien weder "intern" noch entsprächen sie der weiteren Gipfel-Forderung, dass die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der Sekundärmigration "eng zusammenarbeiten" sollten, um den Schengen-Besitzstand - also die Reisefreiheit - nicht zu gefährden.
Die verschiedenen bilateralen Vereinbarungen, die Deutschland in Brüssel erreicht habe, dienten unmittelbar der Umsetzung dieser Forderung nach enger Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, hieß es weiter.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sieht nach den Gipfel-Beschlüssen nationale Maßnahmen als gedeckt an. Am Freitag hatte er erklärt: "Ich stelle fest, dass zur Vermeidung von Sekundärmigration das Ergreifen von nationalen Maßnahmen ausdrücklich im Ratspapier vorgesehen ist."