"Wenn es beim Parteitag zum offenen Streit kommt, entstehen Gräben, die nie wieder überwunden werden können" – das sagte einer aus der CSU-Landesgruppe Ende November, als bei der CSU noch der Machtkampf in vollem Gang war. So weit wollte es keiner kommen lassen bei den Christsozialen. Vor zwei Wochen kündigte Horst Seehofer deshalb an, das Amt des Ministerpräsidenten an Markus Söder abzugeben. Parteichef wolle er aber bleiben. Vor dem Parteitag gab sich Seehofer nun wortkarg:
"Ich weise auf unsere kollektive Intelligenz hin." Horst Seehofer
Wahlen gewinnen durch Geschlossenheit
Kollektive Intelligenz, das heißt bei der CSU: Sie wollen Wahlen gewinnen, und das geht nur geschlossen. Der, der die Landtagswahl gewinnen soll, ist Markus Söder. Er wird am Samstag zum Spitzenkandidaten ausgerufen.
"Es ist ja kein einfaches Jahr. Wir haben in Berlin eine ungeklärte Situation, wir haben Umfragewerte, die sehr herausfordernd sind. Wir haben eine neue Partei, die das Dogma von Franz Josef Strauß durchbricht, dass es rechts neben uns auf der demokratischen Seite keinen Mitbewerber gibt. Also einfach wird es nicht im nächsten Jahr. Umso wichtiger ist, dass man geschlossen ist, und das lässt sich am Parteitag gut zeigen." Markus Söder, designierter Ministerpräsident
Harmonie nach monatelangem Machtkampf
Harmonie und Geschlossenheit, diese Signale sollen vom Parteitag in Nürnberg ausgehen. Und das nach Monaten des Streits, der öffentlichen Rücktrittsaufrufe an Horst Seehofer, nach derben Worten unter Parteifreunden.
"Ich bin zuversichtlich, dass wir dann auch den Parteitag vor Weihnachten so haben ablaufen lassen, dass wir dann guten Mutes sagen können, das sind gute Voraussetzungen und ein guter Start für das Wahljahr 2018." Barbara Stamm, Landtagspräsidentin
Sie mahnt einen respektvollen Umgang mit der Bundeskanzlerin an. CDU-Chefin Angela Merkel ist bei der Schwesterpartei zu Gast.
Die Junge Union gibt sich zahm
Der Vorsitzende der Jungen Union Bayern, Hans Reichhart, hatte Merkel nach der Bundestagswahl Realitätsverweigerung vorgeworfen. Jetzt klingt Reichhart versöhnlich:
"Es will auch bei uns keiner einen Streit haben. Man will zusammen für die gemeinsamen Inhalte kämpfen. Wir werden deshalb die Frau Merkel selbstverständlich ganz ganz freundlich empfangen." Hans Reichhart, Chef der Jungen Union Bayern
Weniger freundlich könnte es bei der Wahl der Stellvertreter zugehen. Der Europapolitiker Manfred Weber fuhr bei der Wahl vor zwei Jahren das beste Ergebnis ein. Möglicherweise wird ihm das nicht mehr gelingen, einige in der Partei vermuten, er könnte abgestraft werden nach dem Machtkampf zwischen Seehofer und Söder, bei dem sich Weber klar gegen Söder positioniert hatte.
Sechs Bewerber für fünf Stellvertreterposten
Der einzige Posten, der frei wird in der Stellvertreterriege ist der von Barbara Stamm. Sie tritt nicht mehr an. Zwei Bewerberinnen gibt es dafür: die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml:
"Mir ist es persönlich wichtig, dass die Landtagsebene vertreten ist bei den Stellvertretern und ebenso das Soziale. Und da Barbara Stamm nicht mehr antreten möchte, interessiere ich mich entsprechend für diese Position." Melanie Huml, Gesundheitsministerin
Und die Staatssekretärin und Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär, die bereits stellvertretende Generalsekretärin war:
"Ich würde mich einfach freuen auch als Stellvertretende Parteivorsitzende in Bayern unterwegs zu sein. Und auch so Themen, die mir am Herzen liegen, wie die Digitalisierung, voran zu bringen." Dorothee Bär, CSU-Bundestagsabgeordnete
Es gibt Leute in der CSU, die Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt dazu bewegen wollen, nicht mehr anzutreten. Dafür sollten beide Frauen jeweils den Vizeposten bekommen. Das Hauptaugenmerk dürfte aber nicht auf den Stellvertretern liegen, sondern auf dem Spitzenduo Seehofer-Söder.
"Verantwortungsgemeinschaft" Seehofer-Söder
Markus Söder geht das Ganze professionell an. Von einer Freundschaft will er nicht sprechen.
"Diese Verantwortungsgemeinschaft ist viel ehrlicher und viel wichtiger und ergebnisorientierter als eine zur Schau getragene neue Freundschaft." Markus Söder
Übertriebene Verbrüderungsszenen der beiden Alphatiere sind also nicht zu erwarten.