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CSU-Klausur in Schwarzenfeld Der zahnlose bayerische Löwe

Geht man nach den Seismographen der Lebenswirklichkeit – Bierzelt und soziale Netzwerke – bekommt die CSU derzeit mehr Zustimmung als die CDU. Doch an Kanzlerin Merkel scheint dies alles abzuprallen, keine Spur von einem Kurswechsel. CSU-Chef Horst Seehofer verschärft die Rhetorik – die Frage ist jetzt: Wie weit ist er bereit zu gehen?

Von: Sebastian Kraft

Stand: 09.09.2016

Horst Seehofer steht vor einer Werbetafel mit der Aufschrift "Zukunft Bayern" | Bild: picture-alliance/dpa

Inhaltlich hat die CSU diese Woche nur Bekanntes aus der Schublade geholt. Alles, was Parteichef Seehofer, sein Generalsekretär Andreas Scheuer oder Tausendsassa Markus Söder gesagt haben, sind altbekannte CSU-Forderungen: Eine Obergrenze von 200.000 Asylbewerbern, Leitkultur, Burkaverbot, Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft. Die Reflexe in Berlin waren auch wie immer: An der Teflon-Kanzlerin prallt alles ab, Merkels Getreue nehmen sie gegen bayerische Verbalattacken in Schutz.

Woche des Umbruchs

Auch in den Arbeitspapieren, die wie gewohnt schon einen Tag vor Klausurbeginn von der CSU lanciert werden und dem BR vorliegen, steht abgesehen von der Forderung nach einem Einwanderungsbegrenzungsgesetz (also faktisch eine ins Gesetz gegossene Obergrenze) nichts Neues. Und doch war es eine Woche des Umbruchs: Die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern, Merkel übernimmt zum ersten Mal die Verantwortung für eine Wahlschlappe der CDU. Die CSU fühlt sich in ihrem Kurs bestätigt, nur: Was bringt ihr das? Nichts. Die Forderung von Markus Söder im BR-Interview klingt auch altbekannt:

"Ich glaube, es geht nicht um Rechthaberei oder um Eitelkeit. Es geht darum, dass man in der Sache etwas ändern muss. Wir haben nach wie vor erhebliche Sicherheitsdefizite, eine Sicherheitslücke im Land. Wir wissen nicht, wer da ist. Die Grenzen sind nach wie vor nicht effektiv und nur sporadisch kontrolliert."

Markus Söder

In der CSU haben viele erkannt, dass sie die Kanzlerin wohl nicht mehr ändern werden. Doch an einem Verzicht auf eine erneute Kandidatur oder gar an einem Rücktritt kann in München niemand ein Interesse haben. Wer führt dann Europa? Ein Nachfolger Merkels in der CDU ist auch nicht in Sicht - was wird dann aus Deutschland? Denn die rot-rot-grünen Gedankenspiele von Sigmar Gabriel würden im Fall von Merkels Abtritt ein Stück realistischer werden.

Bayern zuerst

Kritik auf offener Bühne: Seehofer und Merkel beim CSU-Parteitag in München im November 2015.

Das bundespolitische Schicksal der CSU hängt an der CDU. Merkel wird für die CSU somit wie zu einer Fußfessel. Für die CDU ist die AfD zwar ein Problem, aber (noch) kein existentielles. Die CSU dagegen ist – auch wenn sie das nicht gerne hört – eine bayerische Regionalpartei. Die absolute Mehrheit im Freistaat ist existentiell. Nicht umsonst heißt es von Seehofer immer: Bayern zuerst. Etabliert sich die AfD in Bayern als Partei rechts von der CSU, wäre die Sonderrolle der Christsozialen dahin. Seehofers Politik in Berlin beruht auf der Stärke Bayerns.

Kursschwenk erzwingen

Niemand würde derzeit in München offen die Kanzlerin in Frage stellen. Die Strategie lautet: In die CDU hineinwirken, um Merkel vielleicht doch noch zum Kursschwenk zu zwingen. Als Damoklesschwert fungieren Seehofers Überlegungen, als Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl anzutreten. Nicht wenige in seinem Umfeld hoffen zudem auf die normative Kraft des Faktischen: Sinken die Umfragewerte der Union immer weiter vor der nahenden Bundestagswahl, werden auch die Stimmen in der CDU gegen Merkel immer lauter werden – so das Kalkül.

Nicht zuletzt verweisen CSU-Spitzenpolitiker wie Fraktionschef Thomas Kreuzer auf die Gefahr einer politischen Entwicklung wie im Nachbarland:

"Wir müssen aufpassen, dass wir nicht Zustände wie in Österreich bekommen."

Thomas Kreuzer

Denn dort haben die etablierten Parteien bei Wahlen auch ständig verloren, es hat aber lange Zeit immer zu einer gemeinsamen großen Koalition gereicht. Wahlverlierer haben immer weiter regiert – und das habe, so Kreuzer, die rechtspopulistische FPÖ erst stark gemacht.

Im Moment liegt deren Kandidat in den Umfragen zur Bundespräsidentenwahl sogar vor dem Kandidaten, der von den etablierten Parteien unterstützt wird. Kreuzer befürchtet eine ähnliche Entwicklung in Deutschland, wenn wie in Mecklenburg-Vorpommern die Wahlverlierer weiterregieren.

Option Schwarz-Grün?

Die Fakten scheinen derzeit alle für die CSU zu sprechen – das Heft des Handelns hat aber weiterhin die Kanzlerin in der Hand. Ein strategischer Schachzug Merkels der letzten Tage dürften den Strategen in der Landesleitung Kopfzerbrechen bereiten: Ihr Treffen mit dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Nach Gabriels Absetzbewegungen vom „Wir-schaffen-das-Kurs“ würde die Option auf ein schwarz-grünes Bündnis die Bundestagswahl 2017 zu einer Abstimmung über Merkels Kurs in der Flüchtlingspolitik machen: Für Merkel ist das im Moment fast die letzte Option auch nach 2017 weiter zu regieren – für die CSU dagegen ein Dilemma: Verlieren Merkel und die Union, verliert auch die CSU. Kommt es zu Schwarz-Grün, wäre ein solches Bündnis und seine Signalwirkung ein Jahr vor der Landtagswahl in Bayern wie eine Horrorvorstellung.


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Ostermann Manfred, Samstag, 10.September 2016, 16:46 Uhr

37. Nahende Bundstagswahl 2017

Ich finde es ausgezeichnet, dass die CSU jetzt ihre Eigenständigkeit hervorstellt. Es ist auch richtig, mit einem eigenen Wahlprogramm in den bevorstehenden Wahlkampf zu gehen. Mann sollte sich seitens der Parteiführung darüber Gedanken darüber machen, in welchen Bundesländern man parallel zur Schwesterpartei CDU antritt mit klarer Abgrenzung in den Hauptbereichen der Politik, von der ein Großteil der Wähler und Nichtwähler enttäuscht wurden.
Ich davon überzeugt, dass man so weitere Wählerpotentiale abschöpfen kann, so letztendlich beide Parteien davon profitieren können und die CSU in der nächsten Regierung ihr Gewicht signifikant erhöhen kann. Wir Bayern können`s.
Also pakt es an!

mfg.

m.o.

Gerd Behrens, Samstag, 10.September 2016, 11:28 Uhr

36. Wie 1989?

Grü? Sie - meine Sympathie für d i e Bayern bleibt. Die für die CSU ist auf unter Null. Die Intrigen und der Kleinkrieg gegen die Kanzlerin zeugen von Verweigerung der Wirklichkeitswahnehmung und Schäbigkeit. Die AfD schaut nur auf die CSU. Warum? Die gibt die Richtung vor, bereitet das Feld für die AfD. Niemand sonst als Seehofer, Söder und Scheuer sind am Aufstieg der AfD und deren Wahlerfolg schuld.
Wenn ich mich in Thüringen mit. Bürgern aller politischen Richtungen unterhalte gibt es Zustimmung für die CSU nur in den Reihen von Pegida und AfD. Bei allen Übrigen können Sie hören: "Die CSU testet gerade wieder, ob es Obergrenzen der Dummheit gibt." und noch Schlimmeres. - Für mich ist der Vergleich mit den letzten Monaten der DDR treffend: Die SED wähnte sich auch Im Vollbesitz von Macht und Wahrheit und trotzdem war mit einemmal Schluss. Das Ideologiegebäude brach zusammen. Wiederholt sich das bei der CDS?

Wolfgan Prestel, Freitag, 09.September 2016, 19:49 Uhr

35. Unschlüssige CSU

Auch wenn CSU und Herr Seehofer es zum hundertstenmal sagen, dass sie die Politik von Frau Merkel für falsch halten nimmt man diese .'Bekenntnisse'nichtmehr ab, weil den Ankündigungen keine Taten folgten. So wird die CSU ähnlich wie beim Betreuungsgeld, der Maut, der Abschaffung der Wehrpflicht oder der Familienpolitik öffentlich blamiert und abgewatscht. Offensichtlich traut sich niemand entweder die CSU-Minister abzuziehen oder die Fraktionsgemeinschafr aufzukündigen oder den Schritt ins übrige Bundesgebiet zu wagen. Wer so die Hosen voll hat wird auch bei der Bayern Wahl 2018 seine Überraschung erleben!

Zwiesel, Freitag, 09.September 2016, 15:33 Uhr

34. Seehofers innenpolitische Lage

Seehofer hat seinen für Okt. geplanten Besuch bei Putin wegen der innenpolitischen Lage abgesagt. Da die innenpolitische Lage trotz aller Unkenrufe aus dem CSU-Sumpf noch immer gut ist, sein Wagen sich aber gewaltig verfahren hat, kann er nur die innenpolitische Lage für die CSU und für sich meinen. Er muss wohl endgültig eine für die CSU richtungweisende Entscheidung treffen, wozu er in den nächsten Wochen sehr viele Gespräche führen wird müssen. Ich meine, seine Überzeugung ist der Austritt aus der Regierung, die sich daraus ergebende Konsequenz der Ausdehnung auf alle BL oder der Kooperation in einigen BL mit der AfD. Rechts schwenkt marsch. Er muss die Fäden seiner Marionettentruppe festzurren, damit keiner reißt, er muss mit vorhandenen kritischen Anhängern reden, er muss mit ihm genehmen AfD-Vertretern sprechen. Die mögliche Ausladung Merkels zum CSU- und die Absage zum CDU-Parteitag deuten auch darauf hin. Da kann ihm eben auch Putin nicht helfen. Seine Macht hat er nicht.

PS_ED (ehm. CSU - Wähler), Freitag, 09.September 2016, 14:11 Uhr

33. Der Löwe häte Zähne, wenn er kontruktiv wäre!

1. Alle aus dem bayr. kabinett sollten zurücktretten, die fest davon überzeugt sind, dass "Wir es nicht schaffen!" - Denn Politiker die das glauben und auch noch aussprechen helfen nicht dem Land, sonderen behindern die menschen die es leisten wollen und den Schaden der evtl. entsteht mindern!

2. Die Aussagen von Herrn Seehofer sind m.E. Ablenkungsmanöver, weil sein Themen (Maut, betreuungsgeld, Erbschaftsteuer etc.) allesamt nicht durchsetzen kann! Hinzukommt, das Frau Merkel eh' nie besomnders beleibt bei der Bayr. Regierung ist!

3. Bis hätte der Löwe, wenn er stattt in den Länderfinanzausgleich einzuzaheln, er das geld genommen hätte und Wohnungen gekauft, Lehre und Polizisten eingestellt hätte! Darüberhinaus hätte er ein effizientes, moiles Einwohnermeldeamt schaffen können, das dals Grundlage für gesamt Europa passt!

Wenn nach 1 - 3 es dann immer noch Probleme gäbe, dann hätte er auch bis! Aber nichts tun nur kassieren und winseln, ist lächerlich!

  • Antwort von Ehemaliger Linksschreiber, Freitag, 09.September, 16:13 Uhr

    Ihr Wort in Gottes Ohr, aber so häte ich nicht das kabinett zurückgetretten, weil Merkel nicht so beleibt ist?
    Ich denke, da liegt der Fellerdeufel trin?

    Nix fia unguat, aber es ist anstrengend so zu lesen.

  • Antwort von Helene, Freitag, 09.September, 16:17 Uhr

    Lächerlich ist ihr Geschreibsel! Lernen sie erst mal ordentliche Rechtschreibung bevor sie über Sachen reden von denen sie ganz offensichtlich keine Ahnung haben.

  • Antwort von Zwiesel, Freitag, 09.September, 16:49 Uhr

    @Helene:
    Rechtschreiben können Sie besser als (oder wie?) PS_ED, Ahnung hat PS_ED mehr als (oder wie?), so unfreundlich und überheblich wie (oder als?) Sie ist er, oder sie auch nicht.
    Vielleicht gibt es auch einen Grund für die Rechtschreibprobleme. Mir ist einer mit Fehlern in seiner Artikulation allemal lieber als (oder wie?) Jemand, der inhaltlich nichts drauf hat.
    Sollten Sie hier Rechtschreib- oder Grammatikfehler finden, dann dürfen Sie diese behalten, ich schenk Sie Ihnen. Dafür erwarte ich keine Gegenleistung.
    Oh je, einen hab ich schon entdeckt. Echt peinlich.

  • Antwort von Zustiehmmer, Freitag, 09.September, 17:24 Uhr

    Zwiesel,

    wie so oft, ich stimme Ihnen zu.

    Ergänzend nur, ein bisschen Korrekturlesen wäre schon angebracht. Einige Fehler sind klar Tastatur- und Flüchtigkeitsfehler. Es kommt mir auch vor. Jedem.
    Selbst den Profis beim PR ;-)

    uuuhps, das war doch ein "B"...

  • Antwort von Zwiesel, Freitag, 09.September, 21:45 Uhr

    @Zustiehmmer: (gar nicht so leicht zu schreiben)
    Danke für Ihre köstliche Antwort. Ich habs schon noch mal gelesen, aber da wars schon weg. Ich mache auch immer wieder Fehler. Manchmal sinds die Tasten, manchmal die Eile, manchmal vielleicht auch ein wirklicher Fehler. Ich bin halt Bayer und da spricht und schreibt man eben auch mal anders. Ich bin auch nur auf bayerische Schulen gegangen, aber schön wars. Die Apostrophen hab ich weggelassen und, ich denke, das ist nicht falsch.
    Ganz herzliche Grüße

  • Antwort von Zustiehmmer, Samstag, 10.September, 10:20 Uhr

    So ist es, mein lieber Zwiesel.

    Jedenfalls finde ich ihr Engagement und ihre Kommentare absolut Spitze. Schon manches mal wollte ich zu irgendwas schreiben, dann lese ich ihre Kommentare und sage mir: ja, genau das hätte ich jetzt auch sagen wollen. Aus ihren Kommentaren spricht einiges an Lebenserfahrung, Intelligenz und Bildung. Sie haben Bodenhaftung in jeder Beziehung, sind auch kritisch und sehen immer wohl auch die Kehrseite der Medaillen.
    Nur wenige andere Kommentatoren empfinde ich als so herausragend lesenswert. Ihre lese ich, sofern die Zeit dafür zur Verfügung steht, immer.

    Ich freue mich auf viele weitere Kommentare von ihnen.
    Herzliche Grüsse auch von mir

    PS:
    Fehler gehören einfach dazu und wie sie es schon erwähnten, auf die Inhalte kommt es an. Das wäre auch schlimm, wenn Meinungen nur noch mit Germanistikstudium geäussert werden dürften.