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Bayerische Regionen zu Brexit Angst vor wirtschaftlichen Folgen

Seit am Freitagmorgen das Votum der Briten bekannt wurde, herrscht große Besorgnis in Bayern. Viele Regionen befürchten zum Teil gravierende wirtschaftliche Einbußen. Politiker aller Parteien blicken mit Sorge auf die kommenden Wochen und Monate. Nur einer freut sich.

Von: Roana Brogsitter

Stand: 25.06.2016

Regen in Großbritannien. | Bild: Reuters/Toby Melville

Bayerische Politiker reagieren unisono schockiert über die Entscheidung der Briten. CSU-Chef Horst Seehofer äußerte sich via Facebook:

"Das ist kein guter Tag für Europa. Ich bedauere die Entscheidung der britischen Bevölkerung für einen EU-Austritt. Jetzt müssen zügig und besonnen die Modalitäten über das künftige Verhältnis der EU zu Großbritannien geklärt werden. Großbritannien ist ein wichtiger Partner für Deutschland und für uns in Bayern.Die Europäische Union muss jetzt deutliche Signale setzen für eine Reform ihrer Politik."

Horst Seehofer

Angst vor wirtschaftlichen Folgen

Ähnlich reagierte die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) in einer Pressemitteilung. Sie fürchtet vor allem die wirtschaftlichen Folgen des Brexit:

"Die Entscheidung für den Brexit ist politisch bedauerlich und wird wirtschaftlich nicht ohne Folgen bleiben, vor allem für die Briten selber ... Wir müssen die bestehenden Handelsbeziehungen mit Großbritannien rasch auf eine vernünftige neue Grundlage stellen. Die bayerische Wirtschaft braucht Planungssicherheit."

Ilse Aigner

Markus Ferber: "Politische Stabilität ist tief erschüttert"

Der Vorsitzende der schwäbischen CSU und Europaabgeordnete Markus Ferber äußerte sich sehr besorgt im BR:

"Die politische Stabilität in Europa ist tief erschüttert. Deswegen müssen wir uns jetzt schon mal zusammensetzen und überlegen, wie wir da rauskommen. Wer heute schon eine Antwort weiß, der hat sicher nicht tief genug nachgedacht."

Markus Ferber

Der bayerische Grünen-Politiker und Fraktionschef im Bundestag, Anton Hofreiter, sieht die Gefahr, dass Großbritannien infolge des Brexit ökonomisch abstürzt.

"Das ist ein schwarzer Tag für alle Bürgerinnen und Bürger in Europa. Das ist insbesondere ein schwarzer Tag für alle Menschen in Großbritannien, denn sie werden nicht mehr an den Vorteilen der europäischen Union teilhaben können."

Anton Hofreiter

Europa müsse sich jetzt reformieren. Baustellen sind laut Hofreiter insbesondere der Binnenmarkt und das soziale Europa. Beide müssten jetzt gestärkt werden.

Auch Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, blickt jetzt in erster Linie in die Zukunft. Und da hat Europa seiner Meinung nach viel Arbeit vor sich:

"Es ist mit Sicherheit ein einschneidendes Ereignis für Europa. Wir müssen uns jetzt neu aufstellen und ein Weiter so ist fehl am Platze.. Europa muss selbstkritisch sich jetzt auf die Brust kopfen und muss sagen: Wie kann es sein, dass so viele Bürger sich von diesem europäischen Gedanken verabschieden? Wir müssen Europa neu definieren als Friedensgemeinschaft als Europa der Bürger und Regionen. Dann erobern wir auch wieder die Herzen."

Hubert Aiwanger

Maria Noichl: "Man verliert ein Stück Familie"

Auch die Rosenheimer EU-Abgeordnete Maria Noichl (SPD) zeigt sich heute tief erschüttert. Es "schmerzt", und es sei "ein Stück Familie, das man verliert". Zugleich betont Noichl, dass Großbritannien trotzdem Nachbar bleibe. Bezeichnend findet sie es, dass gerade ältere Menschen für den Austritt gestimmt hätten:

"Gerade die Jugend wollte in Europa bleiben und deshalb bedauere ich den Austritt ganz besonders."

Maria Noichl

Bayernpartei spürt Rückenwind

Einzig und allein die Bayernpartei scheint sich über das Votum der Briten zu freuen. Sie sieht durch den Brexit Rückenwind für ihre Forderung nach einem unabhängigen Bayern. "Wir sammeln schon Unterschriften für ein Volksbegehren für ein unabhängiges Bayern", sagte der Landesvorsitzende Florian Weber heute in München. Bisher seien 12.000 Unterschriften zusammen, um ein Volksbegehren zu initiieren seien über 20.000 Unterschriften nötig. "Wir können eine Volksabstimmung erreichen in Bayern, das wäre möglich", sagte Weber.

Vereinigung der bayerischen Wirtschaft

Durchgehend pessimistisch ist die Stimmung der bayerischen Wirtschaft. Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossart, bezeichnete den Brexit als "schlecht für Deutschland und schlecht für Bayern". Aktuell entstehe eine große Unsicherheit, wie der Export mit Großbritannien abgewickelt werden soll. Man brauche ein Übergangsszenario für die nächsten zwei Jahre, um Investitions- und Planungssicherheit für bayerische Unternehmen zu schaffen. Großbritannien sei schließlich der zweitwichtigste Exportpartner für Deutschland und Bayern.

IHK Regionalvertretungen tief besorgt

Sehr besorgt äußerten sich auch alle bayerischen Regionalvertretungen der IHK. Peter Sonnleitner, Bereichsleiter International von der IHK Niederbayern, fürchtet erhebliche Auswirkungen auf die bayerische und niederbayerische Wirtschaft. Rund 500 Unternehmen im Bereich der IHK Niederbayern haben laut Sonnleitner enge Kontakte nach Großbritannien. Neun Prozent der bayerischen Waren gingen ins Vereinigte Königreich, damit sei es der zweitwichtigste Absatzmarkt für bayerische Produkte. Betroffen sind laut Sonnleitner fast alle Branchen, von Maschinen- und Fahrzeugbau bis hin zu Lebensmitteln oder Bekleidung.

Hunderte Firmen in Franken betroffen

In Mainfranken sind 300 Unternehmen unmittelbar betroffen, zehn Prozent davon sogar mit Produktionsstätten oder Niederlassungen. In einer ersten Reaktion spricht die Industrie und Handelskammer Würzburg- Schweinfurt deswegen von einem "Schlag ins Kontor und einem schwarzen Tag für die Wirtschaft".

Durch den bereits eingetretenen Kursverlust beim britischen Pfund verteuern sich Einfuhren, die Folge könnten weniger Bestellungen von der Insel sein. Insofern könne der Brexit bei der mainfränkischen Wirtschaft zu Absatzeinbußen führen und das könne langfristig auch Arbeitsplätze kosten.

Ähnlich reagierte die schwäbische Industrie- und Handelskammer. Bereichsleiter Axel Sir teilte dem BR mit:

"Es wurde letztes Jahr 15.5 Milliarden Euro 'Made in Bavaria' von hier ins Vereinigte Königreich exportiert. Das ist auch insofern wichtig, weil dieser Markt ein hochdynamischer ist, vor allem wichtig für die Branchen Kfz und Zulieferindustrie hier in Schwaben, Maschinenbau, Umwelttechnologie und Lebensmittel, vor allem Milchprodukte. Denken wir nur mal an den Jogurt, der im Kühlregal steht, wenn der natürlich umgedacht auf die Briten, etliche Pennies teurer wird, dann ist auch da die Frage, kann ich den noch so absetzen als schwäbisches Unternehmen, wie es bis jetzt war."

Axel Sir

30 Prozent Einbußen in Ostbayern befürchtet

Auch ostbayerische Unternehmen rechnen mit rückläufigen Umsätzen bei Exporten nach Großbritannien. Die Ausfuhren deutscher Firmen in das Vereinigte Königreich könnten laut der Industrie und Handelskammer (IHK) Regensburg um rund 30 Prozent zurückgehen. Am stärksten vom Brexit betroffen seien Unternehmen mit hohem Exportvolumen ins Königreich – so wie das Elektrotechnik-Unternehmen Dehn und Söhne mit seiner Niederlassung in Neumarkt in der Oberpfalz.


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Hans Holtz, Sonntag, 26.Juni 2016, 14:20 Uhr

12. Nu mal keine Panik!

Es wird keinen Knall geben und sich die Erde auftun! Die Lage wird sich beruhigen und auch die Abspaltung nicht mit einem großen Rums passieren, sondern nach und nach. Außerdem gab es vorher schon regen Handel. Der wird sicher mit mehr Formular-Kram erschwert, aber ansonsten nicht. Genauso kann man GB besuchen. Also sind diese ganzen Klagemeldungen reine Panikmache. GB ist immer noch in Europa. Also, Gott segne die Queen...

Robert, Samstag, 25.Juni 2016, 21:14 Uhr

11. Glückwunsch!

Ich gratuliere den Briten zu diesem Schritt - Weg von der EU-Diktatur! Vielleicht gibt es dort auch bald wieder Glühlampen zu kaufen...
Wirtschaftliche Folgen erwarte ich kaum. England wird genau so viel importieren und exportieren wie vorher, warum nicht?
Ob das Pfund jetzt zwei Prozent weniger wert ist oder nicht wird das Kraut nicht fett machen.
Militärische Folgen...

Anno Nüm aus Blüm, Samstag, 25.Juni 2016, 17:22 Uhr

10. Angst vor wirtschaftlichen Folgen

Angst vor wirtschaftlichen Folgen
bei den willfährigen Sanktionen gegen Russland keine.

Das hat der deutschen Wirtschaft auch keine Nachteile gebracht, oder?

An apple a day keeps Putin away!
Bundeslandwirtschaftsminister DER CSU
Das hat aber gut geklappt.

Robert Wassmer, Samstag, 25.Juni 2016, 10:41 Uhr

9. Brexit - die einzige Möglichkeit, sich den ....

Schock - die Briten haben sich mit einer einfachen Mehrheit von der in Brüssel immer mehr zunehmenden EUROPA-REGIERUNG befreit.

Wäre die EU bei der ursprünglichen Zoll- und Währungsunion geblieben, hätte es sicherlich keinen Brexit gegeben.

Doch die EU wird immer mehr zum Pendant der förderalen Staatengemeinschaft der United States of America.

Der Traum vieler nordamerikanischer Politiker, über dem großen Teich ein neues, starkes Europa zu schaffen, von dessen Boden man geniale Angiffe gegen den Kommunismus ausführen kann, darf nach dem Willen der Brexit-Follower nicht zur Wirklichkeit werden.

Bravo. Denn das sogenannte einfache Volk unter den Engländern sollte uns allen zeigen, dass der europäische Binnenmarkt wichtig ist, aber das Amerika-Ramstein von der Landkarte verschwinden muss.

Denn nur so kommen wir zu einer friedlichen Koexistenz der eurasischen Staatengemeinschaft.

Der Brexit kann auch so verstanden werden: Ami go home.

Cosi, Freitag, 24.Juni 2016, 21:47 Uhr

8. unabsehbare Folgen

Die unabsehbare Folgen kann der normale EU Bürger gar nicht überschauen.Das System kann keiner der die komplizierte Materie nicht versteht überschauen, und deshalb hätte man nie über so ein kompliziertes Gefüge als Volksentscheid abstimmen dürfen. Wenn es eine Mehrheit gäbe dann mindestens die mit einer 2/3 Mehrheit. Der kleine Bürger stimmt ab und der kleine Bürger trägt die Kosten so einfach ist das. Weil wenn Firmen schließen müssen wer wird dann entlassen ? Genau der kleine Bürger. Wichtige Dinge die ein ganzes Volk angehen müssen auch einem ganzen Volk zuzumuten sein ,und nicht nur einer Hälfte von 51 %. Das wird noch großen Ärger nach sich ziehen.

  • Antwort von Suppenhuhn, Freitag, 24.Juni, 23:06 Uhr

    Lesen Sie regelmäßig den GEAB aus der französischen Denkschmiede. Dann sind Sie Ihrer Zeit Jahre voraus und ein waschechter Europäer.

  • Antwort von Manfred, Samstag, 25.Juni, 07:06 Uhr

    Cosi: Genau, aber wenn man das sagt, dann ist man ja Demokratie-Feind und gegen den "Volkswillen". - Verrückte Welt...

  • Antwort von Cosi, Samstag, 25.Juni, 07:20 Uhr

    @Suppenhuhn
    Ich bin zwar ein waschechter Europäer aber diese Zeitung lese ich nur sporadisch. Ich finde Europa überwiegen die Vorteile ,die Nachteile müsste man noch besser angehen und die Menschen mitnehmen. Z.B. Glühlampen ..das ist so eine Verordnung die absolut in Ordnung ist wenn man LED-Lichter nimmt. Nimmt man jedoch Energiesparlampen mit Quecksilber dann bin ich eher für die Glühlampe weil ungiftig; Oder Tomaten und Äpfel die nicht der Norm entsprechen, der Geschmack ist jedoch der Selbe.