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"Bildungsmonitor 2016" Schlechte Noten für Bayerns Ganztagsbetreuung

Bayern ist spitze bei der beruflichen Bildung, hat sehr gut ausgebildete Lehrer, hervorragende Universitäten. Aber bei der Ganztagsbetreuung hat Bayern enormen Nachholfbedarf. Das ist das Ergebnis des "Bildungsmonitor 2016", den das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln im Auftrag der arbeitgeberfinanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellt hat.

Von: Sebastian Kraft

Stand: 18.08.2016

Ein Bub sitzt mit seinem Schulranzen auf einer Tischtennisplatte auf einem Spielplatz | Bild: picture-alliance/dpa

Die Bronzemedaille - Platz 3 ist ja nicht schlecht. Doch wie beim Sport lohnt sich ein Blick auf das Wie, das Zustandekommen des Ergebnisses: Bayern ist in vielen Bereichen auf Platz 1, den anderen Bundesländern teils haushoch überlegen: Berufliche Bildung, bestens ausgebildete Lehrer, Top-Universitäten. Nur eine Wertung reißt Bayern runter und das übrigens schon seit Jahren: Die Betreuung von Kindern und Schülern.

"Es gibt hier großen Nachholbedarf in Bayern im Bereich der frühkindlichen Förderung und im Bereich der Ganztagesbetreuung. Hier ist vieles geschehen, aber hier sind wir eben noch lange nicht am Ziel, das weiß, glaube ich, auch die Politik in Bayern."

Hubertus Pellengar von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

Viel zu wenig Ganztagsbetreuung

Allerdings. Angekündigt wurde viel, nur passiert ist wenig, wie jetzt die Zahlen belegen: Nur 10 Prozent der Grundschüler haben einen Ganztagesplatz, in der Sekundarstufe 1 bis zur neunten und zehnten Klasse sind es nur 16 Prozent - das ist wie schon im letzten Jahr sogar der niedrigste Wert aller Bundesländer. Es sind die Fehler der Vergangenheit, die Bayern einholen, so Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.

"Erst mal überhaupt die Infrastruktur aufbauen - das geht nicht von heute auf morgen, das wird einige Jahre dauern. Aber zumindest bewegt sich etwas in Bayern - aber von außen gesagt: Da wäre noch etwas mehr Dynamik möglich."

Axel Plünnecke, Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.

Bayerisches Kultusministerium rechnet Ganztagsbetreuung anders

Viele Fragen an den für die Schulen zuständigen Kultusminister. Ludwig Spaenle weilt im Urlaub. Sein Pressesprecher Ludwig Unger greift zum Rechenschieber und kommt bei der Betreuungsquote von Grundschülern auf andere Ergebnisse als die Forscher. Nicht 10 Prozent sondern 50 Prozent, weil Kooperationen bestehen.

"Wir sind zum Beispiel auch dabei, dass wir Ganztagesangebote zum Teil mit Ganztagesheimen und mit Kinderhorten koppeln, um für die Ferienzeiten oder die Zeiten nach 16:30 Uhr auch ein Angebot zu setzen."

Ludwig Unger, Pressesprecher des bayerischen Kultusministers

SPD kritisiert Fehlsteuerung von Steuermitteln

Ins Fäustchen lacht sich die Bayern-SPD. Die Studie ist ein dankbarer Anlass, alte ideologischen Gräben mit der CSU wieder aufzureißen.

"Die Staatsregierung gibt bis 2021 mehr als eine Milliarde Euro für das Betreuungsgeld aus, das ist eine krasse Fehlsteuerung von Steuermitteln, solange es solche Lücken im Bildungssystem in Bayern gibt."

Markus Rinderspacher SPD-Fraktionschef

Bayern ist laut Bildungsmonitor sehr gut in Sachen Flüchtlingspolitik

Ein Lob gibt es von den Forschern dagegen in der Flüchtlingspolitik: Bayern verfüge im Vergleich zu anderen Bundesländern über eine besonders gut ausgebaute Förderinfrastruktur für die Integration von Flüchtlingen. Herausragend sei die gemeinsame Initiative von Staatsregierung, Wirtschaftsverbänden und der Bundesagentur für Arbeit, bis Ende 2019 insgesamt 60.000 Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

"Das ist vor allem wichtig für die Schnittstellen, dass die Ausbildungsvorbereitung passend ist für die Bedarfe der Wirtschaft. Denn die Wirtschaft ist ja am Ende der Abnehmer von Auszubildenden. Das alles Hand in Hand zu organisieren - das ist eine ganz große Stärke in Bayern."

Axel Plünnecke, Institut der deutschen Wirtschaft in Köln

Fazit: In vielen Bildungsbereichen ist Bayern sehr gut. Allerdings betont Ministerpräsident Horst Seehofer bekanntlich immer wieder den Anspruch, dass der Freistaat überall spitze sein sollte. Doch wegen der besseren Betreuung von Kindern und Schülern bleiben Sachsen und Thüringen auf den Plätzen eins und zwei.


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