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Ergebnisse für Bayern Die BR-Bayernstudie 2012

Wie gerne leben die Menschen in ihrer Region? Und wie ist ihr Verhältnis zu Bayern? Zum zweiten Mal hat der Bayerische Rundfunk in einer repräsentativen Befragung die Stimmungslage der Menschen im Freistaat ergründet.

Stand: 10.12.2012 | Archiv

Bayerischer Rundfunk | Bild: picture-alliance/dpa

Egal wo in Bayern die Menschen wohnen, sie sind sich einig: Bayern ist ein guter Platz zum Leben. Wie 2009 leben fast 100 Prozent zumindest "gerne" in Bayern. Dabei hat die uneingeschränkte Zustimmung  zu Bayern – also dass man "sehr gerne" hier lebt – in den letzten Jahren noch weiter zugenommen (von 74% auf 79%). Dies gilt auch für die Franken, bei denen die Begeisterung für Bayern traditionell nicht ganz so überschwänglich ausfällt.

Begeisterung für Bayern unverändert hoch

Warum fühlen sich die Bayern heute mehr als noch vor drei Jahren mit ihrer Heimat verbunden? Die Lebensqualität im Freistaat ist höher als in anderen Bundesländern – die Zustimmung zu diese Aussage ist in allen Landesteilen in den letzten drei Jahre am stärksten angestiegen (von 77% auf 85%). Zudem meinen jeweils drei Viertel der Befragten, dass Bayern und die eigene Region in Zeiten der Globalisierung immer wichtiger werden.

So sind auch vier von fünf Bayern stolz, "Bayer zu sein" (78 %) – ein im Vergleich zu 2009 unverändert hoher Wert, der nur noch durch den Stolz auf die eigene Region (85 %) getoppt wird. Bei den Unter-30-Jährigen ist diese Heimatliebe sogar noch etwas ausgeprägter. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass unter den jungen Bayern der Anteil derer besonders stark angestiegen ist, die sich "eher als Bayer als als Deutscher" fühlen (von 53% auf 61%). Im Durchschnitt teilen diese Auffassung 57 Prozent. Das ist nicht als Abschottung zu verstehen, sondern scheint eher Ausdruck eines speziellen Lebensgefühls in Bayern zu sein, zu dem viele unterschiedliche Facetten von "Heimat" beitragen.

Unverändert starke Bindung an die Region

Basis dieses Lebensgefühls ist zunächst das von nahezu allen geteilte Gefühl, dass man hier angekommen und gut aufgehoben ist: "Hier habe ich meinen Platz gefunden", bestätigen 89 Prozent der Bayern und nahezu jeder (96%) "fühlt sich hier wohl". Wie vor drei Jahren bestätigen 95 Prozent bzw. 98 Prozent der Befragten, dass sie "gerne in ihrer Region leben" und "sich hier zu Hause fühlen". Dies ist nicht nur in den Freunden und der Familie vor Ort begründet. Vielmehr fühlen sich die Menschen insgesamt eingebettet in die soziale Gemeinschaft: Der Eindruck, dass "ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl herrscht", hat sich in den letzten drei Jahren sogar noch etwas verstärkt; 82 Prozent stimmen dem zu. Und noch mehr (90 Prozent) mögen die Mentalität ihrer Mitmenschen.

Einig sind sich nahezu alle (94 %), dass die Landschaft wesentlich zu ihrer Verbundenheit mit der Region und Bayern beiträgt – seien es die Berge und Seen in Schwaben und Oberbayern, der Wald in Niederbayern und der Oberpfalz, die Mittelgebirge und Flüsse in Franken oder ganz allgemein der ländliche oder auch städtische Charakter der jeweiligen Gegend. "Praktische Aspekte" rücken demgegenüber etwas in den Hintergrund: Arbeitsplätze, Infrastruktur und Freizeitmöglichkeiten werden von jeweils rund drei Vierteln genannt, wenn man sie bittet, ihre Vorliebe für die Region zu begründen. Das war 2009 anders. Unter dem unmittelbaren Eindruck der Wirtschaftskrise wurde damals Arbeitsplätzen und auch Bildungseinrichtungen weitaus stärkeres Gewicht zugemessen.

Traditionsverbundenheit nimmt zu

"Tracht ist in" - so sieht es auch Dieter Hanitzsch.

Ausdruck der Verankerung in der Region ist auch, dass man sich Brauchtum und Geschichte verpflichtet fühlt. Gut drei Viertel der Bayern finden es wichtig, die lokalen Traditionen zu pflegen. Gerade unter den Jüngeren hat der Zuspruch deutlich zugenommen (von 63 %auf 72 %). Auch eine weitere Aussage bejahen die Unter-30-Jährigen deutlich öfter als die Bayern insgesamt: "Ich trage gerne Tracht", sagten 2009 knapp ein Viertel der Jüngeren, aktuell sind es 43 Prozent (gegenüber 32 % im bayerischen Durchschnitt). Zwar umfasst das auch diejenigen, deren modische Interpretationen allenfalls Trachtenanklänge erkennen lassen. Aber über die "falsche Tracht" finden gerade die Jüngeren Zugang zu den traditionelleren Gewändern.  Den Dialekt halten nach wie vor – und relativ generationenunabhängig – zwei Drittel der Bayern für wichtig.

BR-Bayernstudie 2012: Methode

Wie leben, denken und fühlen die Menschen in Bayern? Wie gerne leben sie in ihrer Region? Was ist das Besondere an ihrer Region? Und wie können die Programme des Bayerischen Rundfunks noch besser die bayerischen Regionen, ihre Menschen und ihre Bedürfnisse abbilden?

Dies sind die Fragen, die mit der "BR-Bayernstudie 2012" beantwortet werden sollen. Nach 2009 wurde nun die "BR-Bayernstudie" zum zweiten Mal durchgeführt, um die Stimmungslage in der Bevölkerung zu ergründen.

Dazu wurden in einer bayernweit angelegten Repräsentativumfrage insgesamt 3.501 deutschsprechende Erwachsene ab 14 Jahren telefonisch befragt. 79 Prozent der Befragten sind in Bayern geboren oder aufgewachsen. Bei 21 Prozent der Befragten handelt es sich um so genannten "Zugereiste": 16 Prozent aus anderen Bundesländern und fünf Prozent aus dem europäischen oder außereuropäischen Ausland.

Die bayernweite Repräsentativumfrage wurde ergänzt um leitfadengestützte "qualitative" Interviews mit Bürgern aus allen bayerischen Landesteilen und um die Einschätzungen der BR-Korrespondenten zur Situation in der Region.

Wandel von Landschafts- und Ortsbild wird zwiespältig gesehen

Dennoch nehmen die Einwohner ihre Umgebung nicht nur in rosig verklärtem Licht wahr. Fast zwei Drittel verweisen darauf, dass sich Landschafts- und Ortsbilder in den letzten Jahren verändert haben. Mehr als ein Viertel registriert sogar starke Eingriffe. Der fortschreitende Straßenbau, das Entstehen neuer Gewerbegebiete und das Verschwinden der Landwirtschaft werden teilweise mit Sorge gesehen. Umgekehrt wird gerade in kleineren Städten die Sanierung der Altstadtviertel positiv hervorgehoben, wobei zugleich auch eine gewisse Egalisierung durch die überall gleichen Kaufhausketten beklagt wird, die den alteingesessenen Einzelhandel in der Innenstadt verdrängen. 

Was die Freizeitmöglichkeiten und das kulturelle Angebot anbelangt, stellt über die Hälfte der Befragten Veränderungen fest. In Ober- und Mittelfranken sind es sogar rund 60 Prozent. Konkret bedeutet das: mehr Sportmöglichkeiten – durchaus auch im Hinblick auf den Tourismus, wie etwa Flutlichtloipen für den Langlauf, Sommerrodelbahnen oder ein Ausbau des Wanderwegenetzes. Aber auch die Zahl kultureller Veranstaltungen hat nach Einschätzung vieler Bayern zugenommen, so dass mancherorts gar schon "Event-Hopping" moniert wird. 

"Dahoam is dahoam"

"Heimatverbunden" und "bodenständig" sind die Attribute, die überall am meisten Zustimmung erfahren, wenn man die Bayern bittet, die Bewohner ihrer Region zu charakterisieren. Ihre "Typisierung" fällt heute noch weitaus entschiedener aus als noch vor drei Jahren. Dass diese Einschätzung durchaus realitätsnah ist, lässt sich auch mit Fakten belegen: Diejenigen, die in Bayern geboren oder aufgewachsen sind, bleiben nicht nur überwiegend im Freistaat, sie zeichnen sich zudem durch große Ortstreue aus. Sie leben im Durchschnitt bereits 32,6 Jahre an ihrem derzeitigen Wohnort (in Ober- und Unterfranken sogar 35 Jahre und mehr). Da ist es kaum verwunderlich, dass (bei leicht ansteigender Tendenz) über drei Viertel im Brustton der Überzeugung sagen: "Hier ist meine Heimat."

Insgesamt gilt: Es ist ein vielfältiges Bündel an Elementen, das die bayerische Identität und das Lebensgefühl ausmacht. Das muss nicht heißen, dass es eine kollektiv einheitliche Identität gibt. Zwar eint die Bayern, dass sie sich hier wohlfühlen, aber die Gründe dafür sind individuell ganz unterschiedlich: Für den einen ist es der Trachtenverein und die dörfliche Gemeinschaft, der andere lebt gern hier, weil er die Spannbreite der kulturellen Angebote schätzt und der dritte begeistert sich fürs Skilaufen oder Mountainbiken. Nur die Begeisterung für die Landschaft stellt einen gemeinsamen Nenner unter allen Bayern – egal ob gebürtig oder "zuagroast" – dar.

Gebürtige und zugereiste Bayern

"Gastfreunde" - in einer Karikatur von Dieter Hanitzsch

Rund 20 Prozent der Einwohner sind nicht in Bayern geboren oder aufgewachsen; davon stammen 15 Prozent aus anderen Teilen Deutschlands und fünf Prozent aus dem (überwiegend europäischen) Ausland.

Naturgemäß ist die Bindung dieser "Zuwanderer" an Bayern und die Region nicht ganz so intensiv. Dabei gibt es jedoch deutliche Unterschiede zwischen in- und ausländischen Zuzüglern. Die ausländischen Neubürger fühlen sich hier deutlich öfter (78 Prozent) absolut zu Hause als die gebürtigen Deutschen (57 Prozent). Diese Kluft zwischen in- und ausländischen Zuwanderern tut sich auch in anderen Bereichen auf. Bei der Frage "Wie gerne leben Sie in Bayern?" antworten die ausländischen Zuwanderer ähnlich enthusiastisch wie die gebürtigen Bayern (81 Prozent sagen "sehr gerne"), bei den Immigranten aus Restdeutschland gibt es nur von gut der Hälfte (54 Prozent) diese uneingeschränkte Zustimmung.

Dass sich die ausländischen Zuzügler offenbar besser akklimatisiert haben, zeigt sich auch noch an einer Reihe weiterer Indikatoren, bei denen ihre Aussagen nahezu deckungsgleich mit denen der gebürtigen Bayern sind: Sie sind ähnlich stolz auf die Region, sie mögen die Mentalität der Menschen in ihrer neuen Heimat, sie finden es genauso wichtig, die Traditionen der Region zu pflegen, und sie tragen genauso gerne Tracht.

Weitere Ergebnisse

Nicht alle Ergebnisse der BR-Bayernstudie 2012 konnten hier dargestellt werden. Weitere Daten und Fakten können Sie hier herunterladen:


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Calypso1107, Dienstag, 29.Januar 2013, 14:49 Uhr

5. Schlusslicht Mittel- und Oberfranken

Die angegebenen 98% sind der Durchschnittswert für ganz Bayern, laut dieser Befragung leben in der Oberpfalz und natürlich in Ober- und Niederbayern 99% der Befragten gerne. Schlusslicht ist dagegen MIttelfranken, auf gleicher Position mit Oberfranken mit lediglich 96% - woran das wohl liegt???

Im Übrigen habe ich doch Zweifel, ob die befragten 3.501 Personen über 14 Jahren bei Insgesamt über 12,6 Millionen Einwohnern in Bayern wirklich als repräsentativ gelten können!

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Oberpfälzer, Mittwoch, 12.Dezember 2012, 21:02 Uhr

4. Bayern oder München?

ich lebe sehr gern in Bayern, auch wenn es nicht das Bayern ist, das der Nicht-Bayer oder Münchner kennt.
Wenn der BR fragt, wie einem Bayern gefällt, meint er doch in allererster Linie "Wie bewerten Sie die Lebensqualität in München?", "Waren Sie dieses Jahr auf dem Oktoberfest?" oder "Stören Sie die ständigen Ausfälle auf der Stammstrecke?".
Ich darf Ihnen versichern: Obwohl das meiste Geld in sinnfreien Projekten mit hoher Strahlkraft in München versickert, obwohl jeder Münchner die Oberpfalz für einen Mythos hält, obwohl sich die Leute aus der Landeshauptstadt oft sehr arrogant und hochnäsig gegenüber den richtigen Bayern verhalten: Ja, ich lebe gern in Bayern. Ohne Wasserkopf München wär's noch schöner!

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Frankenwäldler, Dienstag, 11.Dezember 2012, 08:57 Uhr

3. Die Sicht der Dinge

"Bayerisch" - das ist immernoch die Oberbayern-Sicht, s. Mehrzahl der Karikaturen mit Alpenpanorama und Zwischentiteln ("dahoam is danhoam"). Alles andere ist Peripherie, grad auch was den BR betrifft.

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christl roth, Montag, 10.Dezember 2012, 12:36 Uhr

2. heimat bayern

Ich bin geboren in Bayern (Haag Obb.) und liebe meine Heimat. Viele Jahre habe ich im Ausland (Portugal, USA, Italien) gelebt. aber in Deutschland immer in Bayern. Und erst wenn man lange von daheim weg ist, merkt man wie schön unser Bayern ist.
Der einzige Nachteil ist das Wetter und dafür kann keiner was.
Momentan lebe ich auf der Insel Sardinien und merke immer mehr , dass das Wetter nicht alles ist. Die Insel ist wunderschön aber die Menschen hier tun ihr Möglichstes sie zu ruinieren. Überall Abfall und Schmutz, das sieht man erst, wenn man länger hier lebt
und die rosarote Wolke sich auflöst und die Realität wieder Gestalt annimmt.
Die Straßen sind meistens eine Katastrophe und der Verkehr chaotisch. Die Häuser
schlecht gebaut , weil hier ja meistens warmes Wetter ist. Aber momentan ist es saukalt und wir frieren ganz schön.
Aber es ist gut dass mal zu erleben, dann schätzt man die Heimat wieder.
Gruß an daheim.
Ich freue mich auf unser Haus in Wasserburg i, wenn wir in 4 Jahren wieder heimziehen.

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hajo, ein bekennender Franken, Montag, 10.Dezember 2012, 12:13 Uhr

1. wie gerne leben Sie in Bayern?

schade, dass ich nicht gefragt wurde.
Mir nämlich geht das "bayrische Getue " á la "miar san miar" oder "dahoam is dahoam" so auf den Wecker, wie ich gar nicht beschreiben kann. Man darf doch Eines absolut nicht außer Acht lassen: wir Franken sind KEINE Baiern!
Denn nur durch Napoleons Gnaden konnte der bairische Herzog zur Königswürde kommen, indem ihm große Teile des fränkischen Reichskreises zu geschanzt worden sind. Ich fühle mich mit Böhmen stärker verbunden als mit Altbaiern. Was hier im B(esatzungs)R(undfunk) durch die schleichende Bajuvarisierung an uns Franken verbrochjen wird (ja, verbrochen!) geht auf keine Kuhhaut mehr. Sollen sich Scharnagel und Co doch nach Österreich verziehen und uns unsere Ruhen lassen!

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