Zugunglück Schäftlarn
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Beim Zusammenstoß zweier S-Bahnen südlich von München kam am 14. Februar ein Fahrgast ums Leben, viele wurden verletzt.

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Zugunglück von Schäftlarn: Lokführer machte Reihe fataler Fehler

Vier Monate ist das S-Bahn-Unglück von Schäftlarn her. Ein junger Mann starb, viele Personen wurden verletzt. Ein Untersuchungsbericht belastet nun den Lokführer schwer, der damals Richtung München gefahren war.

Schäftlarn im Landkreis München - hier kommt es am 14. Februar diesen Jahres zu einem schweren S-Bahn-Unglück: Ein Mensch stirbt, zahlreiche weitere werden verletzt. Gegen den Lokführer ermittelte die Staatsanwaltschaft bereits wegen fahrlässiger Tötung.

Laut dem jetzt veröffentlichten Bericht der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) hat er jedoch gleich mehrere fatale Fehler begangen. Er überfuhr ein Haltesignal und überbrückte zwei Mal die automatische Zwangsbremsung manuell. Dabei hat er außerdem nicht, wie vorgeschrieben, Kontakt zum Fahrdienstleiter aufgenommen. Als erstes hatte Spiegel Online darüber berichtet.

Die Sicherungstechnik funktionierte einwandfrei

Die technischen Sicherheitssysteme funktionierten laut dem Bericht einwandfrei. Auch der Fahrer der stadtauswärts fahrenden S-Bahn reagierte korrekt. Sein Zug stand bereits, weil der Mann auf ein Nothaltesignal reagiert hatte. Auch die Zwangsbremsung wurde in diesem Zug ausgelöst, kam aber nicht mehr zum Tragen, weil er ohnehin bereits gebremst hatte.

Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt gegen den einen Lokführer wegen fahrlässiger Tötung. Vor einigen Tagen hatte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft gesagt, zur Erhebung der Anklage fehle noch der Bericht eines Gutachters.

Erste Bremsung wegen zu hoher Geschwindigkeit

Am Unfalltag, dem 14. Februar 2022, hatte bei diesem Lokführer laut dem BEU-Zwischenbericht die Zwangsbremsung schon einmal ausgelöst, bevor er in den Bahnhof Ebenhausen-Schäftlarn eingefahren war. Grund war überhöhte Geschwindigkeit. Der Zug kam zum Stehen, der Lokführer habe die Zwangsbremsung jedoch überbrückt, ohne die eigentlich vorgeschriebene Rücksprache mit dem Fahrdienstleiter und fuhr weiter.

Zweite Bremsung nach ignoriertem Haltesignal

Bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof kurz darauf ignorierte der Lokführer laut dem Bericht das Haltesignal. Auch hier setzte die Zwangsbremse ein. Die S-Bahn kam zum Stehen. Der Lokführer habe abermals die Sicherheitsschaltung überbrückt und fuhr weiter, erneut ohne Rücksprache mit dem Fahrdienstleiter. Kurz darauf fuhr er mit seinem Zug auf die bereits stehende, entgegenkommende S-Bahn auf. Die Geschwindigkeit beim Zusammenprall betrug laut dem Unfall-Zwischenbericht etwa 57 km/h.

Trotz Technik kommt es auf die Lokführer an

Die BEU-Gutachter resümieren: Dass die technische Sicherung, die sogenannte Punktförmige Zugbeeinflussung (PZB), einwandfrei funktioniert, reiche nicht aus. Die Sicherheitswirkung hänge auch in "hohen Maße vom betrieblichen Verhalten des bedienenden Triebfahrzeugführers" ab. Hier sehen die Gutachter offenbar generell Defizite. Sie formulieren in ihrem Bericht: "Die gesammelten Erkenntnisse der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung legen den Schluss nahe, dass sich nicht alle Triebfahrzeugführer ihrer Aufgabe ausreichend bewusst sind und unternehmensseitige Optimierungspotenziale auch bei der Überprüfung der ordnungsgemäßen Arbeitsausführung bestehen."

Erzwungene Denkpause nach Zwangsbremsung einbauen

Die BEU fordert von der Deutschen Bahn, Prozesse zu entwickeln, mit denen kontrolliert werden kann, ob sich Lokführer nach Zwangsbremsungen auch an die Betriebsvorschriften halten. Das Bewusstsein der Mitarbeitenden für das Problem soll gefördert werden. Und die BEU hat auch eine konkrete technische Empfehlung: Es sollte eine Verzögerung eingebaut werden, bevor ein Lokführer die Sicherheitsschaltung umgehen kann, um ihn so zu einer angemessenen Denkpause zu zwingen.

Zur der Zahl der Verletzten gibt es jetzt unterschiedliche Angaben. Die Rede war bisher stets von einem Toten und 18 verletzten Personen, davon sechs schwer. Im Zwischenbericht der EBU heißt es jetzt, es wurden eine Person tödlich, zehn schwer und 47 Personen leicht verletzt.

Bei dem Unfall starb ein Mensch, mehrere weitere wurden verletzt
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Die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung hat einen Zwischenbericht zur Unfallursache veröffentlicht.

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