Am Dienstagmorgen ist am Bahnhof Peiting-Ost im Landkreis Weilheim-Schongau ein Zug mit gut 50 Fahrgästen entgleist, unter ihnen viele Schüler. Die Ermittlungen zur Ursache laufen. Nach einer ersten Einschätzung geht der Unfall wahrscheinlich auf die Störung einer Weiche zurück. Das sagte eine Sprecherin der Bayerischen Regiobahn (BRB).
Peiting: Zugunfall wohl wegen Weichenstörung
Die Klärung der Ursache laufe noch, betonte eine Sprecherin. "Nach bisherigen ersten Erkenntnissen lag eine Störung der Weiche vor, die dem Triebfahrzeugführer auch mittels Signal angezeigt wurde." Wegen der schlechten Sichtverhältnisse bei Schneeregen und Dämmerung habe er das aber zu spät erkannt und sei in die Weiche gefahren. Daraufhin sei der Zug an der Weiche aus dem Gleis gesprungen.
Die Inspektion des Unfallortes habe gezeigt, dass die Weiche nicht ganz umgestellt war. "Das heißt, es muss eine Störung gegeben haben", sagte die Sprecherin.
Immer wieder sind marode Gleise und Weichen Ursache für Zugunglücke. In diesem Fall kann das wohl ausgeschlossen werden. Die Deutsche Bahn (DB) habe die Gleisinfrastruktur im Bereich Peiting Ost im vergangenen Jahr erst erneuert, darunter auch Gleise und Weichen, so eine Sprecherin der DB.
Rund 50 Fahrgäste, keine Verletzten
Der Zug sei noch am Dienstag von der Unfallstelle abtransportiert worden. Er werde in den kommenden Tagen in das Bahnbetriebswerk der Bayerischen Regiobahn nach Augsburg gebracht.
Das Unglück ist glimpflich ausgegangen. Niemand wurde ernsthaft verletzt. Die rund 50 Fahrgäste, darunter viele Schüler, konnten den Zug selbst verlassen.
Strecke wohl mindestens vier Wochen gesperrt
DB Netz und die Bayerische Regiobahn gehen nach ersten Erkenntnissen wegen der verworfenen Gleise und der zerstörten Weiche von einer Streckensperrung von voraussichtlich mindestens vier Wochen aus. Ein Ersatzverkehr mit Bussen von Peißenberg nach Schongau ist eingerichtet.
Der Unfall passierte kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof in Peiting-Ost. Vermutlich wegen der geringen Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern ist der Zug nicht umgekippt.
Häufung von Bahnunfällen in Oberbayern
Im vergangenen Jahr war es in Oberbayern zu mehreren Bahnunfällen gekommen - aus unterschiedlichen Gründen.
Im Juni 2022, direkt vor den Pfingstferien, waren bei dem Bahnunglück von Garmisch-Partenkirchen alle fünf Wagen entgleist, umgestürzt und eine Böschung runtergerutscht. Fünf Menschen starben, darunter ein 13-jähriger Schüler. Ursache war wohl ein technischer Defekt beim Bahnkörper und den Drehgestellen. Im Februar 2022 kollidierten zwei Züge bei Schäftlarn - ein junger Mann kam dabei ums Leben. Wahrscheinlich hatte hier ein Lokführer ein Haltesignal missachtet.
Experte: Bahninfrastruktur wurde kaputtgespart
Nach Ansicht von Bahnexperte Prof. Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin hat Deutschland zunehmend ein Problem mit der Qualität der Infrastruktur. "Jahrelang hat sich die Politik das angeschaut und nicht interveniert und sich darauf verlassen, dass die Bahn das schon macht", so Böttger im B2-radiowelt-Interview. Das Hauptproblem sei, dass Infrastrukturmittel gekürzt wurden. "Es gab mal 4 Milliarden Euro pro Jahr für den Ausbau des Schienennetzes. Das wurde vor 20 Jahren auf 1,5 Milliarden pro Jahr gekürzt." "Für die Bahn brauchen wir genauso viel Geld wie für die Bundeswehr – also 100 Milliarden", fordert Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn.
Verantwortung liegt bei Politik und Bahnkonzern
Laut Regelwerk finanziert der Bund die Infrastruktur – dafür ist er gemäß Grundgesetz verantwortlich, und die Deutsche Bahn (DB) führt den Aus- und Umbau durch. Die DB habe aber nie Alarm geschlagen, sondern immer gesagt, es sei alles in Ordnung, erklärt Bahnexperte Böttger. "Der Konzern hat sich auf die Leuchtturm- und Spaßprojekte konzentriert, wie Stuttgart 21. Und die Politik hat nicht genau hingeschaut. Insofern trifft beide die Schuld."
Prognose: Erneuerung braucht viel Zeit
Prof. Christian Böttger wagt eine Prognose: "Wir werden in den kommenden drei, vier Jahren keine sensationellen Verbesserungen sehen. Bis man die Fehler der letzten 20 Jahre beseitigt hat, braucht man, wenn man viel Energie aufwendet, bestimmt 10 Jahre – eher länger."
Mit Material von dpa.
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