Wie steht's um die Mobilitätswende auf dem Land? "On-Demand" ist das neue Zauberwort. Land auf, Land ab entstehen neue Rufbus-Angebote. Doch die erfolgreichen Pioniere in Murnau steigen aus.
Zu ineffizient, nicht ökologisch und zu teuer – das waren die Schlagworte der Kritiker in der öffentlichen Gemeinderatssitzung. Die Entscheidung sorgt für heftige Diskussionen im 12.000-Einwohner-Ort.
Bürger wollen Rufbus "Omobi" behalten
Die Bürger hatten per Unterschriftsammlung bewirkt, dass ein Ende des Vertrags mit "Omobi" noch einmal gründlich überdacht wird. Denn die Flexibilität werde geschätzt, hieß es im Antrag. Gerade älteren Bürgern und Einwohnern im Randbereich schenke der Rufbus eine noch nie dagewesene Mobilität. Die Nutzerzahlen seien kontinuierlich gestiegen.
Neben dem Seniorenbeirat macht sich auch der Verein für Wirtschaftsförderung für den Ortsbus stark. Die Gemeinderäte hörten sich zwar die Einwände der Bürger an, blieben aber dennoch bei ihrer Entscheidung vom Januar, den Vertrag zu beenden.
"Neues Lebensgefühl": Rufbus befördert 120 Menschen pro Tag
Eigentlich ist Omobi ein Erfolgsmodell: Erst fuhr nur ein Bus, dann folgte ein zweiter. Nachbarorte wie Riegsee und Seehausen wurden integriert, die Nutzerzahlen stiegen. Rund 120 Personen werden derzeit pro Tag befördert. Algorithmen berechnen die optimale Route und bündeln Fahrten, Fahrgäste schätzen die Flexibilität, ein Klick in der App oder ein Anruf, und der Minibus kommt zu einer der Haltestellen, die über den ganzen Ortsbereich verteilt sind. Vor fast jeder Haustür hält der Bus. Eine Fahrt kostet pro Person 2,50 Euro. Vor allem Kinder und Jugendliche sowie Senioren nützen das Angebot. Rainer Paschen, Vorstand vom Seniorenbeirat in Murnau, spricht von einem neuen Lebensgefühl für die älteren Bürger im Ort.
Kritik an preisgekröntem Vorzeigeprojekt
Schon seit Längerem bekommt das Vorzeigeprojekt jedoch Gegenwind. Zu teuer, zu ineffektiv lauten die Vorwürfe der Kritiker. Die Kapazitätsgrenzen seien erreicht, und die Kosten-Nutzenrechnung würde nicht mehr stimmen, heißt es unisono quer durch die Fraktionen.
Josef Bierling von der CSU spricht von Steuergeldverschwendung und zielt dabei auf die Fördergelder, mit denen der Ortsbus zur Hälfte subventioniert wird. Ohne alle Förderungen und den Anteil der Gemeinde würde eine Fahrt bei zirka 19 Euro liegen, rechnet er vor.
Welf Probst von den Freien Wählern sieht in Omobi einen Taxi-Ersatz, und dieser Luxus sei auf Dauer nicht tragbar. Auch die Grünen schließen sich der Kritik an.
Für sie alle ist das Projekt gescheitert. Nach drei Jahren wollen sie die Notbremse ziehen und was Neues ausprobieren.
Linienbus statt Ortsbus als Zukunftsvision?
Die Mehrheit der Gemeinderäte sieht in einem Ringbussystem die Lösung. Letztlich wurde die Verwaltung von fünf der sechs Fraktionen beauftragt, ein Linienbussystem im Ort zu erarbeiten.
In einer "Acht" sollen zwei Busse durch den Ortskern im Stundentakt fahren und wichtige Haltepunkte wie den Bahnhof oder die BG Unfallklinik anfahren. Die Befürworter dieser Linienbus-Lösung versprechen sich durch das System eine bessere Planbarkeit; sie hoffen, dass mehr Bürger auf den Bus umsteigen.
Bürgermeister Rolf Beuting sieht im Linienbus-System einen Rückschritt. Linienbusse würden doppelt so teuer sein, auch ineffizienter und unflexibler als der jetzige Rufbus. Der Seniorenbeirat und der Verein für Wirtschaftsförderung wollen jetzt beraten, ob ein Bürgerbegehren zum Erhalt von "Omobi" gestartet wird.
Mit großer Mehrheit beauftragt der Murnauer Gemeinderat die Verwaltung, eine Buslinie im Ort zu prüfen - der Rufbus ist für sie gescheitert.
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