Demnach wandte sich Josefa Schmid, die damalige Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), bereits Anfang März an Horst Seehofer, der zu dieser Zeit noch Ministerpräsident in Bayern war. In mehreren E-Mails soll sie über die Bremer Vorgänge um manipulierte Asylverfahren berichtet haben. Die Staatskanzlei habe den Eingang von Schmids Eingaben zwar bestätigt. Eine Antwort habe sie aber nicht bekommen.
Schwere Vorwürfe gegen BAMF-Zentrale
Daraufhin habe Schmid weitere CSU-Politiker kontaktiert, darunter den Innenpolitiker und jetzigen Innenstaatssekretär Stephan Mayer. Der habe Schmid um einen schriftlichen Bericht gebeten, den er Seehofer vorlegen wolle. Dieses Dokument war vor einer Woche an die Öffentlichkeit gelangt. Darin hatte Schmid auch schwere Vorwürfe gegen die Nürnberger BAMF-Zentrale erhoben.
Innenministerium: Seehofer wusste erst Mitte April vom BAMF-Skandal
In Gegensatz zu den neuen Rechercheergebnissen hatte das Bundesinnenministerium in Berlin – Seehofers jetziger Amtssitz – bislang angegeben, nicht bereits Anfang März, sondern erst am 19. April über die Bremer Vorfälle informiert worden zu sein. Inzwischen hat das Ministerium bestätigt, von Schmid schon deutlich früher eine Terminanfrage erhalten zu haben – am 14. März, dem Tag von Seehofers Amtseinführung als Bundesinnenminister.
Mindestens fünf Wochen lang wurde Seehofer nach offiziellen Angaben von engsten Mitarbeitern nicht über den Bremer Asyl-Skandal informiert. Seehofer habe aber am 19. April "aufgrund der polizeilichen Untersuchungen" von den Vorgängen in Bremen erfahren, erklärte ein Sprecher des Ministeriums am Dienstag. Er wolle "entschieden dem Verdacht entgegentreten, dass irgendwie was verdeckt werden sollte".
Hintergrund ist eine Affäre in der Bremer Behördenfiliale um angebliche Korruption und falsche Anerkennungsbescheide. Diese sollen in mehr als 1.200 Fällen für Flüchtlinge ausgestellt worden sein, obwohl es dafür keine rechtliche Grundlage gegeben haben soll. Entsprechende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen, die Chefin des Bremer BAMF wurde suspendiert.
Terrorverdächtigen Asyl gewährt?
Das "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (RND) zitiert nun aus einer von Schmids Mails an Seehofer, ihre Amtsvorgängerin habe auch Terrorverdächtigen Asyl gewährt. Auf erkennungsdienstliche Behandlungen habe sie verzichtet. Nach Recherchen des Redaktionsnetzwerks soll auch ein namentlich bekannter syrischer Berufssoldat und Geheimdienstmitarbeiter den begehrten Schutzstatus erhalten haben. Der betreffende Syrer sei zuvor monatelang vom Verfassungsschutz beobachtet worden.
Zwischenzeitlich wurde Josefa Schmid von ihrer Tätigkeit als kommissarische Leiterin der Bremer BAMF-Außenstelle abgezogen und zurück nach Ostbayern versetzt. Auf Anfrage des BR-Studio Franken wollte sie sich nicht zu den neuen Berichten äußern. Sie klagt aktuell vor dem Oberverwaltungsgericht Bremen auf die Rückkehr an ihre alte Stelle in der Hansestadt. Die BAMF-Zentrale in Nürnberg hat auf eine BR-Anfrage zum Thema bisher nicht geantwortet.