Gleich zu Beginn des Wurstwelten-Prozesses hat der 67-jährige Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Mann soll reihenweise Kleinanleger aus ganz Deutschland um deren Ersparnisse gebracht haben. Die Opfer investierten in kleine Unternehmen mit Namen wie "Firmenwelten" oder "Wurstwelten" und verkauften unter anderem Fleischwaren. Manche sollen dadurch ihre gesamte Altersvorsorge verloren haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Gesamtschaden von rund neun Millionen Euro aus.
Angeklagter hat "utopische jährliche Renditen" versprochen
Der Mann auf der Anklagebank gab zu, die Anleger in der Niedrigzinsphase mit der Aussicht auf hohe Zinsen geködert zu haben. In einer Erklärung, die sein Verteidiger vortrug, gab der Angeklagte alle Anklagepunkte umfassend zu. Er habe den Menschen "utopische jährliche Renditen" versprochen.
Das erbeutete Geld habe er binnen eines Jahrzehnts für sein "luxuriöses Leben" ausgegeben. Daher sei nichts mehr übrig. Der Angeklagte sagte, dass er sich bei den geprellten Kunden, die er oft gar nicht kenne, entschuldigen wolle.
Der 67-Jährige hatte laut Anklage ein undurchsichtiges Firmengeflecht mit vielen einzelnen Unternehmen aufgebaut. Mit Hilfe dieser Firmen und konstruierten Geschäftsmodellen rund um die sogenannte Firmenwelten AG in Bielefeld soll er seine Opfer mit dem Versprechen auf 15 Prozent Zinsen pro Jahr geködert haben.
Scheinfirmen: Die Tricks des Betrügers
Der Angeklagte soll zum Beispiel vorgetäuscht haben, eine neue Stromspartechnologie zu vertreiben und dafür viele Kunden zu haben. In einem anderen Komplex ging es um den angeblichen Aufbau einer Metzgereikette in mehreren Bundesländern.
In Augsburg hatte der 67-Jährige unter seinem eigenen Namen ein angebliches Bankhaus gegründet, für das er Teilhaber suchte. Das Bankhaus warb damit, in Nordamerika in die Aufzucht und Vermarktung von Bisons zu investieren. Die Staatsanwälte haben die Vorwürfe in der Anklageschrift auf mehr als 180 Seiten aufgelistet.
Angeklagter muss mit mehrjähriger Haftstrafe rechnen
Vor dem neuen Prozess gab es Gespräche zwischen den Anwälten des 67-Jährigen, der Staatsanwaltschaft und den Richtern, um ein mögliches Strafmaß abzusprechen. Demnach wollen die Verteidiger eine Gefängnisstrafe von etwa fünf Jahren erreichen, den Staatsanwälten schwebt eher eine Haftstrafe von rund sieben Jahren vor. Für den Prozess sind fast 30 Verhandlungstage bis Ende Juli geplant.
Mehrere Jahre lang war der Angeklagte auf der Flucht vor den deutschen Ermittlern. Er hatte lange in den USA gelebt, wo er im März 2022 festgenommen und dann an die Bundesrepublik ausgeliefert wurde. Seine drei Kinder, die ihrem Vater bei den Geschäften geholfen hatten, und der frühere Vertriebschef sind in Augsburg schon rechtskräftig verurteilt worden. Auch sie hatten Geständnisse abgelegt. Drei dieser Angeklagten bekamen schon 2019 Haftstrafen zwischen knapp drei und knapp vier Jahren, eine Tochter des Mannes erhielt eine Bewährungsstrafe.
Mit Material von dpa
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