Ruhig, erstaunlich gefasst sitzt das Mädchen auf seinem Stuhl. An die Wand projiziert das Landgericht Würzburg eine Aufzeichnung der polizeilichen Vernehmung der 11-Jährigen. Sie ist eines der Opfer der Würzburger Messerattacke vom 25. Juni 2021. Dreimal traf sie damals die Klinge des Angreifers. "Sein Gesicht war fast ohne Ausdruck", sagte das Mädchen bei der Kripo. Bei dem Angriff hat das Kind seine Mutter verloren.
Landgericht zeigt Videoaufnahme der Vernehmung
Am dritten Verhandlungstag im Prozess gegen den wohl 32-jährigen Beschuldigten musste das Mädchen selbst nicht beim Gericht erscheinen. Die aufgezeichnete Aussage bei der Kripo, die das Gericht nun zeigte, stammte aus dem vergangenen Sommer. Damals kam das Mädchen in Begleitung ihres Vaters und ihres Bruders zur Polizei. 38 Minuten lang sagte sie dort aus.
Die 11-Jährige beschrieb, wie der Angreifer im Woolworth ihre Mutter attackierte. Wie sie selbst nach draußen rannte. Wie sich dort eine 52-Jährige um sie kümmern wollte. Wie der Beschuldigte schließlich selbst nach draußen kam, beide attackierte. "Ich bin gerannt und gerannt und gerannt. Ich habe versucht, nach Hause zu kommen", sagte das Mädchen bei der Polizei.
Mutter stirbt bei Messerattacke
Dreimal traf der Beschuldigte die 11-Jährige mit dem Küchenmesser. "Zufall" sei es gewesen, dass ihre Wunden nur genäht werden mussten, sagte ein Rechtsmediziner der Uniklinik Würzburg nun im Prozess. Die 49 Jahre alte Mutter des Mädchens starb. Insgesamt fünf Mal traf sie der Angreifer mit dem Messer.
Auch zu den weiteren Todesopfern verlas der Rechtsmediziner der Uniklinik Gutachten. Drei Worte wählt er bei allen drei Frauen: "Keine realistische Überlebenschance" habe es gegeben, so schwer waren die Stichverletzungen bei den 24, 49 und 82 Jahre alten Frauen.
Die 52-Jährige, die das Mädchen getröstet hatte, überlebte. Zwölf Tage lang wurde sie im Krankenhaus behandelt.
Angreifer ließ sich Messerauslage zeigen
Ähnlich beklemmend war die Aussage einer weiteren Zeugin, die nun am dritten Verhandlungstag aussagte. Es handelte sich um eine Mitarbeiterin des Woolworth. Kurz vor Beginn der Attacke fragte der Angreifer die 29-Jährige nach der Messerauslage. "Er ist schnell zu mir gelaufen", sagte die Zeugin, "ich hatte den Eindruck, irgendetwas ist komisch."
Als die Tat begann, rannte sie aus dem Kaufhaus. Sie konnte entkommen. "In dem Moment kann man nicht glauben, dass so etwas passieren kann", sagte die Zeugin.
Angreifer verfolgt Prozess mit gesenktem Kopf
Was im Laufe des Verfahrens immer deutlicher wird: Die massiven Vorwürfe, die Beschreibungen der brutalen Tat scheinen zu dem Beschuldigten durchzudringen. Seinen Kopf lehnte er im Saal nach unten, auf die Tischplatte. Wie schon am zweiten Verhandlungstag. Dazu hatte ihm sein Pflichtverteidiger geraten: "Wenn er das hört und sieht, kommt er nicht damit klar."
Bislang hat sich der Beschuldigte selbst nicht zum Fall geäußert. In einer Stellungnahme seines Pflichtverteidigers räumte er die Taten allerdings ein.
Beschuldigter attackierte Menschen am Barbarossaplatz
In dem Sicherungsverfahren geht es um die Geschehnisse am 25. Juni 2021 am Würzburger Barbarossaplatz. Ein Mann aus Somalia schnappte sich in einem dortigen Kaufhaus ein Messer. Er tötete drei Frauen, verletzte neun Menschen.
Zwei Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass der wohl 32 Jahre alte Mann an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt ist. In dem Prozess geht es also nicht um eine Haftstrafe. Wahrscheinlich wird der Angreifer dauerhaft in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung untergebracht.
Für den Prozess hat das Landgericht Würzburg 27 Verhandlungstage angesetzt. Eine Entscheidung fällt voraussichtlich im Spätsommer. Aus Platzgründen verhandelt das Landgericht in drei Veranstaltungshallen im Raum Würzburg. Am dritten Verhandlungstag wurde erstmals in der "Weißen Mühle" in Estenfeld verhandelt. Nächster Verhandlungstag in dem Prozess ist am Freitag, 6. Mai, in Veitshöchheim.
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