Dass mittlerweile sogar in kleinen Städten und Gemeinden in Niederbayern und der Oberpfalz akute Wohnungsnot herrscht, ist noch recht neu. Jetzt reagiert zum ersten Mal die Politik. Heute findet in Regensburg eine gemeinsame Wohnungsbautagung der Regierungspräsidenten mit Bürgermeistern und Architekten statt. Thema: Welche Wohnungen braucht das Dorf der Zukunft?
Acht Euro pro Quadratmeter
Das Dorf Niederwinkling im Landkreis Straubing-Bogen gilt in Bayern als positives Beispiel in Sachen Wohnungsbau. Vor nicht mal einem Jahr wurde mit dem Bau von günstigen Wohnungen begonnen, im Dezember waren sie schon fertig. Günstige acht Euro kostet der Quadratmeter. Ein neues Bürgerzentrum entstand: mit Ärzten, Apotheken, einem Einkaufszentrum, einem Theatersaal - alles auf Gemeindekosten. Ein Mammutprojekt, auf das der Bürgermeister Ludwig Waas von den Freien Wählern stolz ist.
"Wir haben mit der Regierung von Niederbayern gesprochen. Schließlich haben diese Leute lange bei uns Steuern bezahlt, davon bekommen sie jetzt etwas zurück." Ludwig Waas, Bürgermeister von Niederwinkling
Bevölkerungsstruktur verändert sich im Ort
Früher gab es in Niederwinkling gar keine Wohnungen zu mieten, schon gar keine kleinen. Es war mal ein typisches Dorf mit Einfamilienhäusern und ein paar wenigen großen Einlieger-Wohnungen. Doch Bürgermeister Waas wollte etwas machen aus seiner Gemeinde, wies Gewerbeflächen aus, trieb schnelles Internet voran. Große Firmen siedelten sich an. Und brachten neben hohen Steuereinnahmen neue Bewohner für Niederwinkling. Dazu einige Flüchtlinge. Das alles hat die Bevölkerungsstruktur verändert. Und den Bedarf an Wohnungen.
Hilfe vom Bürgermeister
Aber auch Einheimische sind auf die Hilfe der Gemeinde angewiesen. Die 78-jährige Rentnerin Lotte Hasenkopf hat Glück gehabt, dass sie eine kleine Wohnung im Ort bekommen hat. Im Erdgeschoß, behindertengerecht. Sie lebt schon immer in Niederwinkling. Hier hat sie geheiratet und fünf Kinder bekommen. Eine Tochter ist behindert und lebt bei ihr. Nach dem Tod ihres Mannes blieben der schwer kranken Frau die große Wohnung und die kleine Witwenrente. Sie ging zum Bürgermeister - und bekam Hilfe.
"Ich habe ihn auf der Straße getroffen und dann hab ich ihn einfach gefragt, ob da noch eine Wohnung frei ist. Und er hat gesagt, komm im Bürgerhaus vorbei, dann schauen wir mal. Und dann hab ich sie wirklich bekommen. Meine Tochter ist so glücklich, weil sie jetzt ein eigenes Zimmer hat." Lotte Hasenkopf
"Es war für die Dörfer schon eine Umstellung"
Bürgermeister Waas will den Wohnungsbau weiter vorantreiben. 36 Häuser entstehen gerade am Rand der Gemeinde. Das nächste soziale Wohnbau-Projekt wurde gestern besiegelt. Doch auch das wird nicht reichen. In vielen anderen Gemeinden in Ostbayern ist es noch viel schlimmer. Bayerns Heimatminister Markus Söder (CSU) will zwar die Menschen in die Regionen bringen. Doch dafür muss frühzeitig die Infrastruktur - vor allem bezahlbarer Wohnraum - geschaffen werden. Das sieht auch Niederbayerns Regierungspräsident Rainer Haselbeck so:
"Es war für die Dörfer schon eine Umstellung. Aber der Freistaat hat Förderprojekte, davon können die Gemeinden profitieren." Rainer Haselbeck, Regierungspräsident von Niederbayern
Niederwinklings Bürgermeister Waas hat heute auf der Tagung sein Modell-Konzept vorgestellt. Die Regierungspräsidenten haben aufmerksam zugehört und darauf hingewiesen, dass 2017 mehr als 1.200 Wohnungen durch staatliche Förderung gebaut oder modernisiert wurden. Sie haben also erkannt: so schnell wie möglich muss nicht nur in den Städten, sondern auch in den Dörfern und Gemeinden gebaut werden.