Zum Pressetermin auf der Anhöhe oberhalb von Lonnerstadt im Landkreis Erlangen-Höchstadt hat der Wind aufgefrischt. Windstärke drei bis vier. Das Windrad, das hier schon seit einigen Jahren steht, erzeugt jetzt rund 500 Kilowatt – ein guter Durchschnittswert. Kurz bevor Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) aus dem Auto steigt, bricht auch noch die Sonne durch die Wolken. Sonne und Wind – die Zutaten für die Energiewende im Freistaat. Deshalb ist Aiwanger nach Lonnerstadt gekommen.
Schutz für Naherholungsgebiete
Die mittelfränkische Gemeinde setzt auf erneuerbare Energien, sagt Bürgermeisterin Regina Bruckmann (Freie Wähler). So war geplant, rund um das Windrad einen Solarpark einzurichten. Das Ziel war, sparsam mit den Flächen umzugehen. "Wir wollen den Rest unserer schönen Landschaft schützen", sagt Bruckmann. Deshalb wollte die Gemeinde die Anlagen für regenerative Energien bündeln. "Es macht ja durchaus Sinn, auf diese Fläche rund um das Windrad eine Freiflächen-Photovoltaikanlage zu bauen", so die Bürgermeisterin.
Genehmigungsbehörde als Bremser
Denkste! Die Bürokratie machte der Gemeinde einen Strich durch die Rechnung. Denn die fragliche Fläche gilt als Windvorranggebiet. Das bedeutet: Dort, wo Windräder stehen, darf die Sonne nicht angezapft werden. Er musste deshalb sein Projekt auf Eis legen, sagt Initiator Herbert Krafft. "Man hat das Gefühl, als ob beim Bergauffahren noch die Handbremse angezogen wird." Krafft wollte am Windrad auf einer Fläche von 6,5 Hektar eine Solaranlage bauen. Doch das wurde nicht genehmigt.
Minister setzt auf gesunden Menschenverstand
Diese Regelung sei mit dem gesunden Menschenverstand nicht zu verstehen. Das sagt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, als er unter dem Windrad steht. Der bizarre Fall in Lonnerstadt war für ihn eine Vorlage, Änderungen beim Bundesgesetzgeber einzufordern. Mit Erfolg. "Wir haben es im bayerischen Wirtschaftsministerium geschafft, den Widerspruch zwischen Wind und Sonne aufzulösen", sagt der Minister. Künftig dürfen auch in Windvorranggebieten Photovoltaikflächen errichten werden.
Auch der Freistaat profitiert
Das Bundesgesetz wird künftig neu interpretiert. Sonne und Wind gehen auch in Doppelpack. Voraussetzung ist, dass durch Solaranlagen keine neuen Windräder verhindert werden – was in der Praxis selten der Fall ist. Zwischen den Rotoren muss sowieso Platz bleiben, damit sie sich nicht gegenseitig den Wind wegnehmen. Die Gemeinden müssen das künftig nur nachweisen.
Vorteil für den Freistaat: Bis zum Jahr 2032 müssen 1,8 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiete für Windkraft ausgewiesen sein. Aiwanger rechnet, dass dieses Ziel nun leichter erreicht werden kann, weil es keine Flächenkonkurrenz mehr gibt. "Und vielleicht schaffen wir ja zwei oder drei Prozent."
Wasserstoff als Energiespeicher
Auch sonst ergänzen sich Sonne und Wind. Denn beide Anlagen nutzen die gleiche Infrastruktur. "Wenn hier schon die Leitung von den Windrädern ins Netz besteht, dann kann man auch Sonne Huckepack mit drauf nehmen", sagt Aiwanger. Außerdem könnte er sich vorstellen, dass an solchen kombinierten Sonnen- und Windanlagen auch noch Wasserstoff erzeugt wird. Und zwar durch Strom, der nicht ins Netz gespeist wird, wenn überall der Wind weht und die Sonne scheint.
Gute Akzeptanz durch Bürgeranlagen
In Lonnerstadt hören sie das gerne. Die meisten der gut 2.100 Einwohnerinnen und Einwohner stehen nicht nur den Windrädern positiv gegenüber, sagt Bürgermeisterin Bruckmann. In der Gemeinde gibt es eine Biogasanlage, eine Wasserkraftanlage, auf vielen Dächer sind Solaranlagen installiert. Bruckmann: "Das Bewusstsein für regenerative Energien und die Energiewende ist bei uns im Ort durchaus da."
Eine Rolle könnte dabei auch spielen, dass die Anlagen als Bürgeranlagen geplant sind. An den insgesamt sieben Windrädern in Lonnerstadt sind 249 Bürgerinnen und Bürger beteiligt. Mit ihren Einlagen wurden rund 20 Prozent der Kosten finanziert, erläutert Initiator Herbert Krafft. Der Rest kommt von der Bank. Die Solaranlage soll ähnlich finanziert werden. Die Teilhaber sind so auch am Ertrag der Anlage beteiligt. "Wobei Vielen auch wichtig ist, dass gerade jetzt in der Ukrainekrise immer mehr regenerative Energie erzeugt wird", meint Krafft.

Wind- und Solarenergie an einem Ort
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