Ministerpräsident Söder im November bei Übergabe eines Windkraft-Genehmigungsbescheids.
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Ministerpräsident Söder im November bei Übergabe eines Windkraft-Genehmigungsbescheids.

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Stimmung in Bayerns Politik dreht sich pro Windkraft

Im Jahr der Energiekrise ist deutlich geworden, dass ein großer Teil der bayerischen Bevölkerung die Windkraft unterstützt. Das wirkt sich auf die Politik aus: Auch die CSU will nun den Windkraft-Ausbau forcieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Windkraftprojekt in der Gemeinde Parkstein ist bereits weiter als manche andere. Bald sollen drei Windräder stehen. Die Initiatoren haben sich nicht von der strengen 10H-Abstandsregel abschrecken lassen, die 2014 vom früheren CSU-Ministerpräsidenten Horst Seehofer eingeführt wurde.

Weil sie sich sicher waren, dass die Windkraftgegner zwar laut sind, aber keine Mehrheit, sagt Josef Langgärtner von der Genossenschaft Bürgerenergie Parkstein. Gleich zu Beginn des Windkraftprojekts vor einem Jahr hatte der Rat der Marktgemeinde im Landkreis Neustadt an der Waldnaab einen Bürgerentscheid initiiert, mit positivem Ausgang. "Man hat gesehen, auch in anderen Ortschaften fallen diese Bürgerentscheide zuletzt immer zugunsten der Windkraft aus. Also scheint sich auch in der Bevölkerung der Wind zu drehen zugunsten der Windkraft", meint Langgärtner.

Bürgerentscheide gehen reihenweise pro Windkraft aus

Das hat sich seither tatsächlich noch mehrmals bestätigt. Im Landkreis Kronach hat eine Bürgerbefragung dreier Frankenwaldgemeinden eine Mehrheit von vollen 85 Prozent für einen großen Windpark ergeben. In Üchtelhausen (Landkreis Schweinfurt) stimmten im Juni mehr als 70 Prozent für einen neuen Windpark. In Denklingen, Kreis Landsberg am Lech, haben bei einem Bürgerentscheid im November 69,5 Prozent für einen Waldwindpark gestimmt. Dieses Beispiel dokumentiert, wie sehr sich die Stimmung pro Windkraft gedreht hat: Denn 2014 hatten bei einem Bürgerentscheid im gleichen Ort noch 80 Prozent gegen Windräder gestimmt.

Aber auch schon vergangenes Jahr, vor der Energiekrise, fielen Bürgerentscheide in Bayern reihenweise pro Windkraft aus: etwa in Buttenheim (Landkreis Bamberg), Sinzing (Landkreis Regensburg) oder dem Landkreis Ebersberg.

Klimaschutz und Energiekrise sprechen für Windkraft

Auch der staatlich bestellte "Windkümmerer" für die Oberpfalz, Matthias Rösch, registriert zunehmendes Wohlwollen für die Windkraft. Zum einen wegen der Sorge um den Klimaschutz, aber zuletzt auch wegen der Energiepreisexplosion. Er registriert, dass auch Politiker darauf reagieren: "Die Politik spiegelt irgendwann dann auch nur eine Bevölkerung wieder."

Das gilt einerseits für die Kommunalpolitik. Auch CSU-Bürgermeister, die in Sachen Windkraft lange im Hintergrund geblieben waren, sprechen sich jetzt offensiv für neue Projekte aus, berichtet der Windkümmerer. Aber auch auf Landesebene ist die Windkraftpolitik stark in Bewegung.

Grüne: CSU soll ihren Fehler zugeben

Die Grünen ärgern sich seit Jahren, dass der Windradausbau wegen der rigiden Windkraftpolitik der CSU eingeschlafen ist. Und verweisen auf Umfragen. Bundesweit zeigen diese schon lange solide Mehrheiten für die Windkraft. Schon 2021 bezeichneten etwa 80 Prozent der Befragten den Ausbau der Windkraft als wichtig, in einer Umfrage im Auftrag der Fachagentur Windkraft an Land.

Und in Bayern wünschen sich mehr als die Hälfte der Menschen die vollständige Abschaffung der umstrittenen 10H-Abstandsregel, hatte im September 2022 eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Grünen ergeben. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann sagte: "Ich hätte mir immer gewünscht, dass sich die Staatsregierung oder Markus Söder hinstellt und sagt: Der Mindestabstand war ein Fehler. Da müssen wir korrigieren, neu anfangen."

Söder will jetzt mit Windrädern gesehen werden

Die CSU-Windkraftpolitik der letzten Jahre als Fehler zu bezeichnen – das hat Markus Söder nicht getan. Aber Bayern setzt das Wind-an-Land-Gesetz der Bundesregierung um. Und weist binnen zehn Jahren 1,8 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiete für Windkraft aus. Die 10H-Regel hat dadurch stark an Bedeutung verloren, sie wurde auch durch eine Reihe von Ausnahmen abgemildert.

Und Söder hat auch demonstrativ Zeichen gesetzt, so Anfang Dezember, bei der Eröffnung eines der wenigen neuen bayerischen Windräder in diesem Jahr – in Wiesenfelden nördlich von Straubing. Der Ministerpräsident legte großen Wert darauf, bei der Feierlichkeit dazuzukommen – obwohl mit Hubert Aiwanger und Thorsten Glauber auch zwei Freie-Wähler-Minister vor Ort waren. Söder stellte ein Foto von sich mit drei Mini-Windrädern in der Hand in soziale Netzwerke.

Bei seiner Rede am Fuße des neuen Windrads in Wiesenfelden verkündete Söder: "Was Wind an Land betrifft, denke ich, werden wir bis 2030 die Nummer eins in Deutschland sein können. Da gibt es jetzt sozusagen vollen Rückenwind für den Wind."

Nur eine Handvoll neue Windräder im ganzen Jahr

Die Zeiten, als es CSU-Linie war, dass Bayern eben nicht so geeignet für Windkraft sei und sie lieber Norddeutschland überlassen solle, sind also vorbei. Was offenbar Mehrheitsmeinung in der bayerischen Bevölkerung ist, das verspricht jetzt auch die größte Partei im Landtag voranzutreiben: mehr Windräder auch für Bayern.

Bis diese Änderung der Politik sichtbare Wirkung zeigt und größere Zahlen an Windkraftanlagen in Betrieb gehen können, wird es nach Einschätzung von Experten allerdings noch zwei Jahre oder länger dauern. 2022 wurden in ganz Bayern nur elf Windräder neu gebaut.

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