Ein Wirt, der nach schweren Prügelvorwürfen wieder auf die Wiesn darf – "wie sollen die Leute das verstehen?" Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner kann die Entscheidung des Münchner Kreisverwaltungsreferats (KVR), Bräurosl-Chef Peter Reichert den Festzelt-Betrieb weiterhin zu gestatten, nicht richtig nachvollziehen.
Das Oktoberfest sei eine Qualitätsveranstaltung und gleichzeitig ein Volksfest für jedermann auf höchstem Niveau. Gastfreundschaft, Genuss und Lebensfreude – das seien die Werte auf der Wiesn. Dazu passe weder ein schlägernder Festzelt-Wirt noch ein Lebensmittelskandal. Beides sei den Menschen nicht vermittelbar.
Handgreiflichkeiten und Hygienemängel
Denn Reichert hat sich auf der letzten Wiesn nicht nur durch die Prügelei mit einem Securitymitarbeiter Probleme eingehandelt, es wurden auch noch Hygienemängel bei den Lebensmitteln festgestellt. Zwar hatte er diese direkt behoben, eine Vertragsstrafe steht jedoch immer noch im Raum. Und auch bei der Musik hatte der Bräurosl-Wirt für Zoff gesorgt, als er die traditionelle bayerische Blaskapelle gegen eine Partyband austauschte.
Reichert hatte das Bräurosl-Festzelt im vergangenen Jahr übernommen, es war seine erste Wiesn. Und es hätte auch seine letzte werden können: Wegen der Beteiligung an der Schlägerei vor seinem Zelt während des Oktoberfests war gegen ihn Anzeige erstattet worden. Gegen Zahlung einer Geldstrafe in vierstelliger Höhe wurde das Verfahren aber schließlich eingestellt.
Wiesn-Chef sieht Image-Verlust für die Wiesn
Ein schlägernder Oktoberfest-Wirt – Wiesn-Chef Baumgärtner sieht sich in Erklärungsnöten, wie er das den Menschen vermitteln soll. "Wir sagen den Leuten: Führts euch anständig auf auf der Wiesn, gehts nicht aufeinander los, werdets nicht handgreiflich. Aber jetzt haben wir hier einen Wirt, der einen Konflikt mit Fäusten löst. Und ich soll den Leuten erklären, wie das zusammengeht."
Das Verfahren wegen Körperverletzung sei rechtskräftig eingestellt, so das Kreisverwaltungsreferat zu seiner Entscheidung, Reichert nicht als unzuverlässig zu bewerten. Die Hürden, einem Gastronomen die gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit abzusprechen, seien sehr hoch, da in so einem Fall das Grundrecht der Berufsfreiheit berührt ist.
Selbstverständlich akzeptiere er die Entscheidung des KVR, Reichert weiterhin als zuverlässig zu bewerten, so Wiesn-Chef Baumgärtner. Auch wolle er ihm nicht eine zweite Chance nehmen. Nur müsse er die Situation eben nach außen vertreten und rechtfertigen. Und da sehe er durchaus Probleme, was das Verständnis der Leute angeht: Flögen bei den Festbesuchern die Fäuste, komme sofort die Polizei, bei Reichert als Wirt gebe es eine Geldstrafe und keine weiteren Konsequenzen.
Ergebnisse zu Hygienemängeln und Zollrazzia stehen noch aus
Mit der Paulaner-Brauerei, der das Bräurosl-Zelt gehört, hat der gelernte Koch Peter Reichert einen Vertrag für mehrere Jahre. Sie schickte ihren umstrittenen Wirt deshalb für 2023 wieder ins Rennen - mit Erfolg, wie es scheint.
Doch ganz auf der sicheren Seite ist der Bräurosl-Wirt noch nicht. Der Verstoß gegen die Lebensmittelhygiene aus dem letzten Jahr wird derzeit noch vom KVR untersucht. Zudem hatte es in Reicherts Münchner Gaststätte "Donisl" im Herbst 2022 eine Zollrazzia gegeben. Auch dazu steht ein Ergebnis noch aus. Hier ist das letzte Wort also noch nicht gesprochen.
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