Im Ebersberger Forst haben Förster Michael Waldherr und seine Kollegen schon einige Fichten entdeckt, die vom Borkenkäfer befallen sind. Jetzt gilt es, die Bäume so schnell wie möglich zu fällen und das Holz aus dem Wald zu schaffen – um die Ausbreitung des Schädlings zu verhindern. Das wird auch den insgesamt 700.000 privaten Waldbesitzern in Bayern geraten: Sie sollen an den Stämmen nach Bohrmehl Ausschau halten und im Zweifel schnell die Motorsäge ansetzen.
"Die Gesamtsituation ist heuer sehr kritisch. Denn wir haben schlechte Ausgangsbedingungen: Der Sturm Niklas im Jahr 2015 und die folgenden Sommerjahre haben dafür gesorgt, dass die Borkenkäfer-Population relativ hoch ist, und diese jetzt relativ hohe Population trifft auf günstige Ausgangsbedingungen: Wir haben ein sehr trockenes Frühjahr, zum zweiten hatten wir einen sehr warmen April!" Michael Waldherr, Förster
Und noch dazu liegen von den Winterstürmen auch noch viele umgeknickte Bäume herum, die anfällig gegenüber dem Borkenkäfer sind.
Wie tötet der Borkenkäfer den Baum?
Bohrt sich ein Käfer in den Stamm, stößt er Pheromone aus und lockt so seine Artgenossen. Denn alleine hat er keine Chance: Die Fichte wehrt sich mit Harz und tötet den Käfer. Sind es aber mehr als 200 Borkenkäfer reicht das Harz nicht mehr aus. Dann stören die Käfer und ein mitgeschleppter Pilz unter der Rinde den Saftstrom des Baumes. Es kommen keine Nährstoffe und Wasser mehr nach, und die Fichte stirbt ab.
Kontrolle der Borkenkäfer mit Fallen
Bayernweit gibt es ein Kontroll-Netz mit Borkenkäfer-Fallen. Die werden einmal pro Woche geleert. Bei mehr als 3.000 Schädlingen gilt die Borkenkäfer-Gefahr als sehr groß. In den letzten Wochen fanden sich vielerorts pro Falle schon 6.000 Käfer und mehr. Besonders hoch ist die Gefahr zurzeit in fast ganz Niederbayern, der südlichen Oberpfalz, und in den Wäldern rund um München.
Je wärmer desto mehr Borkenkäfer
2018 könnte das dritte schlimme Borkenkäferjahr in Folge werden. Letztes Jahr musste so viel Holz wegen Insektenschäden geerntet werden, wie seit zehn Jahren nicht mehr – insgesamt 4,1 Millionen Festmeter. Wie schlimm es diesmal wird, hängt davon ab, wie viele Käfer-Generationen sich bilden können.
"Wenn es sehr kalt ist, dann macht der Borkenkäfer eine Generation, wenn es sehr heiß ist, kann es sein, dass er drei Generationen schafft, und das ist ja jedesmal eine Potenzierung, also ein Weibchen legt 60 Eier. Davon sind die Hälfte Weibchen, und die legen dann wieder 60 Eier!" Hannes Lemme, Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Bei drei Generationen bedeutet das dann: Mehrere Zehntausend Nachkommen pro Weibchen! Und möglicherweise dramatische Folgen für die Wälder – und die Waldbesitzer. Wird das Holz schnell abtransportiert, ist die Qualität zwar noch in Ordnung, aber das hohe Angebot lässt die Preise sinken. Liegt es länger, verfärbt sich das Holz und ist dann auch noch weniger wert.
Ab einer Temperatur von 16,5 Grad schwärmt der Käfer aus und kann weitere Bäume befallen. Die Förster wünschen sich deshalb vor allem eines: nass-kaltes Wetter, am besten den ganzen Sommer lang.
Borkenkäfer profitiert vom Klimawandel
Mit dem Buchdrucker, wie der Experte sagt, müssen sich Waldbesitzer künftig wohl immer häufiger beschäftigen.
"Der Buchdrucker gehört zu den Arten, die vom Klimawandel profitieren werden. Es wird Regionen geben, wo die Fichte weiter bewirtschaftet werden kann, aber in anderen Regionen wird es sicher so sein, dass die Fichte durch den Buchdrucker rausgenommen wird. Und es kann sein, dass wir das jetzt schon teilweise erleben!" Hannes Lemme, Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft
Eine Statistik der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zeigt deutlich: Die Sommer mit zwei oder gar drei Generationen an Borkenkäfern sind in den letzten 20 Jahren immer häufiger geworden.