Eine Gästeliste zu führen, ist in Bayerns Gaststätten keine Pflicht, wird aber von der Staatsregierung im Hygienekonzept für die Gastronomie empfohlen.
"Um eine Kontaktpersonenermittlung im Falle eines nachträglich identifizierten COVID-19 Falles unter Gästen oder Personal zu ermöglichen, sollte eine Gästeliste mit Angaben von Namen, Telefonnummern und Zeitraum des Aufenthaltes geführt werden." (Hygienekonzept Gastronomie vom 15. Mai 2020)
In der Praxis wird das oft so gelöst: Eine ausgedruckte Tabelle liegt oder hängt am Eingang des Lokals. Da trägt sich aus jeder Gruppe, die ins Lokal kommt, eine(r) ein, und zwar mit Namen, Telefonnummer oder Mailadresse, Ankunftszeit und voraussichtlicher Dauer des Aufenthalts.
Die Gästeliste darf nicht offen herumliegen
Das Problem dabei: Offen ausliegende Listen können von allen eingesehen werden. Das widerspricht dem Datenschutz, zu dem das Hygienekonzept ebenfalls ermahnt:
"Die Gästeliste ist so zu führen und zu verwahren, dass Dritte sie nicht einsehen können. Die Daten sind nach Ablauf eines Monats zu vernichten." (Hygienekonzept Gastronomie vom 15.5.2020)
Auch das Landesamt für Datenschutzaufsicht teilt dem BR auf Anfrage mit:
"Datenschutzrechtlich unzulässig wäre es, eine Sammelliste zu führen, in die sich die Eintragungspflichtigen nacheinander eintragen und dabei jeweils die Daten der Voreingetragenen sehen können." (Alexander Filip, BayLDA)
Deshalb bekommt in manchen Gaststätten jede Besuchergruppe einen eigenen Zettel. Der muss vor Ort ausgefüllt und abgegeben oder eingeworfen werden. Wo Stifte und Schreibunterlagen zum Einsatz kommen, müssen diese Gegenstände nach dem Gebrauch desinfiziert werden.
Wirt: "Das neue Formular ist absurd!"
Ein wichtiger Punkt: Wenn Daten erhoben werden, muss auch darüber aufgeklärt werden, was mit diesen Daten geschieht und wer im konkreten Fall für ihren Schutz zuständig ist.
Deshalb hat das Landesamt für Datenschutzaufsicht ein zweiseitiges Formular entworfen und über den Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern den Wirten zugeleitet. Das hat Entrüstung ausgelöst.
"Ich habe bisher alles mitgetragen, alle Maßnahmen, alle Verordnungen, habe das Hygienekonzept der Dehoga trotz Bedenken mitgetragen, ich halte die Eindämmung von Corona für sehr wichtig. Aber meine Existenz und die meiner Mitarbeiter auch. Dieses neue Formular (am 26.05 via Email von der Dehoga zugesandt bekommen) zur Registrierung meiner Gäste ist einfach nur absurd. Ein QR Code zur Registrierung, eine Liste zum Eintragen, aber ein Formular, in Beamtendeutsch will niemand. Meine Gäste kaufen Schnitzel und Bier. Hubsi, wir sind Hendlverkäufer, keine Wohnungsverkäufer. Ich plädiere wirklich an unsere Politiker, durch solche Aktionen nicht die Gastronomie vollends gegen die Wand zu fahren." (Offener Brief des Wirts des "München 72" via Facebook an die DEHOGA Bayern und Wirtschaftsminister Aiwanger am 27. Mai 2020)
Die Zettelwirtschaft ist aufwendig, und manche Wirte empfinden sie als Zumutung gegenüber ihren Kunden. Immer mehr Betriebe ziehen deshalb eine elektronische Lösung vor: Der Gast scannt am Eingang des Lokals oder an seinem Tisch einen QR-Code und checkt online ein – via Smartphone. Der Vorteil: Niemand liest bei der Dateneingabe mit, der Gast braucht keinen Stift, und das Programm merkt sich die eingegebenen Kundendaten gleich für den nächsten Restaurantbesuch. Auch die Datenschutz-Informationen kann jede(r) in seinem Handy nachlesen.
Zulauf für QR-Code-Systeme
Ein Start-up aus Nordrhein-Westfalen, das das Gästeerfassungssystem "GastroIdent" entwickelt hat, freut sich, dass deutschlandweit schon 350 Lokale und 40.000 Gäste mitmachen, zum Beispiel die Biergärten "Chinesischer Turm" und "Aumeister" in München.
Die Anbieter versichern, die eingegebenen Daten würden nicht zu Werbezwecken verkauft, obwohl das Programm für Gastwirte und Gäste kostenlos ist. Damit es sich für die Programmierer lohnt, sollen später Bezahlfunktionen dazukommen: zum Beispiel eine Online-Speisekarte und die Möglichkeit, elektronisch zu bestellen.
Auch die Anbieter der Plattform "2FDZ" freuen sich über ein dynamisches Wachstum. Die Zahl der teilnehmenden Kunden liege drei Wochen nach dem Start schon im fünfstelligen Bereich. 2FDZ verlangt von den Wirten eine Lizenzgebühr von elf Euro brutto monatlich; dafür spare sich der Wirt Papier, Aktenordner, Locher und Arbeitszeit, sagt Roland Delion von Aktiv-Online e.K.
Weitere Anbieter einer Online-Gästeerfassung sind digi Menu (29 Euro monatlich für die Wirte mit digitaler Speisekarte) und Gastroda (der Preis für die Wirte hängt hier von der Zahl der Tische ab). Für alle gilt übrigens die Regelung, dass die erhobenen Kundendaten zu schützen sind und nach einem Monat wieder gelöscht werden müssen. Für die Besucher einer Gaststätte ist die Registrierung kostenfrei.
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