In der Pressekonferenz hat die Landrätin Indra Baier-Müller heute Vormittag erstmals die Vorgänge im Rappenalptal chronologisch aus Sicht der Behörde zusammengefasst. Ausgangslage der umfangreichen Arbeiten am Bach war demnach ein Unwetter am 19. August, das zu Überschwemmungen und viel Kies auf den Alpflächen geführt hat. Es fand ein Beratungsgespräch mit der ansässigen Alpgenossenschaft statt, darin wurden Maßnahmen zum Gewässerunterhalt verabredet.
Ein Aktenvermerk über diese Vereinbarungen mit Datum 30.8.2022 liegt dem BR exklusiv vor. Die Landrätin betonte jedoch, dass dieser Vermerk nicht als Genehmigung zu lesen war: "Eine solche Genehmigung für einen Gewässerumbau umfasst mehrere Aktenordner, nicht nur eine Seite."
Vorwurf: Alpgenossenschaft hielt sich nicht an Vereinbarung
Die Alpgenossenschaft ist also weit über die abgestimmten Maßnahmen hinausgegangen und hat sich auch nicht an Abstimmungen gehalten: Zum Beispiel sollten spätestens ein bis zwei Tage nach Beginn der Maßnahmen Fotos an das Landratsamt geschickt werden. Diese Fotos wurden erst Tage später versandt. Auch sollten die Arbeiten maximal eine Woche dauern, sie gingen schlussendlich weit länger. Und einen Baustopp, der laut Landratsamt mündlich am 6. Oktober angeordnet wurde, hatte die Alpgenossenschaft offenbar ignoriert.
Das sei erst Ende Oktober bekannt geworden, als bei einem Vor-Ort-Termin mit anderen Behörden zudem festgestellt wurde, dass ein Hubschrauberlandeplatz angelegt werden sollte.
Der Leiter der Landratsamtsabteilung "Bauen, Natur und Umwelt", Markus Haug, legte im Anschluss an das Statement der Landrätin dar, dass auch das Verwaltungsgericht Augsburg die Lage so einschätze wie die Behörde. In einem Beschluss Anfang der Woche hatte es festgehalten: Das Schreiben, das das Landratsamt an die Alpgenossenschaft geschickt hat, könne nicht als Genehmigung verstanden werden.
Pressegespräch als Monolog
In einem BR24 Live aus Sonthofen betonte BR-Reporter Christoph Scheule, dass das Pressegespräch ungewöhnlich verlaufen sei. So waren keine Nachfragen erlaubt, zudem durfte es nicht live gestreamt werden. Nach Ansicht des BR-Reporters weise dies darauf hin, dass die Stimmung im Landratsamt offenbar sehr angespannt sei, man wolle in dem laufenden Verfahren nichts falsch machen - schließlich ermittelt auch die Staatsanwaltschaft.
Bund Naturschutz ausgesperrt
Besonders verwundert über das Vorgehen des Landratsamtes zeigte sich Thomas Frey vom Bund Naturschutz (BN). Er durfte sich das Statement der Landrätin gar nicht anhören, musste den Raum verlassen. Im Gespräch mit dem BR kritisierte Frey: "Ein transparentes Vorgehen der Landrätin sähe anders aus. Wenn man sich öffentlich äußert, muss man auch als Naturschutzfachverband die Möglichkeit haben, das anzuhören."
- Zum Artikel: LBV stellt Strafanzeige wegen Naturzerstörung im Rappenalptal
Kritik: einfach Fakten geschaffen
Für den Naturschützer ist klar: Der Verursacher der Naturzerstörung ist die Alpgenossenschaft. Es gab einen Baustopp, dem sich diese widersetzt und damit rechtliche Grenzen überschritten habe. Die Alpgenossenschaft hätte laut Frey wissen müssen, dass für Baumaßnahmen unter anderem eine Ausnahmegenehmigung sowie ein wasserrechtliches Verfahren notwendig waren. Diese hätten sie nicht zu erwirken versucht, sondern einfach Fakten geschaffen: "Eine Genehmigung ist was anderes als ein Aktenvermerk".
Allerdings sieht Frey auch das Landratsamt teilweise in der Verantwortung: Bei einem solchen "Juwel an Naturschutzgebiet" hätten die Behörden ein schärferes Augenmerk darauf richten müssen, dass alles mit rechten Dingen zugehe.
Bayern-SPD fordert "schonungslose Aufklärung"
Nach der Umweltzerstörung im Rappenalptal fordert die Bayern-SPD jetzt umgehend einen Bericht von Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) und "schonungslose Aufklärung". Das hat der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bayerischen Landtag, Florian von Brunn, in einer Pressemitteilung bekanntgegeben. Er betont, dass die Öffentlichkeit erfahren müsse, "welche Rolle dabei das Landratsamt gespielt hat und warum der Umweltzerstörung im Rappenalptal so lange zugeschaut wurde". Das Bayerische Umweltministerium will sich auf BR-Anfrage derzeit öffentlich nicht weiter zum zerstörten Rappenalpbach äußern und verweist auf das laufende Ermittlungsverfahren. Wie ein Sprecher des Ministeriums schreibt, sei es nicht zu akzeptieren, wenn naturschutzrechtlich geschützte, ökologisch wertvolle Gebieten zerstört werden. Nun müsse der Sachverhalt genau aufgeklärt und bewertet werden. Mit dieser Klärung hat das Ministerium die Regierung von Schwaben als Aufsichtsbehörde beauftragt.

Durch eine illegale Bagger-Aktion wurde der Bach im Allgäuer Rappenalptal nahezu komplett zerstört.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!