Die neue Hochspannungsleitung heißt Westbayernring und soll das Stromnetz stabilisieren. Sie quert Mittelfranken, Oberbayern und Niederbayern. Die 120 Kilometer lange Leitung ist geplant vom Umspannwerk Raitersaich westlich von Nürnberg, vorbei an Ingolstadt, über das neue Umspannwerk bei Vohburg, bis zum Umspannwerk Sittling bei Neustadt an der Donau. In Neuendettelsau und Weißenburg in Mittelfranken und in Hofstetten im Landkreis Eichstätt haben nun erste Infomärkte für die Bürger stattgefunden.
Dicht gedrängt stehen die Menschen in Hofstetten im Landkreis Eichstätt um einen Bildschirm. Dort wird der Verlauf der Stromtrasse nachgezeichnet. Rund 250 Menschen sind gekommen. Eine von ihnen ist Kathrin Mogl. Sie lebt in unmittelbarer Nähe zu zwei Strommasten. Dort, wo auch die derzeit geplante Trasse verlaufen würde. "Ich höre ein Brummen und Geprassel. Je nach Wetterlage mehr oder weniger. Meine Sorge ist, dass das mit der neuen Trasse dann zunehmen wird und auch um die gesundheitlichen Folgen mache ich mir Sorgen", sagt Mogl.
Bürgermeister sehen Entwicklung der Gemeinden eingeschränkt
Die Bürgermeister der umliegenden Gemeinden haben auch Bedenken. "In jedem Fall ist es so, dass wir hier eigentlich überwiegend Nachteile sehen, weil wir unsere Ortschaft in Richtung Süden überhaupt nicht mehr entwickeln können", meint Jürgen Nadler, der Bürgermeister von Böhmfeld. Seit Jahren plane seine Gemeinde bereits ein Neubaugebiet, da könnte die Leitung in die Quere kommen.
Auch in Neuendettelsau haben sich etwa 300 Bürger über die Pläne informiert. Viele sind Landwirte, auf deren Grundstücken neue Masten gebaut werden müssen.
"Ich schaue mir an, ob ich einen zweiten Mast kriege, einen habe ich schon in meinem Feld", sagt ein Mann. Die Leitung verlaufe nur 300 Meter vom Haus entfernt. Rechts und links davon besitze er Waldstücke, so der Mann. Gudrun Völkl aus einem Dorf bei Spalt hat vor fünf Jahren einen Reiterhof gekauft und wohnt inzwischen dort. Die geplante Leitung verlaufe direkt über ihrem Schlafzimmer, sagt Völkl.
Stromtrasse rückt näher an Häuser
Tennet-Planerin Mare Anna Lux kennt viele der Konfliktpunkte entlang der Trasse. Weil die Hochspannungsleitung direkt neben einer bereits bestehenden Leitung gebaut wird, führt sie nahe an manche Häuser heran. Genauer: Zwischen Raitersaich-West und kurz vor Ingolstadt soll die vorhandene 220-kV-Leitung ergänzt werden und eine parallel verlaufende 380-kV-Leitung entstehen. Dadurch wird der Flächenverbrauch deutlich größer - von aktuell 30 auf rund 100 Meter. Und vielerorts wurden die Gebäude schon sehr nahe an die bestehende Leitung heran gebaut, heißt es von Tennet. Direkt über Häusern verlaufen soll die Leitung aber nicht.
In dem Fall von Gudrun Völkl wusste Planerin Lux einfach nicht, dass auf dem Reiterhof jemand wohnt. "Wir sind darauf angewiesen, dass Bürgerinnen und Bürger auf uns zukommen, mit Informationen, die wir nicht haben. Wir wissen nicht alles", sagt Lux.
Grafik: So verläuft die Hochspannungsleitung Westbayernring
Der geplante Verlauf der Stromtrasse Westbayernring.
Westbayernring soll teure Eingriffe in das Stromnetz verringern
Laut Tennet soll sich der Netzausbau schnell auch für den Stromkunden rechnen. Aktuell, so der Netzbetreiber, belaste die zunehmende Einspeisung von Solar- und Windenergie die Netzstabilität, weil die Strommenge großen Schwankungen unterliege. Die neue Leitung soll helfen, große Mengen Strom auch überregional abzutransportieren.
Bisher müssten in sehr sonnenreichen Stunden Leitungsabschnitte vor einer Überlastung geschützt werden - und zwar durch Eingriffe in die Kraftwerke. Das nennt sich Redispatch und verursacht immer höhere Kosten, wie Tennet-Sprecherin Manuela Wolter vorrechnet. So seien im Jahr 2023 bundesweit von den vier deutschen Übertragungsbetreibern rund drei Milliarden Euro dafür ausgeben worden, die an die Verbraucher weitergeben werden. In den Netzausbau habe alleine Tennet in der gleichen Zeit vier Milliarden Euro investiert.
Tennet: Über Westbayernring soll ab 2037 Strom fließen
Spätestens 2037 will der Netzbetreiber darum den Westbayernring in Betrieb nehmen. Am Ende der ersten Infomärkte sind die Besucher zufrieden. Die Veranstaltung habe deeskalierend gewirkt, sagt Völkl, die auf dem Reiterhof wohnt. Eine andere erklärt: "Jeder braucht Strom und will die Heizung aufdrehen und Radio hören. Es hilft ja nix. Der Strom fliegt ja nicht."
Dicht gedrängt stehen die Menschen aus Hofstetten und den umliegenden Gemeinden, um einen Bildschirm, der den Verlauf der Stromtrasse zeigt.
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