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Auf dem Weg in die Altersarmut? Die Deutschen und die Altersvorsorge

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Altersarmut in Bayern: Wenn die Rente nicht zum Leben reicht

Altersarmut in Bayern ist kein Einzelfall. 80 Prozent der Frauen ab 65 müssen mit weniger als 1.000 Euro im Monat über die Runden kommen. Über Jahrzehnte erbrachte Leistungen im Beruf zählen da wenig. Auch Männer sind betroffen. Von Viola Nowak

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Einfach noch mitmachen, teilhaben an der Gesellschaft, egal in welchem Alter - das war die Idee der Kuchentratsch-Gründerin Katharina Mayer. Vor vier Jahren, damals noch Studentin, hat die heute 28-jährige Unternehmerin das soziale Startup im Münchner Westend ins Leben gerufen. Die Idee: Seniorinnen und Senioren bringen auf Mini-Job-Basis ihr Kuchenwissen ein und bessern ihre Rente auf. Dabei geht es auch um den sozialen Austausch der Menschen, die im Alter oftmals isoliert sind.

"Ein soziales Umfeld zu haben und sich mit Leuten auszutauschen, finde ich wahnsinnig wichtig. Und im Alter ist es total schwierig, neue Leute kennen zu lernen. Vor allem, wenn man in die Rente eintritt, ist halt der Sozialkontakt nicht mehr so groß. Und das finde ich total schade, und das wollte ich ändern." Katharina Mayer, Gründerin 'Kuchenratsch'

Als "Oma Josefine" backt die 69-jährige Josefine Rohrer für die junge Firma. Apfel-Cranberry-Kuchen? Eine leichte Übung für die Frau mit 55 Jahren Backerfahrung:

"Des konni scho auswendig, des Rezept, da kann man mich aus'm Tiefschlaf aufwecken und nach dem Rezept fragen." Josefine Rohrer, jobbt bei 'Kuchentratsch'

Im Schnitt 18 Stunden im Monat arbeitet Josefine Rohrer für das Unternehmen. Nach zwei Jahren im Ruhestand wollte sie wieder tätig werden. Auch, weil sich Babypause, Scheidung und zehn Jahre Teilzeitarbeit negativ auf ihre Rente auswirken.

Altersarmut trifft Frauen wie Männer

Wie Josefine Rohrer sind überall in Bayern Frauen im Rentenalter aufgrund ihrer Erwerbsbiografien armutsgefährdet. Und es trifft auch Männer. Wie Reinhold Gyürü aus Regensburg. Der 73-jährige hat sein Leben lang gearbeitet, bis ihn seine damalige Lebensgefährtin mit drei Kindern verließ. Er ist herz- und lungenkrank, 22 Stunden am Tag auf ein Sauerstoffgerät angewiesen. Pro Monat bekommt er 705 Euro Altersrente, dazu 200 Euro Grundsicherung. Abzüglich Miete, Strom und anderer Fixkosten bleiben dem Rentner rund 274 Euro für Essen, Kleidung oder Medikamente.

"Bleibt überhaupt nix übrig. Was heißt da gönnen oder so sonst, da geht gar nix mit gönnen. Es is scho a mal a Apfeltasche oder naja, guat, hauptsächlich der Kaffee, bin a Kaffeetrinker, also meinen Kaffee des geht scho." Reinhold Gyürü, Rentner

Um über die Runden zu kommen, besucht der gebürtige Regensburger regelmäßig die "Fürstliche Notstandsküche des Hauses Thurn und Taxis". Hier werden Bedürftige von Montag bis Freitag mit einem warmen Mittagessen versorgt. Um hier essen zu dürfen, braucht man einen Berechtigungsschein der Caritas. Bedürftige gibt es genug, weiß Brigitte Weißmann von der Familien- und Seniorenhilfe beim Regensburger Caritasverband.

"Die Altersarmut müsste eigentlich wirksam bekämpft werden. Es kann nicht sein, dass die Menschen, also die Senioren, ihre Heizung runter drehen, dass sie bei der Tafel einkaufen, dass sie einfach nicht ausgehen können. Das grenzt die Menschen aus." Brigitte Weißmann, Caritas Regensburg

Man habe den Eindruck, dass Altersarmut als gesellschaftliches Problem "nicht ernst genommen" werde, sagt Brigitte Weißmann. Solange sich nichts ändert, müssen Menschen wie Josefine Rohrer und Reinhold Gyürü auf ihre Weise klarkommen.