Haben die Hygieneregeln, die seit der Corona-Pandemie gelten, auch Auswirkung auf andere Erkrankungen? Gibt es in diesem Jahr etwa weniger Schnupfen-, Husten- oder Erkältungsgeplagte, weil sich viele Menschen nicht mehr die Hände zur Begrüßung schütteln und sich häufiger und länger die Hände waschen oder Mund-Nasen-Schutz tragen?
Apotheker verkauft weniger Grippe-Arzneien
Ein Nürnberger Apotheker hat in diesem Jahr zumindest einen geringeren Absatz entsprechender Medikamente festgestellt.
Mirko Bender steht in einer seiner Apotheken in Nürnberg. Hinter ihm in den Regalen sind Hustensäfte, Nasensprays, Hals- und Grippetabletten aufgereiht. Es sind die üblichen Mittel gegen Erkältungen und Grippe. Doch deren Verkauf ist stärker gesunken als im Sommer üblich, berichtet der Apotheker. Eigentlich seit den Corona-Ausgangsbeschränkungen im März.
Hygieneregeln auf Dauer sinnvoll
"Durch die Lage mit Corona und den Hygienemaßnahmen kaufen die Leute auf jeden Fall weniger", sagt Bender. Obwohl sein Umsatz von Erkältungsmitteln gesunken ist, findet der Apotheker die aktuellen Hygieneregeln wie regelmäßiges Händewaschen und die Hustenetikette gut. Für die Zukunft wünscht er sich, dass diese Regeln auch weiterhin vorbildlich eingehalten werden.
Angst vor dem Arzt?
Was sich laut dem Apotheken-Inhaber aber auch bemerkbar macht: Menschen würden nicht nur weniger Grippe- und Erkältungsmedikamente kaufen, sondern auch seltener zum Arzt gehen. Für Bender ist das ein alarmierendes Zeichen: Die Menschen würden lieber krank zu Hause bleiben, als in die Arztpraxen zu gehen – zu groß sei die Angst vor einer Ansteckung.
RKI: Deutlich weniger grippeähnliche Erkrankungen
Aber es ist nicht nur die Angst vor der Ansteckung, offenbar gehen die Zahlen der Sommergrippe und Erkältungskrankheiten tatsächlich zurück. So meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem Grippe-Bericht Anfang Juli: "Die wegen der COVID-19-Pandemie geschlossenen Kitas und Schulen und die von der Bundesregierung beschlossenen Kontaktbeschränkungen scheinen zu einer deutlichen Reduzierung von grippeähnlichen Erkrankungen vor allem in den jüngeren Altersgruppen beigetragen zu haben."
Weniger schwere Fälle von Asthma und chronischer Bronchitis
Der Chefarzt und Spezialist für Lungenerkrankungen am Klinikum Nürnberg, Professor Dr. Joachim Ficker, sieht zwar keinen Zusammenhang zwischen dem Rückgang von einfachen Erkältungen und den Hygienemaßnahmen. Die meisten Erkältungen seien "banal" und würden daher nicht in Statistiken auftauchen.
Was aber an den Kliniken beobachtet werden kann, sind weniger Fälle von Asthmaerkrankungen und chronischer Bronchitis. "Und das ist eine erfreuliche Angelegenheit, wenn die bestehenden Hygienemaßnahmen in der Lage sind, andere Atemwegsvirusinfektionen zu verhindern", sagt der Lungenspezialist.
Hygiene vermindert Infektionsrisiko
Zwar gebe es keinen hundertprozentigen Schutz, aber die Zahl der Übertragungen und das Infektionsrisiko könne durch die Hygieneregeln vermindert werden, erklärt Professor Dr. Joachim Ficker. Er ist allerdings dagegen, dass diese vom Staat vorgeschrieben werden.
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