Mehrere Frauen stehen in der Fußgängerzone im Kreis um eine Frau herum, die etwas erzählt. Links von den Frauen ist eine Figur aus Stein zu sehen.
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Zum Weltfrauentag sind 30 Frauen von der Welterbestadt Bamberg zu einer besonderen Führung durch die Stadt eingeladen worden.

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Weltfrauentag: Stadtführung zeigt den harten Alltag der Frauen

Am internationalen Frauentag haben Frauen an einer besonderen Stadtführung durch Bamberg teilgenommen. Die Geschichte einer Stadt ist auch immer die Geschichte der Frauen, die dort gelebt haben. Und nicht nur in Bamberg ist die nicht glamourös.

Zum Weltfrauentag sind 30 Frauen von der Welterbestadt Bamberg zu einer besonderen Führung eingeladen worden. Bei dieser Führung wird die Geschichte der Stadt aber nicht wie gewohnt dargestellt, sondern explizit aus der Sicht der Frauen - vom Mittelalter bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Leben der Frauen war damals nicht einfach, das wird gleich zu Beginn der Führung deutlich.

Im wichtigsten Wirtschaftszweig der Stadt, bei den Gärtnern, lief nichts ohne die Frauen. "Es durfte keine Werkstatt oder kein Betrieb eröffnet werden, wenn der Mann nicht verheiratet war", erzählt die Stadtführerin Astrid Kohl-Zahner. Denn die Auszubildenden hätten mit in den Familien der Unternehmer gelebt und die Frau habe sich um sie kümmern müssen. Die Frau war für ihre Versorgung und das Waschen der Wäsche zuständig, erklärt die Stadtführerin. Aber auch auf den Feldern haben die Gärtnersfrauen bei der Ernte gearbeitet und beim Verkauf auf dem Markt. Einige Gärtnerinnen hätten damals von der harten Arbeit Rückenbeschwerden und gesundheitliche Probleme bekommen, so Kohl-Zahner.

Ehe zum Überleben notwendig

Vom Markt in der Fußgängerzone bringt die Stadtführerin die Frauen auf der Tour zu der Kirche "Unsere Liebe Frau". Oberhalb des Eingangs sind Skulpturen von Frauen zu sehen, die nicht besonders glücklich aussehen. Diese sogenannten törichten Jungfrauen sehen gequält aus, weil sie nicht in den Brautsaal durften, erklärt Kohl-Zahner. Die Ehe war lange Zeit das Wichtigste im Leben jeder Frau. Der Mann sei zum Überleben notwendig gewesen, denn er war Versorger und auch Vormund der Frau. Unverheiratete, die keinen Mann hatten, wurden von der Familie ins Kloster geschickt, erzählt die Stadtführerin. Manche Frauen hätten sich aus Geldmangel sogar prostituieren müssen.

Die Stadtführerin bleibt vor einem gelben, alten Haus stehen. In diesem Gebäude war in Bamberg Mitte des 15. Jahrhunderts das städtische Bordell. Damals wurde es Frauenhaus genannt und deshalb heißt die Straße in Bamberg heute auch noch Frauenstraße, so Kohl-Zahner. Da die Ehe damals eine Zweckgemeinschaft war, hätten das Bordell im Mittelalter in der Frauenstraße einige Freier besucht.

Ungewollte Schwangerschaft konnte zum Tod führen

Für die Frauen damals, war eine ungewollte Schwangerschaft ein Alptraum. Frauen mit unehelichen Kindern hätten sogar ermordet werden können, ohne dass der Täter zur Rechenschaft gezogen wurde, so die Stadtführerin. In den Bordellen hätte man damals mit Schafsdärmen verhütet. Wenn es trotzdem zu einer Schwangerschaft kam, hätten viele Frauen versucht das Kind abzutreiben. Dazu hätte man aus dem Sadebaum einen Tee gewonnen, der sehr giftig gewesen sei. Manche Frauen seien daran gestorben, erzählt Kohl-Zahner.

Als letzte Rettung für Frauen, die ein uneheliches Kind hatten, gab es eine Art Frauenhaus, das von Nonnen betrieben wurde. Es befinden sich in der Innenstadt neben dem Maxplatz. Astrid Kohl-Zahner zeigt auf einen kleinen zugemauerten Gang. Das sei der sogenannte Nonnengang gewesen, der zum Marterhaus führte. "Das Marterhaus war eine Art soziale Einrichtung für gefallene Mädchen. Ein gefallenes Mädchen war eine Frau, die ein uneheliches Kind hatte oder auch eine Prostituierte", erzählt die Stadtführerin.

Frauen sollen am Weltfrauentag ihre Rechte einfordern

Die Frauen bei der Stadtführung sind berührt und schockiert von dem Leid, das viele Frauen hunderte von Jahren erlitten haben. So wie das Leben damals im Mittelalter war, so sei es heute auch noch in anderen Ländern. "Zum Beispiel in Afghanistan haben es die Frauen noch ähnlich schwer wie damals", so eine Teilnehmerin der Führung.

Astrid Kohl-Zahner betont zum Ende ihrer Stadtführung, dass es beim Weltfrauentag nicht um Geschenke oder Blumen für die Frauen gehe. Zum Weltfrauentag sei wichtig, dass Frauen ihre Rechte einfordern. "Und wenn ich mir vorstelle, dass eine Frau, die die gleiche Arbeit macht, weniger verdient als ein Mann, dann haben wir noch viel zu tun", so die Touristenführerin.

Steinskulpturen von Frauen an der Fassade einer Kirche.
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Eine besondere Stadtführung durch Bamberg

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