Bischof Bohdan Dzyurakh ist zuständig für diejenigen Ukrainer, die in Deutschland und Skandinavien leben und nicht orthodox, sondern katholisch sind. Sein Amtssitz ist in München, aber er ist in letzter Zeit viel unterwegs gewesen und hat mit vielen Menschen seiner Gemeinde gesprochen. Er erzählt, was er in der Vorweihnachtszeit besonders berührend fand: "Wenn wir die Briefe an den heiligen Nikolaus von Kindern aus der Ukraine erhalten, schreiben sie ganz ungewöhnliche Bitten. Außer Süßigkeiten und Spielzeuge, wie es sich an Weihnachten gehört, schreiben sie fast in jedem Brief: Heiliger Nikolaus, gib, dass der Krieg in meiner Heimat zu Ende ist, gib, dass mein Vater zurückkehrt in meine Familie und bring mir bitte ein Thermos, damit ich einen warmen Tee in die Schule nehmen darf."
Manches klingt wie aus historischen Spielfilmen
Geschenke haben die ukrainischen Kinder schon bekommen, die gibt’s nach dortigem Brauch schon zu Nikolaus: zum Beispiel Thermoskannen und Handyauflade-Stationen. Es gelten andere Prioritäten in Kriegsweihnachtszeiten. Manches, was Bischof Bohdan Dzyurakh erzählt, klingt wie aus historischen Spielfilmen, zum Beispiel, dass viele Familien Angst haben, zu erfrieren: "Wir erwarten sowohl in der Ukraine als auch hier im Ausland eine neue Welle von Flüchtlingen, die vor Kälte weglaufen müssen. Das ist eine neue Herausforderung."
Von Russland losgesagt
Die russisch-orthodoxe Kirche in der Ukraine hat sich in diesem Jahr von Russland losgesagt. Manche Ukrainer haben dieses Jahr sogar Weihnachten am 24. Dezember gefeiert und nicht am 7. Januar, wie bei orthodoxen Christen üblich. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill segnete wiederholt den Krieg, unterstützt die Linie von Präsident Putin voll und ganz.
Gespräche zwischen ukrainischen und russischen Kirchen gäbe es nicht, so der Bischof. Orthodoxe Kirchen merken jetzt, dass es ein Nachteil ist, national organisiert zu sein. Im Gegensatz dazu ist die ukrainisch-katholische Kirche international deutlich vernetzter. Auf die Hilfe der Caritas kann Bischof Dzyurakh deshalb hoffen.
Hilfe für die Ukrainer: Der Bischof hat drei Wünsche
Wer hier in diesen Weihnachtstagen etwas für die Ukraine tun will, für den hat Bohdan Dzyurakh drei Wünsche: "Vor allem bitte ich weiterhin um Gebet. Das sage ich nicht nur, weil ich ein Bischof bin. Ich bin tief überzeugt, die Kriege machen die Menschen, Frieden kommt von Gott. Zweitens, dass man auch einen gewissen Einfluss auf politische Entscheidungen ausübt. Wir erwarten uns sehr viel von einer deutschen Führung in europäischen Strukturen. Gerade Deutschland hat eine sehr schmerzhafte Geschichte im 20. Jahrhundert erlebt. Deshalb sagen wir: Deutschland muss eine führende Rolle spielen in der Wiederherstellung des Friedens. Und drittens, wofür wir ihnen allen dankbar wären, ist weitere humanitäre Hilfe, insbesondere in dieser Winterzeit."
Die Gemeinden müssen Familienersatz sein
Die kommenden Tage werden für viele ukrainische Familien besonders traurig werden. Wie bei uns auch, trifft man sich zu Weihnachten mit der Familie – mit der Großfamilie. Dieses Jahr aber finden sich viele zerstreut wieder, viele bangen um Angehörige, und wenn am am 6. Januar, am Heiligen Abend laut Ost-Kirchen-Kalender, die große Weihnachtshoffnung auf Frieden verkündet wird, sagt Bischof Bohdan Dzyurakh, dann kommt auf die Gemeinden und Vereine eine neue Aufgabe zu: Familienersatz zu sein.
"Wir versuchen, die Familien geistlich zu begleiten, aber auch menschlich zu unterstützen. Wir wollen verschiedene Veranstaltungen bei den Pfarreien organisieren, damit die Leute zusammenfinden können, damit sie dieses Familiengefühl bekommen können. Und insbesondere am Heiligen Abend, wo normalerweise jede Familie in der Ukraine zusammenkommt, gemeinsam zu beten und dann in die Kirche zu gehen, um das neugeborene Kind Gottes zu verherrlichen."
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