Familie Awad-Al Mekdad führt durch den Flur an Lametta vorbei ins Wohnzimmer. Dort steht in der Ecke ein kleiner künstlicher Christbaum, geschmückt mit bunten Kugeln und Lichtern. Schon seit dem ersten Advent, wie es in immer mehr Haushalten üblich ist. Daneben sind die Adventskalender aufgereiht, auf der Fensterbank liegt ein Adventskranz. Den hat der siebenjährige Gibran selbst gebastelt, als seine Eltern am ersten Advent noch geschlafen haben, erzählt er.
Weihnachten als Kindheitserinnerung feiern
Seine Eltern, Siwar und Sulafah, kommen aus der syrischen Hauptstadt Damaskus. Beide sind muslimisch, wurden aber nicht streng religiös erzogen. Ihre Eltern wollten, dass sich die Kinder selbst für eine Religion entscheiden. Genau das wollen Siwar und Sulafah jetzt auch für ihre Kinder. Sulafahs Mutter ist deutsche Christin, deshalb ist sie mit Weihnachten aufgewachsen: "Für mich war das immer die Erinnerung an meine Kindheit. Jetzt, wo wir hier in Deutschland sind, wollen wir auch, dass unsere Kinder das miterleben."
Kinder fordern mehr Weihnachts-Traditionen ein
Aber auch schon vor den Kindern haben Siwar und Sulafah immer zu zweit Weihnachten gefeiert: "Damals war es anders, nicht so feierlich", erinnert sich Vater Siwar. Mittlerweile gehören für sie mehr "Rituale" dazu, wie Sulafah erklärt, zum Beispiel der Adventskranz: "Weil halt Gibran jetzt älter wird und das alles mitkriegt und der das unbedingt haben will." Für Gibran ist an Weihnachten das Wichtigste, dass die Familie zusammen kommt – und natürlich die Geschenke.
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Weihnachtsdekoration genießen, aber Fest nicht feiern
Dass Weihnachten vor allem für die Kinder sehr interessant ist, erzählt auch Emina Salman-Saljaj aus Waldkraiburg. Sie kommt ursprünglich aus Bosnien-Herzegowina und erlebt mit ihrer Familie dieses Jahr zum zweiten Mal Weihnachten in Oberbayern. Sie selbst feiern das Fest allerdings nicht: Immerhin sei es ein christlicher Feiertag und sie würden die muslimischen Feiertage feiern.
Die gelten hier im christlich geprägten Bayern nicht als arbeitsfreie Tage. Es sei schade, dass ihr Mann am Zuckerfest nach Ramadan arbeiten müsse, meint Emina Salman-Saljaj. Trotzdem freut sie sich über Weihnachten: "Ich finde es sehr schön, alle Leute genießen die Dekorationen, Geschenke, Glitzer, Kerzen – für die Kinder ist das wunderbar."
Erinnerungen an das erste Weihnachten in Bayern
Mohammad Mohammadi aus Mühldorf kann sich noch gut an sein erstes Weihnachten in Bayern vor fünf Jahren erinnern. Damals war er 14 Jahre alt und hat mit seiner Familie in einer Flüchtlingsunterkunft in Waldkraiburg gelebt: "Ich wusste, dass 'Christmas' existiert, aber nicht, was dort gefeiert wird."
Seine Deutschlehrerin hat ihm und den anderen Kindern damals die Weihnachtsgeschichte und –Traditionen erklärt, erinnert sich der BWL-Student. Sie habe ihnen Weihnachtslieder beigebracht und eine große Feier mit Geschenken für alle organisiert.
Kleine Geschwister fordern sogar Weihnachtsbaum
Von der Deutschlehrerin, die mittlerweile eine gute Freundin der Familie geworden ist, haben Mohammad und seine Geschwister auch dieses Jahr wieder Weihnachtsgeschenke bekommen. Er selbst hat für seine kleinen Geschwister auch etwas besorgt. Die würden das in der Schule mitkriegen und dann auch eine Weihnachtsfeier und Geschenke haben wollen.
Letztes Jahr hat sein Vater deshalb sogar extra einen Christbaum besorgt, weil die Kleinen sich das gewünscht hatten. "Meine Geschwister sollen nicht ausgeschlossen werden, wenn andere Kinder das auch haben", erzählt der große Bruder.
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Zu viel Konsum an Weihnachten
Die Grundidee von Weihnachten findet Mohammad sehr schön: Zeit mit der Familie verbringen, Essen und Reden. Allerdings wird seiner Meinung nach in Deutschland an Weihnachten zu viel konsumiert. Die Geschäfte seien überfüllt, es werde extrem viel eingekauft und sehr viel Geld ausgegeben.
"Es sollte eigentlich nicht nur um die Geschenke gehen, darum geht es ja auch in der Religion nicht", findet der 19-Jährige, der im Iran aufgewachsen ist. Jesus selbst, der auch im Islam ein wichtiger Prophet sei, sei ja auch in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Als sehr religiös würde Mohammad sich selbst und auch seine Familie aber eher nicht bezeichnen.
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