Immer mehr Schulabgänger wollen in ihrem Berufsleben etwas Sinnvolles machen, das mit Umwelt zu tun hat. Doch da gibt es ganz unterschiedliche Zugänge, erklärt Andrea Kick. Sie leitet die Studienberatung an der TU München:
"Grundsätzlich führen ganz viele verschiedene Studiengänge und Bereiche zu dem Thema Umwelt, also Umwelt im Berufsalltag. Nehmen wir mal die Elektrotechnik. Da kenne ich ein paar ganz tolle Projekte, da geht es um sparsame Elektroautos." Andrea Kick, Studienberatung TU München
Klimarelevante Forschung und Lehre
18.000 Studiengänge gibt es aktuell in Deutschland. Zwar haben nur wenige das Wort "Umwelt" oder gar "Klimaschutz" im Namen, aber auch wer Agrarwissenschaften studiert oder etwa Geodäsie – also Erdvermessung: In jedem Fach können die Studenten einen Schwerpunkt setzen und sich spezialisieren in Richtung Umwelt oder Klima.
Und sogar in der Grundlagenforschung können Studenten sich für die Umwelt engagieren. Chemiker der TU München haben etwa ein Verfahren entwickelt, wie Algen im Meer in großer Menge Kohlendioxid binden können und daraus dann umweltfreundliche Carbonfasern hergestellt werden können. Wenn sich das Verfahren durchsetzt, wäre das relevant für den Klimaschutz.
Stustainable Resource Management
Zwei Studiengänge an der TU München sind auch komplett auf Klimaschutz zugeschnitten: Der eine – eher technisch - ist angesiedelt am Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen, der andere am Lehrstuhl für Ökoklimatologie.
Katharina Küpfer studiert dort im Internationalen Master-Studiengang "Sustainable Resource Management", auf deutsch: "Nachhaltiges Ressourcen-Management". Dort lernt sie, zu verstehen und zu erklären, wie das Klima funktioniert, und berechnet Klimafolgen für die Zukunft – die eigentlich schon unsere Gegenwart ist. Sie sagt: "Auch eine Erwärmung von 1,5 oder 2 Grad hat einen großen Effekt auf die Biodiversität. Es gibt ja auch jetzt schon diese Extremereignisse. Was mich besonders schockiert hat, ist, dass es eben ein Phänomen ist, das schon da ist, und dass es keine Zukunftsmusik ist."
#Fridays4Future - Zeigen, wie bestürzt man ist
Der Klimawandel ist da, er lässt sich nicht mehr verhindern. Wir können aber die Folgen noch abmildern, meint die Studentin und hofft, dass der Handlungsdruck auf die Politik Folgen hat, zum Beispiel die "FridaysforFuture"-Demonstrationen:
"Ich denke, dass es eigentlich jeden betrifft. Da sind nicht nur die Schüler gefragt. Es ist natürlich für die Schüler am relevantesten, die haben noch am meisten Zukunft vor sich, aber wir Studierenden haben ja auch noch hoffentlich eine lange Zukunft vor uns, und ich denke, dass es da an jedem ist, auch demonstrieren zu gehen und sein Engagement zu zeigen oder auch zu zeigen, dass man es bestürzend findet, wie sich das alles momentan entwickelt." Studentin Katharina Küpfer
Internationaler Studiengang
120 Studienplätze gibt es jedes Jahr für den Studiengang "Sustainable Ressource Management". Geleitet wird er von Ökoklimatologin Annette Menzel: "Die Nachfrage ist nach wie vor hoch und die Bewerbungen sind weitaus höher als die Anzahl der Studierenden, die zugelassen werden. Das sind manchmal 400 oder 500 Bewerbungen um diese Studienplätze."
Viele der Bewerber kommen dabei aus dem Ausland, zum Beispiel aus Australien, Neuseeland, Indien, Bhutan, Nepal, USA, Japan, Canada, Mexiko, Costa Rica, Marokko, Tunesien oder Simbabwe; insgesamt 46 Nationen gibt es bei ihr im Kurs, erzählt Studentin Jainy Shah aus Indien:
"Als Kind wächst du auf, und du siehst all diese Umweltprobleme, und ab einem bestimmten Punkt verstehst du, dass wirklich etwas getan werden muss dagegen, weil schon viel zu lange nichts dagegen getan wurde und alles nur immer schlimmer wurde. Aber wir in Indien haben keine spezifischen Kurse zum Klimawandel, jedenfalls nicht da, wo ich herkomme. Deswegen habe ich zuerst Umweltingeneurwissenschaften studiert, das war der erste Schritt, und danach habe ich meinen Traum realisiert und studiere jetzt den Klimawandel."
Die Klimaschutzfunktion des Waldes und die Verbrennung von Kohle
Zu den Studieninhalten gehören Abbau und Verfeuerung von Braunkohle genauso wie die Klimaschutzfunktion des Waldes oder die Wasserversorgung in Schwellenländern. Und natürlich das Schmelzen der Gletscher, das die Klimaforscher derzeit – noch! – in Oberbayern erkunden:
"Wir beginnen da an der höchstgelegenen Forschungsstation in Bayern auf dem Schneeferner-Haus, schauen uns einen der letzten fünf in Bayern verbleibenden Gletscher an, also diesen nördlichen Schneeferner: weniger Schneefall, kürzere Wintersaison - was hat das denn für Auswirkungen auf die Wasserversorgung beispielsweise in Garmisch, auf die Wasserkraft-Nutzung am Walchensee-Kraftwerk auf nachhaltige Fischereinutzung in Österreich gerade über die Grenze hinüber?" Annette Menzel, Professorin für Ökoklimatologie
Wo sind die "Kipp-Punkte", die "Points of no return"?
Der Studiengang Sustainable Ressources Management ist zwar in erster Linie ein naturwissenschaftlicher Master-Studiengang, trotzdem können Bachelor-Absolventen ganz verschiedener Bereiche zugelassen werden, Politologen ebenso wie Ingenieure. So wie ja auch die Folgen des Klimawandels alle betreffen:
"Wie vielfältig diese Auswirkungen sein können, wie wir jetzt mit Extremen umgehen, was passiert, wenn verschiedene Extreme aufeinander folgen, welche schlimmen Auswirkungen das auf unsere Natur hat, die Frage der Kipp-Punkte: Was können wir uns eigentlich noch leisten, bis wir so einen Kipp-Punkt erreicht haben, wo wir eine Situation, einen Prozess haben in diesem Klimasystem, der eigentlich nicht mehr reversibel ist."
Angesichts dieser Herausforderungen, meint Menzel, sei jeder Euro für Forschung und Lehre "bestens angelegt".