Pflegeroboter "Pepper" mit einem Tablet-PC vor seiner Brust
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Fachkräfte-Mangel auch in der Pflege. Ein Lösung: Roboter und Künstliche Intelligenz. Doch welche Rolle können sie in der Pflege spielen?

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Was Roboter in der Pflege leisten können

Es fehlt an Fachkräften für die Betreuung von Menschen. Ein Lösungsansatz: Roboter und Künstliche Intelligenz. Doch welche Rolle können und sollen sie in der Pflege spielen? Darüber haben Experten in Allmannshofen diskutiert.

"Die Toilette kann medizinische Daten messen und an einen Arzt weiterleiten", erklärt Kristina Knobloch von der Hochschule Kempten. Nur eine von vielen technischen Neuerungen, die in einer speziellen Wohnung für Senioren getestet werden. Auch Stürze soll die Technik verhindern, indem Schränke hoch– und heruntergefahren werden können, damit niemand mehr vom Hocker fällt. "Sollte ein Mensch doch stürzen, dann gibt es Sensoren im Boden, die das erkennen und automatisch Alarm auslösen", so Knobloch.  

Technik soll Fachkräfte entlasten 

Auf einer Fachkonferenz im Kloster Holzen im schwäbischen Landkreis Augsburg haben Hersteller Roboter und digitale Lösungen für die Pflege präsentiert. Das Ziel: Den Fachkräftemangel mit Hilfe moderner Technik zumindest ein Stück weit zu beheben. Schon jetzt fehlen überall qualifizierte Arbeitskräfte, bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Pflegebedürftigen Schätzungen zufolge um weitere zwei Millionen ansteigen. Ohne digitale Unterstützung könnte die Betreuungszeit deutlich sinken oder Pflegekräfte stärker belastet werden. Denn allein durch die Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland wird sich die Notlage beim Personal wohl nicht beheben lassen, schätzen Experten.  

Roboter kann Autisten helfen 

Das Dominikus-Ringeisen-Werk, eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung hat bereits Erfahrungen mit Robotern gesammelt. "Pepper" ist schneeweiß, etwa 1,20 Meter groß und blickt Stefan Quicker an, den Leiter des Forschungsprojekts: „Du sprichst schön bayerisch, da muss ich noch viel lernen“, sagt Pepper und blinzelt. Er kann sich auch verbeugen und die Hand schütteln. "Wir haben ihn eingesetzt bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung. Denn die sind schnell überfordert mit der Mimik und Gestik von Menschen. Pepper hat dagegen immer die gleiche Mimik und puffert das ab." Doch wie weit ist die smarte Technik schon entwickelt? Werden Pflegekräfte womöglich bald von Robotern oder künstlicher Intelligenz ersetzt?  

Avatar übersetzt Gebärdensprache 

"Der Technik fehlt die Erfahrung aus der komplexen realen Welt“, betont Elisabeth André. Sie ist Informatikerin, beschäftigt sich mit menschzentrierter künstlicher Intelligenz und hat für ihre Arbeit schon den renommierten Leibniz-Preis gewonnen. In Teilbereichen sei die Technik aber schon sehr weit entwickelt und könne den Menschen entlasten und ihm nützliche Dienste erweisen, so André. Sie hat einen Avatar entwickelt, der Gebärden dolmetschen kann. "Unser Ziel ist es, den Menschen möglichst viel Teilhabe zu ermöglichen", sagt André. Das System lernt selbst anhand unzähliger Daten, um so Texte richtig in Gebärdensprache, aber auch Gestik und Mimik wiederum in Schriftsprache zu übersetzen.  

Zeitgewinn oder Zeitfresser?  

Auf der Fachtagung ist neben viel Offenheit für moderne Technik aber auch Skepsis zu hören. "Das Personal ist ohnehin dünn gesät. Wenn es sich dann noch mit Assistenzsystemen beschäftigen muss, da habe ich schon Bedenken", sagt die Teilnehmerin einer Podiumsdiskussion. Dass der Einsatz von Technik allein Probleme löst, glaubt auf der Konferenz niemand. "Aber wir können durch den richtigen Einsatz Zeit sparen", betont Bruno Ristok, Geschäftsführer von C&S Computer und Software in Augsburg. Die Firma stellt unter anderem eine Anwendung her, bei der Pflegebedürftige verschiedene Dinge wie etwa Getränke über ein Tablet bestellen oder sich digital in ihrer Einrichtung abmelden können, wenn sie das Haus verlassen. "Das entlastet Pflegekräfte. Wir gehen davon aus, dass durch die Verbindung mit anderen Maßnahmen wie Aufstehbetten pro Pflegekraft 15 Stunden monatlich eingespart werden können. Wenn sie das deutschlandweit hochrechnen, sprechen wir von 100.000 zusätzlichen Pflegekräften, allein in der stationären Altenhilfe", so Ristok.   

Der Mensch im Mittelpunkt 

Beim Thema "Roboter und KI in der Pflege" gibt es allerdings auch noch offene Fragen. Etwa die nach Datenschutz und Privatsphäre oder inwieweit künstliche Intelligenz am Ende vielleicht auch Menschen bevormunden könnte. Der Deutsche Ethikrat wird kommende Woche ein 200 Seiten starkes Papier mit Empfehlungen vorlegen wie sich die Beziehung zwischen Mensch und Maschine idealerweise gestalten sollte. Die Augsburger Professorin Kerstin Schlögl-Flierl gehört ihm an: "Negativ wäre, wenn am Ende nicht mehr ein Mensch entscheidet. Die zentrale Frage ist, wie dienen Roboter und Künstliche Intelligenz dem Menschen, ein gelingendes Leben zu führen. Das sollte letztlich unser Ziel sein."

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