Ein voller Radlständer und zwei Radfahrerinnen bei Roche in Penzberg
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Fahrradfreundlicher Arbeitgeber: Gelände von Roche in Penzberg

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Was Betriebe von radelnden Mitarbeitern haben

Der Fahrradclub ADFC zeichnet fahrradfreundliche Betriebe in Deutschland aus. Dass Radeln gesund hält, leuchtet ein. Aber was haben eigentlich die Betriebe davon, die Fahrradfahren fördern?

Mitarbeiter, die mit dem Rad zur Arbeit kommen, haben ein Drittel weniger Krankheitstage als der Durchschnitt der Arbeitnehmer – das hat eine Untersuchung der Uni Frankfurt herausgefunden. Der erste Betrieb in Bayern, der vom Fahrradclub ADFC als fahrradfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet wurde, war die Firma Roche in Penzberg.

Zwei Leasingräder pro Arbeitnehmer

Bei Roche hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf zwei Leasingräder im Wert von momentan 10.000 Euro, erzählt Wolfgang Schek, Mobilitäts-Manager am Standort Penzberg. Zwei Fahrräder – damit der Partner auch eins hat, das erhöht die Motivation; und für den Preis gibt es auch schon Pedelecs, mit denen man von weiter her radeln kann. Im Moment nutzt im Sommer etwa ein Fünftel der 6.000 Beschäftigten am Standort das Rad für den Weg zur Arbeit. Dort warten überdachte Abstellplätze direkt vor den Büros, an Servicestationen auf dem Gelände kann man sein Rad aufpumpen und warten.

Attraktiv für Betrieb und Fachkräfte

Mobilitäts-Manager Schek erläutert die Vorteile für den Betrieb. Die Fahrradfreundlichkeit ist Teil eines umfassenden Konzepts, Mitarbeiter ohne Auto zur Arbeit und zurück nach Hause zu bekommen – mit Shuttlebussen, Job-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr und eben Leasingrädern. Die Arbeitnehmer können wählen, je nach Wetter oder persönlicher Situation, jeden Tag. Viele Arbeitskräfte, die in Großstädten ausgebildet würden, hätten gar kein Auto mehr, so Schek – für die sei es durchaus ein Argument für einen Job in Penzberg, wenn der Betrieb Leasingräder anbietet.

Nicht zu unterschätzen ist auch der eingesparte Platz. Roche wächst in Penzberg. Weil mehr Mitarbeiter ihr Auto zu Hause stehen lassen, kann der Betrieb auf einen Parkplatz mit gut 800 Stellplätzen verzichten und dort ein neues Laborgebäude bauen.

Von Fahrrad-Reparatur bis zu Duschen

Betriebe, die sich als fahrradfreundlich zertifizieren lassen, arbeiten eine Checkliste in einem Handbuch des ADFC ab, und bekommen am Ende eine Urkunde in Gold, Silber oder Bronze, je nachdem, wieviele Punkte sie erreicht haben. Die Punkte im Handbuch reichen von vorhandenen Waschmaschinen und Duschen über Möglichkeiten der Radl-Reparatur bis hin zur Schaffung der Stelle eines Mobiltäts-Beauftragten im Betrieb.

Jüngste zertifizierte Institution ist der Campus Pfarrkirchen der Hochschule Deggendorf – die Urkunde wurde am 15. März 2023 überreicht. Am Campus gibt es zum Beispiel eine permanente Reparatur-Säule mit Werkzeugen, einmal in der Woche bieten Studenten in der bike-Station einen Reparatur-Service. Für die Fahrt ins Zentrum von Pfarrkirchen stehen Dienstfahrräder bereit. Die Hochschule erforscht gerade die Daten von Fahrradcomputern. Sie sollen Aufschluss geben, welche Maßnahmen wie erfolgreich dabei sind, Studierende und Mitarbeiter zum Umsteigen aufs Rad zu bewegen.

Der erste Fahrrad-Kontakt für manche Studierende

Am Campus studieren fast 1.400 Menschen aus 80 Ländern, es ist eine der ganz wenigen komplett englischsprachigen Hochschulen in Deutschland. Viele Studenten aus dem Ausland, berichtet der Mobilitäts-Beauftragte Professor Michael Laar, treffen hier das erste Mal mit dem Fahrrad zusammen – entweder weil es in ihrer Heimat gar nicht als Verkehrsmittel genutzt wird, oder weil es als Fortbewegungsmittel für Arme gilt.

Sherif aus Ägypten studiert seit 2020 in Pfarrkirchen das Fach Gesundes und nachhaltiges Bauen. Er erzählt, dass in seiner Heimatstadt Kairo Fahrradfahren so gut wie unmöglich sei – für Räder sei gar kein Platz mehr auf der Straße. Hier in Pfarrkirchen allerdings sei das Fahrrad ideal für ihn: "Wenn ich Stress habe, und dann rausgehe und mit dem Fahrrad fahre, wird der Stress weniger."

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