Die Münchner Richter hatten das Urteil kaum gesprochen, da gab es auch schon wutentbrannte Kommentare auf BR24 Facebook.
"Und mia derfa den sei 'Gesundstreichelung' durch Psychiater a no zoin, do foid da nix mehr ei!" Facebook-User Erwin Sch.
An Florian Alte, dem Verteidiger von Paul H., ist das nicht spurlos vorüber gegangen: "Ich muss gestehen, ich habe es schon gelesen". Zehn Tage nach dem Urteil wirkt auch dieses Echo in der Facebook-Timeline von BR24 bei dem Rechtsanwalt nach: "Erschreckend, wie viel Unwissen sich hier offenbart. Die Leute ahnen nicht, was für schlimme Auswirkungen psychische Krankheiten haben".
Wir haben einen Experten mit solchen Aussagen auf Facebook konfrontiert: Professor Kolja Schiltz, er ist der Leiter der Abteilung Forensische Psychiatrie an der LMU München.
"Wenn jemand einen Menschen umbringt und eine psychische Störung anmeldet, kommt er in die staatliche Luxuspension. Armes Deutschland." Facebook-User Dietrich H.
"Ich möchte sagen, was die Betroffenen, also die Straftäter, dazu denken. Die würden oft lieber ins Gefängnis gehen, weil man dort nach dem Ablauf der Freiheitsstrafe frei kommt. Das ist in der Forensik nicht garantiert. Dort endet die Unterbringung erst, wenn die Gefährlichkeit nicht mehr vorliegt. " Kolja Schiltz
Rechtsanwalt Florian Alte hat zudem beobachtet: "Im Gefängnis kann es deutlich einfacher sein als in der Forensik, vorzuspielen, man sei geheilt und geläutert".
"Solche Kopfkranken gehören lebenslänglich weggesperrt." Facebook-Userin Karin M.
"Im Gefängnis wäre möglicherweise hin und wieder ein Arzt da, der den Patienten sehen würde. Aber es wäre keine kontinuierliche Behandlung, die genau die Krankheit anspricht und somit auch die Gefährlichkeit des Täters, wie das in der Forensik der Fall ist. Das ist ja das Tolle, dass wir mit der Behandlung der Erkrankung auch direkt die Gefährlichkeit behandeln. Das ist im Gefängnis viel weniger der Fall." Kolja Schiltz
"Krank ist nicht nur der Täter, sondern auch der Gesetzgeber. Unmögliches Urteil über einen geisteskranken Mörder." Facebook-User Johannes L.
"Diese Meinungen in der Öffentlichkeit entstehen daraus, dass die Leute nicht genau verstehen, was passiert und dass man durch eine gute Behandlung letztlich die Gefährlichkeit von Tätern sehr erfolgreich reduzieren kann. Außerdem glaube ich auch, dass öffentliche Meinungen, die in solchen FB-Postings zum Ausdruck kommen, eher schlagwortartige Dinge sind, die die Leute im Ärger dort hinschreiben. Ich glaube nicht, dass das erstens die Mehrheitsmeinung repräsentiert und zweitens die Meinung, die die Leute erlangen, wenn sie mal wirklich über die Frage nachdenken." Kolja Schiltz
Der Täter von Grafing wird seit Beginn seiner Unterbringung in der forensischen Psychiatrie in Haar medikamentös und psychotherapeutisch behandelt, berichtet sein Anwalt. Der Jurist Florian Alte wird die Diskussionen auf Facebook weiter verfolgen. Ihn interessiert vor allem der rechtliche Hintergrund solcher Diskussionen, Alte hat an der Universität der Bundeswehr zum Thema geforscht. Die hier zitierten Äußerungen nennt er schlicht: "Fake-News"
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