Demonstration in Würzburg im Oktober 2022 gegen die Abschiebung von "Kelvin"
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Demonstration in Würzburg im Oktober 2022 gegen die Abschiebung von "Kelvin"

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Warum ein Nigerianer aus Würzburg doch abgeschoben werden darf

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden: Ein Nigerianer, der in Würzburg inzwischen gut integriert ist, darf abgeschoben werden. Dagegen hatten in Würzburg schon vor Monaten Menschen demonstriert und sich für den jungen Mann eingesetzt.

Der in Würzburg lebende Osaivbie Ekogiawe, genannt Kelvin, darf grundsätzlich abgeschoben werden. So lautet die aktuelle Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes. Der Fall des jungen Pflegeschülers und Fußballers aus Nigeria hatte durch eine Petition, eine Demonstration und das Engagement seines Vereins SV Heidingsfeld für Aufsehen gesorgt. Mit der aktuellen Entscheidung gaben die Richter am Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde des Freistaats Bayern statt.

Abschiebung nur unter medizinischer Aufsicht

"Gleichzeitig hat das Gericht mehrere Auflagen für die geplante Abschiebung des Antragstellers gemacht, um gesundheitliche Gefahren durch die Abschiebung auszuschließen", heißt es auf Anfrage von BR24. Das bedeutet konkret: Während der Abschiebung muss eine ärztliche Betreuung sichergestellt werden, der junge Mann muss in Nigeria einem vorab informierten Arzt übergeben werden und mit einem Monatsvorrat erforderlicher Medikamente ausgestattet werden.

Laut BayVGH steht der Abschiebung auch der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte junge Volljährige (§ 25a AufenthG) nicht entgegen. Dem Antragsteller fehle eine Duldung. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ist unanfechtbar.

BayVGH kippt Entscheidung des Würzburger Verwaltungsgerichts

Im Oktober 2022 hatte das Würzburger Verwaltungsgericht einen Eilantrag der Anwältin des Nigerianers zugelassen. Diese Entscheidung hat der BayVGH als höhere Instanz abgeändert und somit den Eilantrag abgelehnt. Die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) hatte gegen die Würzburger Entscheidung Berufung eingelegt.

Die Verteidigerin des jungen Mannes, Mara Ortler, hofft nun unter anderem auf ein gleichzeitig laufendes Petitionsverfahren im Bayerischen Landtag. Dort wird demnächst der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden über den Fall beraten.

Unterstützer wollen noch nicht aufgeben

Osaivbie Ekogiawe kam 2018 als damals 16-Jähriger aus Nigeria nach Deutschland. Mittlerweile hat er seinen Abschluss an der Mittelschule gemacht, spricht gut Deutsch, spielt im SV Heidingsfeld Fußball und hat im September 2022 eine Ausbildung in der Pflege begonnen.

In Würzburg setzen sich viele dafür ein, dass Osaivbie bleiben darf: Schon rund um die Entscheidung des Würzburger Verwaltungsgerichts im vergangenen Jahr gab es etwa eine Demonstration durch die Innenstadt. Außerdem wurde online eine Petition gestartet, um seine Abschiebung nach Nigeria zu verhindern. Diese hat 5.114 Unterstützer. Online heißt es dort aktuell, dass Osaivbie nach dem Gerichtsurteil wieder die Abschiebung droht, die nächste planmäßige Abschiebung nach Nigeria sei am 7. März geplant. "Haltet euch bitte bereit für eventuelle Demos", lautet die Devise der Unterstützer.

Der Fall sorgte auch juristisch für Diskussionen. In einem früheren BR-Interview berichtete Verteidigern Ortler: Bereits im Juni 2022 habe sie mit Osaivbie Ekogiawe einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) gestellt. Bevor es zu einem positiven Bescheid kommen konnte, stellte die Ausländerbehörde jedoch am 30. August 2022 den Antrag auf Luftabschiebung. Kurz darauf wurde Osaivbies Duldung als "erloschen" gestempelt. "Aus meiner Sicht ist es eine Unterwanderung des Paragraphen 25a", erklärte Ortler damals. Im Paragraf 25a des Aufenthaltsgesetzes ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen gut integrierten Jugendlichen und jungen Volljährigen eine Aufenthaltserlaubnis gewährt werden muss.

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