Es war vermutlich das umstrittenste Gesetz im Jahr 2018 - das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz, kurz PAG. Mehr als 30.000 Menschen demonstrierten vor knapp zwei Jahren in München gegen das Regelwerk, das der bayerischen Polizei deutlich mehr Befugnisse einräumt als bisher. Verabschiedet wurde das Gesetz im Landtag dank damaliger CSU-Mehrheit dennoch. Allerdings setzte die Staatsregierung im Anschluss eine Expertenkommission ein, die das Gesetz auf seine Praxistauglichkeit prüfen sollte.
Das Ergebnis des 127-seitigen Abschlussberichts, der im August 2018 vorgelegt wurde: Es gibt an mehreren Stellen Nachbesserungsbedarf. So müsste laut der Kommission etwa der Begriff der "drohenden Gefahr" konkreter definiert und letztlich beschränkt werden. Denn durch die Aufnahme dieser Formulierung ins Gesetz erhielt die Polizei deutlich mehr Spielraum. Auch die Präventivhaft, von Kritikern "Unendlichkeitshaft" genannt, empfiehlt die Kommission auf "deutlich unter die Höchstdauer von drei Monaten" zu begrenzen.
Herrmann: Nachbesserung sicher noch 2019
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte als Reaktion an, am PAG nachzubessern. Möglichst bis November 2019, sicher aber bis Ende des Jahres sollte laut ihm der neue Gesetzentwurf vorliegen - bisher ist das aber nicht passiert. Die bayerische Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sieht darin "eine beispiellose Missachtung des Parlaments, der Kommission und der Bürgerinnen und Bürger". Schulze drängt darauf, dass die Novellierung zügig in den Landtag eingebracht wird.
Auch das "No-PAG-Bündnis", das die Demonstration durch die Münchner Innenstadt vor knapp zwei Jahren organisiert hat, hält es für problematisch, dass die Staatsregierung ihr selbstgestecktes Ziel verfehlt hat. Sprecherin Laura Pöhler kritisiert, dass "die Öffentlichkeit bisher nicht mal einen Entwurf dieser dringenden Gesetzeskorrektur gesehen hat". Das werfe "erhebliche Zweifel darüber auf, wie ernst es die Landesregierung eigentlich hält mit der Demokratie und auch mit den Grundrechten".
"Keine näheren Angaben" zum Zeitplan
Im bayerischen Innenministerium gibt man sich derweil gelassen - und verweist auch auf die Corona-Krise. Aktuell befinde sich der Gesetzentwurf zur Abstimmung innerhalb der Staatsregierung. Angesichts der aktuellen Corona-Lage könne man "zum weiteren Zeitplan keine näheren Angaben machen".
Das "No-PAG-Bündnis" wiederum will sich damit nicht zufrieden geben. Man sei alarmiert, heißt es. Aber nicht nur auf den neuen Gesetzentwurf dürften viele warten, sondern auch auf die Urteile des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Denn Grüne, SPD, Linke und FDP haben dort Klagen gegen das Polizeiaufgabengesetz mit unterschiedlichen Schwerpunkten eingereicht. Ein Termin für eine Entscheidung darüber ist bisher ebenfalls nicht bekannt.
"Darüber spricht Bayern": Der neue BR24-Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!