Wie können Politiker Wähler erreichen und frühzeitig Themen besetzen? Hier Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger 2022 beim Gillamoos.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Daniel Karmann

Kürzlich haben sich die Parteien auf dem Gillamoos gefetzt und über Winnetou gescherzt. Jetzt bei den Klausuren geht es um mehr.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Warmlaufen für den Wahlkampf: Landtags-Fraktionen in Klausur

In den kommenden Tagen steht ein Klausur-Marathon an. Ein Jahr vor der Landtagswahl ist es eine Chance für die Parteien, Positionen deutlich zu machen - und eine Herausforderung: Wie können Politiker frühzeitig Wähler erreichen und Themen setzen?

Es war schon einmal leichter für die bayerischen Parteien. Jedes Jahr nach der Sommerpause treffen sich die Abgeordneten, um ihren Kurs für die kommenden Monate abzustecken. Ein Jahr vor der Landtagswahl wäre das eine Chance für die Parteien, ihr Profil zu schärfen und Themen zu besetzen. Aber in diesem Jahr ist das besonders schwer: Denn die öffentliche Debatte dreht sich vor allem um ein Thema.

Alles dreht sich um Energie

Seit Wochen dominiert die Energieversorgung die Schlagzeilen. Welchen Füllstand haben die Gasspeicher? Haben wir ein Stromproblem? Wie können die steigenden Preise aufgehalten werden? Es sind Fragen, die viele Menschen bewegen - und die Parteien dementsprechend aufnehmen.

So haben - mit einer Ausnahme - alle Fraktionen angekündigt, sich auf ihren Klausuren intensiv mit diesen Fragen zu beschäftigen. Die Grünen haben darauf verwiesen, dass sie das Thema aktuell fast täglich bearbeiten würden.

Das Problem der bayerischen Parteien dabei: Die Energiepolitik ist vor allem eine Sache des Bundes, die Parteien in Bayern haben also nur bedingt die Möglichkeit, zu gestalten. Hinzu kommt: Wenn alle über das gleiche Thema sprechen, dann ist es schwerer, sich über eigene Themen zu profilieren.

Parteien setzen eigene energiepolitische Akzente

Spannend dürfte bei den Klausuren deswegen werden, welche Aspekte die Parteien in den Fokus rücken und welche Lösungsvorschläge sie entwickeln werden. Hier können sie sich durchaus profilieren und ihre Partei-DNA einbringen.

So setzt die SPD vor allem auf den sozialen Aspekt: die Entlastung der Bürger. Bei der Klausur dürfte sie auch über ein bayerisches Entlastungspaket - in Ergänzung zum Entlastungspaket der Ampel-Regierung - sprechen. Die SPD hat dieses schon mehrfach von der bayerischen Staatsregierung gefordert.

Die Freien Wähler hingegen legen den Fokus eher darauf, was gegen die Inflation getan werden könne. In einem 20-Punkte-Papier stellen sie vor allem Forderungen an den Bund auf, etwa die, Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Es ist nicht das erste Mal, dass sie darauf drängen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Kritik an der Ampel-Regierung

Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch geht außerdem davon aus, dass die Parteien in der Kommunikation versuchen werden, sich voneinander abzugrenzen - vor allem die CSU - mit Sprüchen wie: "Die Ampel hat kein Herz für den Süden", oder: bei einem Blackout trage die Bundesregierung die Verantwortung.

  • Zum Artikel: Experten halten die Gefahr eines Blackouts für gering

Politikwissenschaftlerin Münch mahnt, die Strategie gegen die Ampel sei ein Balanceakt. Söder müsse aufpassen, dass er nicht zu sehr ins Negative abgleite.

Eigene Themen wichtig: "Ampel-Bashing reicht nicht"

Ähnlich äußerte sich auch die Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl von der Universität der Bundeswehr. "Ampel-Bashing alleine reicht nicht", sagte sie. Nicht nur die CSU, sondern alle Parteien müssten auch eigene Themen besetzen.

Auf den Klausuren zeigt sich dieser Anspruch. Alle Parteien setzen neben dem Thema Energie auf zusätzliche Inhalte. CSU und Freie Wähler sprechen über das Handwerk und den ländlichen Raum. Die FDP will den Staat schlanker aufstellen, die SPD darüber reden, wie mehr gebaut wird. Die Grünen stellen die Klausur unter das Motto "Unseren Kindern gehört die Welt", haben dazu zwei Konzeptpapiere beschlossen und wollen sich dazu mit Organisationen der Jugendarbeit austauschen. Und die AfD will über die Finanzierung des Gesundheitssystems und bezahlbaren Wohnraum sprechen.

Können Parteien mit ihren Themen durchdringen?

Es sind Themen, von denen die Parteien glauben, dass sie ihre Wähler beschäftigen - und Themen, die für die Parteien nicht neu sind. So hat die SPD, die eher in Bayerns Städten punktet, schon im vergangenen Landtagswahlkampf auf das Thema Bauen gesetzt. Die CSU wirbt seit der Bundestagswahl wieder verstärkt um ihre konservativen Wähler im ländlichen Raum - und steht dabei in Konkurrenz zu den Freien Wählern. Diese hatten bei der vergangenen Wahl Stimmen der enttäuschten CSU-Wähler erhalten.

Fraglich ist nun, wie es den Parteien bei den Klausuren gelingen wird, mit ihren Inhalten durchzudringen. Klar ist aber, so Politikwissenschaftlerin Riedl: Themen entwickelten in diesen Zeiten eine andere Dynamik. Was die Menschen heute interessiere, könne morgen schon wieder überholt sein. Die Parteien müssten also flexibel bleiben.

Die Klausuren im Überblick:

14.09. – 16.09., Fraktionsklausur der Freien Wähler, Nördlingen

15.09 – 16.09., Fraktionsklausur der Grünen, Weiden

19.09. – 22.09., Fraktionsklausur der CSU, Bad Staffelstein

20.09. – 22.09., Fraktionsklausur der SPD, Nürnberg

20.09. – 22.09., Fraktionsklausur der FDP, Regensburg

21.09. 23.09., Fraktionsklausur der AfD, München

Europäische Perspektiven

BR24 wählt regelmäßig Inhalte von unseren europäischen öffentlich-rechtlichen Medienpartnern aus und präsentiert diese hier im Rahmen eines Pilotprojekts der Europäischen Rundfunkunion.