Auf dem Bild ist der leere Bundestag zu sehen.
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Wahlrechtsreform: CSU könnte aus dem Bundestag fliegen

Die Wahlrechtsreform der Ampel-Parteien könnte vor allem für die CSU gefährlich werden. Durch die "Zweitstimmendeckung" wäre die Partei an eine deutschlandweite 5-Prozent-Hürde gebunden. 2021 hatte sie die nur knapp genommen.

Bislang war der CSU ihr Platz im Bundestag sicher. Dafür sorgte stets ihr gutes Abschneiden in den Wahlkreisen. Bei der letzten Bundestagswahl 2021 gewann die CSU fast alle Direktmandate im Freistaat. Nur im Münchner Süden setzten sich die Grünen durch. 45 CSU-Politiker zogen so als direkt gewählte Abgeordnete in den Bundestag ein.

Der neue Gesetzentwurf der Ampel-Parteien, der BR24 vorliegt, sieht nun allerdings vor, dass alle Erststimmen durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt sein müssen ("Zweitstimmendeckung"). Scheitert eine Partei also bundesweit an der 5-Prozent-Hürde, würde sie auch keine Direktmandate erhalten.

Bundestagswahl 2021: CSU nur bei 5,2 Prozent

Bei der CSU wäre das denkbar. Bislang lag die Partei bei allen Bundestagswahlen zwar über 5 Prozent – 2021 aber nur noch knapp mit 5,2 Prozent. Hätte die CSU also etwa 0,3 Prozentpunkte weniger bekommen und das geplante neue Wahlrecht hätte schon gegolten, dann wäre nach den Ampel-Plänen nun kein einziger CSU-Abgeordneter im Bundestag vertreten.

Bislang konnte sich die CSU außerdem auf eine weitere Regel verlassen: die sogenannte Grundmandatsklausel. Diese sieht vor, dass auch Parteien in den Bundestag einziehen können, die eigentlich an der 5-Prozent-Hürde scheitern würden. Einzige Voraussetzung: Die Partei muss mindestens drei Direktmandate gewinnen.

Auch Grundmandatsklausel soll fallen

Für die CSU war das bislang nie ein Problem – die 5-Prozent-Hürde stellte für die Partei deshalb keine Gefahr dar. Doch genau diese Grundmandatsklausel ist in den Ampel-Plänen nun nicht mehr vorgesehen. Erreicht die CSU also deutschlandweit keine 5 Prozent, würde sie komplett aus dem Parlament fliegen – selbst wenn sie zahlreiche Direktmandate gewinnen würde. Das haben Grüne und SPD im Bundestag dem Bayerischen Rundfunk bestätigt.

Kritik von Söder: "Attacke auf die Demokratie"

CSU-Chef Markus Söder reagiert mit deutlicher Kritik: "Würde das passieren, dann würden auch 30 Direktmandate oder mehr keine Rolle spielen", sagte er. "Theoretisch ist das möglich, das befürchten wir aber eher weniger, weil die Wahrscheinlichkeit gering ist."

Noch nie habe die CSU bundesweit ein Ergebnis von unter 5 Prozent gehabt. Söder kritisierte den Entwurf zur Wahlrechtsreform als "Attacke auf die Demokratie". Er kündigte an, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, sollte es keine Änderung mehr daran geben.

Esken: Direktkmandate können "überwiegend" behalten werden

Ganz anders als die CSU sehen das Vertreter der Ampel-Parteien. SPD-Chefin Saskia Esken sagte, der Kompromiss sei intensiv beraten worden und ziele darauf, dauerhaft die Größe des Bundestags zu begrenzen. "Deswegen haben wir uns auf das jetzige Modell geeinigt." Auch die Direktmandate könnten "überwiegend" behalten werden, der Wählerwille behalte hier Gewicht.

Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte, es habe Vertrauen ins Parlament gekostet, dass die Große Koalition in der abgelaufenen Legislaturperiode keine spürbare Verkleinerung des Bundestags auf den Weg gebracht habe. Es seien keine einfachen Verhandlungen bis zur jetzt gefundenen Lösung gewesen.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erklärte, die FDP habe immer gesagt, dass es unheimlich wichtig sei, die Union bei der Reform mit im Boot zu haben. Die CDU habe aber davon keinen Gebrauch gemacht, die CSU wiederum habe in der Vergangenheit sehr erfolgreich Wahlrechtsveränderungen verhindert. Der jetzt gefundene Kompromiss könne sich sehen lassen – und führe zu dem Ziel, dass der Bundestag verkleinert werde.

Mit Informationen von AFP

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