Winterklausur der AfD-Fraktion: Gerd Mannes (l-r), stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD im bayerischen Landtag, Ulrich Singer, Fraktionsvorsitzender der AfD im bayerischen Landtag, Franz Bergmüller, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD im bayerischen Landtag, und Andreas Winhart, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD, nehmen während der Winterklausur der AfD-Fraktion an einer Pressekonferenz teil.
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Wahljahr der AfD: Vorerst das Kriegsbeil begraben

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Wahljahr der AfD: Vorerst das Kriegsbeil begraben

Handgreiflichkeiten, Austritte, Abwahl des Vorstands - seit ihrem Einzug in den Landtag hatten die AfD-Abgeordneten zahlreiche interne Konflikte. Pünktlich zum Auftakt des Wahljahres legen die Vertreter ihren Zank beiseite. Eine Analyse.

Streit über die Tagesordnung, eine Mehrheit der Abgeordneten stellt sich gegen den Fraktionsvorstand, man geht ergebnislos auseinander – diesen Eklat erlebte die AfD-Fraktion vor zweieinhalb Jahren. Vor einem halben Jahr trafen sich die Abgeordneten kurzerhand ohne offizielle Tagesordnung – und folglich auch am Ende ohne Ergebnis.

Diese Bilder wollte die AfD sich zum Auftakt des Wahljahres ersparen. Die meisten AfD-Parlamentarier wollen im Herbst wiedergewählt werden, da bieten sich Machtkämpfe nicht an.

Waffenstillstand in der AfD-Fraktion

Denn Streitereien goutiert der Wähler in der Regel nicht. In der AfD gelten zuweilen andere Regeln, aber rund acht Monate vor der Landtagswahl soll das Bild einer gespaltenen Fraktion verschwinden. Aber wann wird es sich wieder zeigen? Denn der Streit zwischen dem völkisch-nationalen Lager der Partei und dem vermeintlich gemäßigteren Teil sitzt tief.

Dass die AfD bei ihrer Winterklausur nun einstimmig ein Positionspapier verabschiedet hat, spricht jedenfalls für ein geschicktes Moderieren von Fraktionschef Ulrich Singer zwischen beiden Lagern. Es waren diesmal sogar 15 der 17 Abgeordneten anwesend, wenn auch manche nur für einen halben Tag.

"Ideologisch" – der neue Lieblingsbegriff der AfD

Inhaltlich will sich die AfD von vielen gesellschaftlichen Trends scharf abgrenzen. Das drückt sie auch in ihrem Positionspapier aus. Mit dem Titel des Klausur-Ergebnisses, "Bayern auf Kurs bringen", macht sie klar, dass sie die Gesellschaft in vielen Bereichen auf einem Irrweg sieht.

"Ideologisch" und "Ideologie" sind die neuen Lieblingsbegriffe der Fraktion: Acht Mal kommt das Wort im Abschlusstext vor. Angeprangert werden eine "ideologisch motivierte Klimapolitik", die "ideologische Stilllegung von Flächen" in der Landwirtschaft, die einseitige Förderung des ÖPNV sei "ideologisch" und die "politische Ideologisierung" der Schüler in Fragen der Weltanschauung. Deutlicher kann die AfD ihre Definition von "Normalität" nicht machen.

Gegen "Feminisierung" des Lehrerberufs

Inhaltlich fordert die Fraktion, den Lehrerberuf attraktiver zu machen, damit es nicht zu einer "Feminisierung" komme. Zusätzlich brauche es schnelle Hilfe für Menschen, die unter den Folgen einer Corona-Impfung leiden. Hier spricht die AfD von "Impfopfern". Die Gendersprache stoppen, den Verfassungsschutz entpolitisieren und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk "verschlanken" – all diese Forderungen sind schon bekannt.

Zurückhaltung beim Thema Flüchtlinge

Bei ihrem früheren Lieblingsthema Migration hält sich die AfD-Fraktion auffällig zurück. Zwar wiederholt sie ihre Forderung nach mehr Abschiebungen, dafür soll aus ihrer Sicht ein bayerisches "Zentrum für Rückführungen" gegründet werden. Insgesamt aber nimmt das Thema im Papier nicht viel Raum ein. Die Aufforderung an die Staatsregierung, die Kosten für dezentral untergebrachte Asylbewerber offenzulegen, wirkt für AfD-Verhältnisse dezent.

Auch der Position der CSU-Fraktion, 200.000 neue Asylbewerber pro Jahr seien "zu viel", will sich der AfD-Fraktionsvorstand auf Nachfrage nicht anschließen. Dabei ist die restriktive AfD-Linie dazu bekannt. Möglicherweise warten die Parteistrategen aber bewusst ab, um auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes auf die klassischen Themen zurück zu greifen.

Bisher kein Spitzenkandidat aus der Fraktion in Sicht

Wie schon bei der vergangenen Landtagswahl tut sich die Partei schwer, einen Spitzenkandidaten zu benennen. Zum einen lehnen viele Mitglieder "Personenkult" ab, zum anderen herrscht in der AfD-Führungsriege Misstrauen. Traditionell sind viele AfD-Politiker Einzelkämpfer, Bündnisse haben eine kurze Halbwertzeit.

Obwohl alleiniger Fraktionschef, bestreitet Ulrich Singer einen Führungsanspruch im Wahlkampf. Er halte einen bayernweiten Spitzenkandidaten für "nicht notwendig", in den Bezirken könnte es jeweils oberste Wahlkämpfer geben. Dass diese Lösung für die Partei in der Außenwahrnehmung Nachteile hätte, wissen alle. Den Schritt ins Rampenlicht scheuen wie Singer aber auch andere. Bei ihrem Parteitag Ende April sollen die Mitglieder entscheiden, ob es überhaupt einen Spitzenkandidaten geben soll.

AfD-Fraktionschef Ulrich Singer im Interview mit BR24
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AfD-Fraktionschef Ulrich Singer im Interview mit BR24

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