Der erste Vorstoß war für viele der überraschendste: Auf der Klausur der Fraktion im Januar im oberfränkischen Kloster Banz verkündete Markus Söder, dass er die Amtszeit des Bayerischen Ministerpräsidenten auf zehn Jahre begrenzen wolle. Zusammen mit der Landtagswahl am 14. Oktober sollen die Bayern darüber abstimmen. Will sich Söder schon vor sich selber schützen, nachdem er leidig erfahren musste, dass Horst Seehofer nicht aus dem Amt scheiden wollte? Vielleicht. Ein anderes Motiv dürfte aber auch noch eine entscheidende Rolle gespielt haben: Die CSU ist im Umfragetief, kämpft um Vertrauen.
"Es kommt jetzt darauf an, vor der Geschichte zu bestehen, vor der Geschichte der CSU und vor der Geschichte dieses Landes." Markus Söder, 4.12.2017
Sticheln gegen Merkel
Die Reaktionen auf die selbst gewählte Machtbegrenzung waren durchweg positiv, bei Bevölkerung wie Opposition. Nebeneffekt für Söder: Eine klare Abgrenzung zu Seehofer und auch zu Angela Merkel, zu der ihm ein nicht einfaches Verhältnis nachgesagt wird. Das hat sicher auch damit zu tun, dass Söder es nicht lassen konnte, in seiner Aschermittwochs-Rede zu sticheln, dass eine solche Amtszeit auch dem Bund gut täte.
Mann der schnellen Entscheidung
Auf den zweiten Blick ist der Vorstoß allerdings nicht überraschend für den Stil von Markus Söder: Wenn ein politisches Thema bei ihm auf dem Tisch landet, arbeitet er sich akribisch ein, hört Argumente - und entscheidet dann zügig, um sich den nächsten Themen zu widmen. Vor allem Problemfelder - wie die Aufarbeitung des BayernLB-Desasters - werden so schnell wie möglich abgearbeitet. Schier endlose Bürger- und Expertendialoge, wie sie sein Vorgänger Horst Seehofer zu führen pflegte, wird es wohl nicht mehr geben. Auch weil Seehofer mit diesem Stil viele Themen in Bayern wie den dritten Nationalpark nicht mehr zu einer Entscheidung brachte. Söder sagt dazu: Was ein Ministerpräsident in zehn Jahren nicht schafft, das schafft er dann meist gar nicht mehr.
AfD-Abwehrplan
Seit Januar gibt es zudem einen Zehn-Punkte-Plan von Markus Söder, den man getrost auch als AfD-Abwehrplan bezeichnen könnte. Die zwei zentralsten Punkte: Innere Sicherheit und Sozialpolitik. Bei der Sicherheit bleibt er seiner harten Linie treu: So soll es wieder eine eigene bayerische Grenzpolizei mit Sitz in Passau geben, um die Schleierfahndung zu verstärken, auch an den Grenzkontrollen will er weiter festhalten. Für viele ist Sicherheit vor allem ein Gefühl - und Söder will in den Grenzregionen wieder das Gefühl eines starken Staates vermitteln. Nicht zuletzt weil hier die AfD besonders stark war.
Aufgabe Sozialpolitik
Wandlungsfähigkeit hat Söder in der Vergangenheit oft bewiesen, die Metamorphose zum Sozialpolitiker und landesväterlichen Kümmerer wird allerdings jetzt seine schwierigste. Im Fokus vor allem die Pflege, hier will er ein eigenes Landesamt gründen und ein Pflegegeld für Angehörige einführen. Familien mit Kindern sollen ein bayerisches Baukindergeld bekommen, wenn sie beim Bund aus den geplanten Förderkriterien fallen. Damit will er einen Nerv der Zeit treffen: Bei vielen jungen Familien ist der Erwerb von Eigentum oft Thema Nummer eins, die Wut auf Preisexplosionen in den Ballungszentren teils groß. Söder argumentiert, dass die Bindung zwischen Staat und Bürgern durch die Möglichkeit von Eigentumserwerb wieder größer wird - und meint damit natürlich die Bindung zwischen Bürgern und der CSU. Die vollen Kassen des wirtschaftlich erfolgreichsten Bundeslandes lassen ihm hier viele Möglichkeiten.
Von der Wahl im Herbst hängt Söders Zukunft ab
Entscheidend dürfte somit werden, wen Söder ins Sozialministerium beruft, nachdem die bisherige Amtsinhaberin Emilia Müller bereits angekündigt hat aufzuhören. Vieles spricht für eine Frau. Denn auf diesem Feld hat die CSU weiter große Probleme, nicht zuletzt geht es für Markus Söder im Kampf um jede Stimme auch darum, von Frauen gewählt zu werden. Denn wie er selbst sagt: Er muss jetzt vor der Geschichte bestehen. Verteidigt er im Herbst die absolute Mehrheit, könnte das der Beginn einer neuen Ära sein. Wenn es ganz dumm läuft, könnte er allerdings auch der kürzeste Ministerpräsident in der Geschichte des Freistaats gewesen sein.