Der Betriebsleiter Rainer Wagner steht vor dem Heizofen, der Wärme für  umgerechnet 144 Einfamilienhäuser erzeugt.
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Der Betriebsleiter Rainer Wagner steht vor dem Heizofen, der Wärme für umgerechnet 144 Einfamilienhäuser erzeugt.

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Vorreiter in der Region: Freilassing auf Energiewende-Kurs

Kommunen können die Energiewende selbst vorantreiben, wenn sie Wert darauf legen. Freilassing setzt mit einem eigenen Wärme- und Stromnetz für städtische Gebäude auf erneuerbare Energien. Die Stadt ist damit Vorreiter in der Region.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Knapp einen Kilometer lang sind die Strom- und Wärmeleitungen, die Freilassings Grund- und Mittelschule, die Schwimm- und Freizeitanlage Badylon, die Kläranlage, das Jugendvereinsheim und den Bauhof versorgen. Mit einem eigenen Areal, das sich ohne Zwischenspeicher vollständig selbst mit Wärme und zum großen Teil selbst mit Strom versorgt, hat die Stadt Freilassing ein bayernweit einzigartiges kommunales Energieprojekt auf den Weg gebracht. Der Energieverbund kommt zu fast 100 Prozent mit erneuerbaren Energien wie Klärgas, Solarenergie und Holzhackschnitzeln aus dem Stadtgebiet aus. Die Holzspäne stammen von kranken Bäumen, abgestorbenen Eschen oder Fichten, die der Borkenkäfer befallen hat. Der Holzvorrat, ausschließlich aus dem Stadtgebiet, reicht momentan noch für mehr als zwei Jahre.

Hochwasser 2013: Krise als Chance

Die Idee dafür gab es schon vor etwa zehn Jahren. Nachdem das Saalach-Hochwasser 2013 die städtische Schwimm- und Freizeitanlage Badylon überflutet hatte, war im Stadtrat der Schritt zur zukunftsfähigen Energieversorgung klar - und so wurde aus der Hochwasser-Katastrophe eine Chance.

Der heutige Bürgermeister Markus Hiebl war in der Entstehungsphase dabei. "Klimaschutz braucht ständige Überzeugungsarbeit bei den kommunalen Entscheidungsträgern", sagt der Bürgermeister. Es komme nicht immer nur auf die Wirtschaftlichkeit an, sondern auch auf die Vorreiterrolle der Kommunen.

Energieverbund gewinnt Bayerischen Energiepreis

Das Bayerische Wirtschaftsministerium hat das Projekt im Oktober 2020 mit dem Bayerischen Energiepreis in der Kategorie Strom und Wärme ausgezeichnet. Der Physiker Markus Brautsch ist Professor an der Technischen Hochschule Amberg-Weiden und Mitglied der siebenköpfigen Jury des Bayerischen Energiepreises. Er bestätigt, dass die Stadt mit ihrem Energieverbund bayernweit einen beispielhaften Weg eingeschlagen hat.

Eine weitere Jury-Begründung für den Preis: Wärme und Strom werden nur produziert und verteilt, wenn die Gebäude sie auch benötigten. Die Stadt habe sich bewusst gegen große Batteriespeicher entschieden, die sehr teuer und ressourcenintensiv in der Herstellung seien.

Wegen Corona läuft der Betrieb auf Sparflamme

Da die Gebäude nur wenige hundert Meter voneinander entfernt sind, waren die Bedingungen für ein eigenständiges Strom- und Wärmenetz sehr gut. Rund 4,2 Millionen Euro investierte die Stadt in das Projekt, das Ende 2019 zusammen mit der neu gebauten Sport- und Freizeitanlage Badylon in Betrieb ging. Aber dann kam Corona und es folgte ein Jahr auf Sparflamme, in dem Schulen, Sportanlagen und Schwimmbäder viel weniger Energie benötigten als geplant. Momentan läuft der Betrieb nur zu 30 Prozent.

Langfristiges Ziel: Stabiler Energiepreis

Betriebsleiter Rainer Wagner freut sich schon auf die Zeit, wenn die Anlage voll ausgelastet ist. Klar ist aber jetzt schon: Im Vergleich zur bisherigen konventionellen Energieversorgung über das öffentliche Stromnetz und Gaskessel kann der Energieverbund jährlich bis zu 450 Tonnen CO2 einsparen. Außerdem soll es sich für die Stadt auch rechnen. Langfristig soll der Energiepreis beim Energieverbund konstant bleiben, unabhängig von den steigenden Energiekosten.

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