Der Sprecher der Standortbürgermeister mit einem Atommüll-Zwischenlager, Josef Klaus (CSU), erhebt Vorwürfe gegen die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), die für die Suche eines Endlagerstandorts verantwortlich ist. Klaus ist Bürgermeister der niederbayerischen Gemeinde Niederaichbach im Landkreis Landshut, wo sich das sogenannte Brennelemente-Zwischenlager BELLA befindet.
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Vereinbarter Zeitrahmen wird wohl nicht eingehalten
Im November wurde öffentlich, dass die Suche nach einem Endlagerstandort mindestens bis 2046, vielleicht sogar bis 2068 andauern könnte. Der Zusammenschluss der Bürgermeister mit einem Zwischenlager auf ihrem Gemeindegebiet sei darüber nicht vorab informiert worden. Ursprünglich sollte der Standort für das Endlager bis 2031 feststehen. "Dass der Zeitrahmen, der ja fest vereinbart ist, nicht gehalten werden kann, haben wir über die Medien erfahren", sagte Klaus dem Bayerischen Rundfunk.
Bei einem Treffen der Standortbürgermeister im September habe die BGE über den Zwischenstand des Verfahrens informiert. "Es wurde mit keiner Silbe erwähnt, dass das nun so viel länger dauern soll", kritisierte Klaus.
"Keine Aussage der BGE wurde bislang eingehalten"
Die Standortkommunen stünden nun vor der Frage, wie es mit den Zwischenlagern mit teils hoch radioaktiven Abfällen weitergehen soll. Diese müssten nun neu genehmigt werden, so Klaus: "Dabei muss unzählig viel geprüft werden. Wie sieht es mit dem Gebäude aus, den Behältern und dem Inhalt?"
Ursprünglich sei den Kommunen ein Zeithorizont von 40 Jahren für die Zwischenlagerung versprochen worden. Die neuesten Entwicklungen seien "schlicht frustrierend", erklärte Klaus. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die BGE gehe weiter verloren, keine Aussage der Bundesgesellschaft sei bislang eingehalten worden.
30 Jahre später als angedacht
Die Bundesgesellschaft für Endlagerung habe bereits 2018 in einem Quartalsbericht darauf hingewiesen, an einer Zeitplanung für die "Bestimmung der Standortregionen" zu arbeiten. Das teilte eine Sprecherin auf Anfrage des BR mit. Die BGE habe für den Jahreswechsel ein Dokument mit ersten zeitlichen Abschätzungen angekündigt. Aus einem mittlerweile veröffentlichten Entwurf dieses Dokuments geht tatsächlich ein Szenario hervor, in dem sich die Festlegung des Standorts bis 2068 hinziehen könnte – also mehr als 30 Jahre später, als ursprünglich angedacht.
Dass dieses Dokument im Vorfeld öffentlich wurde, sei auf eine "Indiskretion nicht auf BGE-Seite" zurückzuführen, erklärte die Sprecherin.
Bau eines Endlagers dauert 20 Jahre
Wann genau die Standortsuche wirklich abgeschlossen sein soll, dazu könne die BGE aktuell noch keine Aussage machen. Die Standortregionen für die übertägige Erkundung wolle die Gesellschaft in der zweiten Hälfte 2027 gefunden haben. Alle weiteren Projektschritte seien von großen Ungewissheiten begleitet, eine seriöse Jahreszahl für weitere Phasen des Projekts sei nicht bestimmbar. Baulich könnte das Endlager "gut 20 Jahre" nach der Festlegung an einem Standort fertiggestellt werden.
Aus den Kommunen mit einem Atommüll-Zwischenlager nimmt deswegen die Kritik am Auswahlverfahren eines Standorts weiter zu. Die Suche werde zu sehr in der Breite geführt, statt sich auf eine Vorauswahl zu konzentrieren. Das führe zu erheblichen Verzögerungen. "Ich weiß nicht, ob die Zielsetzung, das bestmögliche Lager zu finden, wirklich auch zur größtmöglichen Sicherheit führt", sagte Josef Klaus. Mit jeder Verzögerung bleibe der Atommüll länger über der Erde in den Zwischenlagern. "Das ist auch mit einem Risiko behaftet."
90 Teilgebiete für Endlagerstandort im Gespräch
Klaus fordert nun Ausgleichszahlungen für die betroffenen Kommunen. Zudem solle die geplante Einlagerung von wiederaufbereiteten Castoren aus England überdacht werden. Diese sollen eigentlich in den kommenden Jahren nach Niederaichbach gebracht werden.
Insgesamt wurden in Deutschland zuletzt 90 Teilgebiete als mögliche Endlagerstandorte identifiziert. Das Auswahlverfahren ist gesetzlich festgelegt und soll vergleichend, wissenschaftsbasiert und transparent sein, heißt es von der BGE. Dabei solle auch die Öffentlichkeit früh einbezogen werden. Von den 90 ausgewählten Teilregionen sollen in jedem Verfahrensschritt weitere Gebiete durch das Suchraster fallen. Am Ende, so die BGE, bleibe dann der Standort mit der bestmöglichen Sicherheit übrig.
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