Auf einem Smartphone ist die Wanderroute abgebildet. Dahinter sieht man einen Forstweg im Wald.
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Auf einem Smartphone ist die Wanderroute abgebildet. Dahinter sieht man einen Forstweg im Wald.

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Verirrt und überfordert: Was können Bergtouren-Apps leisten?

Eine Schülergruppe ist im Kleinwalsertal in Bergnot geraten, weil sich ihre Lehrer auf einen Wandertipp im Internet verlassen hatten. Was sollte man also beachten, wenn man nach geeigneten Bergtouren auf Portalen und Apps sucht?

Es gibt unzählige Wanderempfehlungen im Internet, mehr als es Berge gibt. Da stellt sich vielen die Frage: Wie finde ich in diesem umfangreichen Angebot die passende Tour für mich selber? Schließlich soll der Ausflug in die Berge niemanden überfordern, sondern als schönes Naturerlebnis in Erinnerung bleiben.

Das funktioniert am besten, wenn man ein paar Dinge beherzigt: Bei der Suche ist es beispielsweise sinnvoll, dass man sich nicht nur auf eine Quelle verlässt, sondern nach derselben Route bei anderen Anbietern schaut und sie vergleicht. Denn vielleicht wird die Schwierigkeit unterschiedlich eingestuft oder eine andere Internetseite bietet ausführlichere Informationen über den Streckenverlauf.

Je mehr fundierte Infos, desto besser

"Jede Tourenbeschreibung sollte nicht nur die Länge und die Dauer beinhalten, sondern auch die Höhenmeter und ein Höhenprofil", empfiehlt Stefan Winter, Ressortleiter Sportentwicklung beim Deutschen Alpenverein (DAV). So kann man vorab einschätzen, wie steil es tatsächlich hoch und runter geht, und an welchen Stellen die schwierigeren Passagen liegen. Hilfreich sind auch Angaben zur Beschaffenheit des Geländes, zum nötigen Fitnesslevel, zu Kondition und Ausrüstung sowie über Einkehrmöglichkeiten.

Darüber hinaus vermitteln Bilder einen Eindruck vom Schwierigkeitsgrad und zeigen, ob die Wege eher schmal oder breit sind, ausgesetzt und gegebenenfalls mit Drahtseilen gesichert sind. Wenn einem schon beim Anblick der Fotos schwindelig wird, ist es wohl eher nicht die richtige Wahl.

"Bergwanderer sind oft zu blauäugig"

Internetportale seien nicht per se gut oder schlecht, man sollte sich jedoch genau anschauen, wer dort einen Wandertipp, eine Mountainbiketour oder eine Skitour veröffentlicht habe, empfiehlt Bernhard Ziegler.

Der BR-Wetterexperte ist selbst ein langjähriger und erfahrener Alpin-Journalist sowie Chef des Portals tourentipp.com: „Wenn man Internetangebote von professionellen Alpin-Autoren nutzt, ist man gut beraten. Denn das sind dieselben Menschen, die auch in den Fachbüchern und Fachzeitschriften publizieren. Das sind Profis.“ Er kritisiert jedoch, dass Bergwanderer oft zu blauäugig seien, zu wenig Erfahrung im alpinen Gelände hätten und Karten und Tourenbeschreibungen nicht richtig lesen könnten. "Die Planung und Durchführung einer Bergtour ist sehr komplex und setzt sich unter anderem zusammen aus der ausgewählten Route, den tatsächlichen Bedingungen, die man fundiert beurteilen muss, sowie der alpinen Erfahrung und dem eigenen Können. Manchmal kommt dann noch eine Gruppe mit ihrer eigenen Dynamik dazu."

Beschreibung der Bergtour genau lesen

Ähnliche Faktoren haben wohl auch dazu beigetragen, dass 99 Schülerinnen und Schüler im Kleinwalsertal in Bergnot geraten sind. Ihre Lehrer hatten eine als „Feierabendtour“ beschriebene Route auf den Heuberggrat ausgewählt. Doch im Internet hatte der Autor die Wanderung mit T4 nach der Berg- und Alpinwanderskala des Schweizer Alpenclubs eingestuft. Das heißt unter anderem: Exponiertes Gelände, in dem man gutes Orientierungsvermögen sowie alpine Erfahrung braucht.

Der Autor hat diese Tour richtig eingestuft und gleichzeitig von einer entspannten Route gesprochen, wie sie sich für geübte, einheimische Bergsteiger darstellt. Insofern ist der Interneteintrag nicht falsch, man muss ihn jedoch richtig lesen und interpretieren können.

Tourenplanung: Was sollte man tun?

Tourenplanung kann man lernen, auch die dazugehörige Recherche im Internet. Entweder nutzt man dafür die Ausbildungsangebote von alpinen Vereinen und Bergschulen oder das Wissen von erfahrenen Alpinisten im Freundeskreis. Wer eher unsicher ist und sich persönlich beraten lassen möchte, kann sich an Bergführer und Tourismusverbände vor Ort wenden oder beispielsweise an den DAV.

"Wir haben Servicestellen, bei den man telefonisch und online anfragen kann, welche Wanderung oder Bergtour zu einem passt. Wir können dazu eine Einschätzung geben sowie die aktuellen Verhältnisse zur Beschaffenheit der Route und die Wetteraussichten für das betreffende Gebiet mitteilen", sagt Laura Betzler vom DAV.

Bergtouren: Realistische Einschätzung ist gefragt

Als Fazit kann man festhalten: Bergtourentipps aus Internetportalen und Apps sind gut, wenn man sie richtig einordnen und umsetzen kann. Für eine Tourenplanung im Gebirge braucht man aber auch Erfahrung und eine realistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten.

Im Zweifel ist eine persönliche Beratung sinnvoll. So kann man auch besser herausfinden, ob eine vorgeschlagene Tour tatsächlich zum eigenen Können und Fitnesslevel passt. Denn was für den einen die Feierabendrunde ist, kann für den anderen mit einer Bergrettung enden.

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