Noch immer joggt Ludwig Schick durch Bamberg. Das halte ihn fit, sagt er. Nach 20 Jahren geht der katholische Geistliche nun in den Ruhestand. Anfang November hat der Papst seinen Rücktritt akzeptiert, er kam für viele überraschend. Bis der Papst einen neuen Erzbischof ernannt hat, wird das Erzbistum von Weihbischof Herwig Gössl als Diözesanadministrator geleitet.
"Amt muss an Jüngere gehen"
Mit seinem Rücktritt wolle er bevorstehende wichtige Entscheidungen und Weichenstellungen einem jüngeren Nachfolger überlassen, hieß es in einem Brief von Schick an die Gläubigen seiner Erzdiözese. "Ich habe meine Aufgaben im Erzbistum erfüllt und abgeschlossen."
Es stünden ab Herbst neue Entscheidungen und Projekte an, die die zwei Jahre zu seinem 75. Geburtstag weit überschreiten würden, schreibt Schick weiter in dem Brief. In nächster Zeit müssten nicht nur Personalentscheidungen getroffen werden, sondern es gehe auch um Diskussionen von grundlegenden Kirchenreformen.
Am Sonntag wird Ludwig Schick mit einem festlichen Gottensdienst im Bamberger Dom verabschiedet. Um 14 Uhr beginnt das Pontifikalamt, bei dem alle Chöre der Dommusik singen. Die Diözese bietet dazu einen Live-Stream an. Anschließend ist eine persönliche Verabschiedung in der Aula der Universität geplant.
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Erzbischof Schick - ein moderat Konservativer
Ludwig Schick, der auch Vertreter der Bischofskonferenz war, gilt als moderat. Er spricht sich für die Priesterweihe von Männer aus, "die in Ehe und Familie bewährt sind". Ein Nebeneinander von zölibatären und verheirateten Priestern schloss er nicht aus. Auch für die Weihe von Frauen zu Diakoninnen hat er sich stark gemacht.
Ein weiteres Thema von ihm: eine Reform der Wahl von Bischöfen. "Die Domkapitel, die in Deutschland geheim Wahllisten erstellen und aus Dreierlisten wählen, sind keine Repräsentanz des Volkes Gottes", schrieb er in einem Beitrag in der Fuldaer Zeitung.
Bei den Missbrauchsvorwürfen gegen einen langjährigen Pfarrer in Wallenfels wiederholte Schick mehrmals sein Eingeständnis, die damalige Bistumsleitung habe den heutigen Richtlinien zufolge schwere Versäumnisse begangen. Der beschuldigte Pfarrer hätte nicht als Seelsorger eingesetzt werden dürfen. Zu viele Amtsträger hätten schuldhaft oder unachtsam, bewusst oder unbewusst, schreckliche Taten begangen, sie verschleiert oder deren Aufdeckung verhindert, schreibt Schick in der Fuldaer Zeitung. "Klerikalismus, hierarchische Überhöhung, Klüngelbildung, Seilschaften und Machtmissbrauch sind Ursachen dafür." Er habe nie etwas "bewusst vertuscht, verzögert oder verheimlicht", sagte Schick dem "Fränkischen Tag".
Die aus der Kirche ausgetretenen Gläubigen forderte er auf, mit der Kirche im Gespräch zu bleiben. Aber er mahnte auch an, dass man die Gründe und die Anliegen anhören solle. Die katholische Kirche müsse sich auf die vier Kennzeichen des Glaubensbekenntnisses besinnen: "Einigkeit, Heiligkeit, Katholizität und Apostolizität". Darüber solle theologisch, spirituell und pastoral neu nachgedacht werden, so der emeritierte Erzbischof im Interview mit der katholischen Zeitung "Heinrichsblatt".
Ökumene voranbringen
Ein gutes Verhältnis pflegte Schick auch zu seinem Kollegen der evangelischen Landeskirche Bedford-Strohm. Unterschiede werde es immer geben, man wolle die Kanzel- und Eucharistiegemeinschaft, aber unter Beibehaltung der jeweiligen Traditionen. Zudem dürfe sich die Ökumene nicht auf die katholisch-lutherischen Beziehungen beschränken, sondern schließe die Begegnungen mit reformierter, orthodoxen, altkatholischen, anglikanischen und freikirchlich orientierten Christen ein.
Wie nah sich Bedford-Strohm und Schick stehen, zeigte sich erst vor kurzem beim Treffen der beiden prominenten Kirchenmänner in Bamberg. Beide tauschten sich zum Thema aus, ob fromme Menschen glücklicher seien. Religion und Lebensglück hingen zusammen, so erklärten beide. "Glücklich wird man nur, wenn man andere glücklich macht", so Schick bei dieser Veranstaltung. "Wir müssen als gläubige Menschen dorthin gehen, wo Not herrscht und durch unsere Präsenz Räume des Glaubens eröffnen."
Die Religion müsse sich jedoch auch öffnen, so Schick weiter. Die heutige Theologie sei zum Teil nicht kommunikations- und sprachfähig und müsse lernen, authentisch zu sein in einer pluraler gewordenen Gesellschaft.
Offenes Ohr für Ehrenamtliche
Kurz nach dem Bekanntwerden seines Rücktritts hat sich auch der Diözesanrat mit einem Schreiben geäußert. Für die Anliegen der Ehrenamtlichen hätte Schick immer ein offenes Ohr gefunden. Immer wieder habe er die Mitglieder ermutigt, Verantwortung auch in Krisen der Kirche zu übernehmen.
Der Oberbürgermeister von Bamberg, Andreas Starke (SPD), schlug unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Rücktritts, Ludwig Schick als Ehrenbürger vor. Ohne dies vorher mit dem Stadtrat besprochen zu haben. Der fühlte sich übergangen und eine Diskussion begann.
Auf wenig Gegenliebe stieß das Anliegen aber auch beim Betroffenenbeirat von Geschädigten durch sexuellen, geistlichen und gewalttätigen Missbrauch im Erzbistum Bamberg. Die Vertreter dort finden, dass eine Ehrenbürgerschaft zu schnell käme. Man solle das Gutachten zum Missbrauchs-Komplex im Erzbistum abwarten und dann über eine Verleihung der Ehrenbürgerwürde entscheiden.
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