In einem Strafprozess war der angeklagte Werner Mazurek im März 2010 vom Augsburger Landgericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden, wegen erpresserischen Menschenraubs mit Todesfolge. Wesentlich für das Urteil war damals das Gutachten einer Phonetik-Expertin des Landeskriminalamts.
War das Gutachten fehlerhaft? Phonetik-Expertin soll erneut aussagen
Die Expertin soll jetzt erneut in Sachen Ursula Herrmann vor Gericht aussagen, wenn auch vor einer Zivilkammer wegen eines Schmerzensgeldverfahrens. Der Bruder der kleinen Ursula, Michael Herrmann, fordert 20.000 Euro Schmerzensgeld von dem Verurteilten. Er leidet seit dem Strafprozess unter einem quälenden Tinnitus. Gleichzeitig hat der Musiklehrer aus Augsburg aber auch Zweifel, ob mit Mazurek wirklich der richtige und einzige Täter verurteilt worden ist.
Anwalt: "Wir wollen überzeugt werden, dass Mazurek der Täter ist."
Michael Herrmann will daher vor allem das strittige Gutachten zum Tonbandgerät, auf das die Anklage sich stützte noch einmal neu beleuchtet sehen, wie er dem BR sagte. Sein Rechtsanwalt Joachim Feller meinte dazu, es gehe ihm und seinem Mandanten darum, ergebnisoffen überzeugt zu werden, durch eine gründliche Beweisaufnahme, dass Mazurek auch wirklich der Täter ist.
Ein Schritt zur möglichen Wiederaufnahme des Verfahrens
Zufrieden mit der Fortsetzung der Beweisaufnahme zeigte sich aber auch der Anwalt des verurteilten Entführers. Walter Rubach, der Mazurek bereits im Strafprozeß vertreten hat, sagte, die Zeugenladung der Expertin Dagmar Boss sei ein weiterer Schritt in Richtung einer möglichen Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn nachgewiesen werden könne, dass das Gutachten fehlerhaft ist.
Gutachten war wesentliches Indiz für Verurteilung
Die Phonetik-Sachverständige Dagmar Boss hatte im Strafverfahren mit ihrer Expertise über das bei Mazurek aufgefundene Tonbandgerät vom Typ TK 248 ein wesentliches Indiz für dessen spätere Verurteilung geliefert. Sie hatte damals erklärt, dass das Knacken, die Schaltgeräusche und das Erkennungssignal des Senders Bayern 3, die allesamt bei den Erpressungsanrufen mitgeschnitten worden waren, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Mazureks Tonbandgerät stammen würden.
Einer der aufwändigsten Indizienprozesse der bayerischen Justizgeschichte
Die Entführung der kleinen Ursula Herrmann aus Eching am Ammersee im Jahr 1981 war eines der aufsehenerregendsten Verbrechen der Republik. Das 10-jährige Mädchen wurde wenig später erstickt in einer im Wald vergrabenen Kiste aufgefunden. Das Ursula-Herrmann-Verfahren gilt als einer der aufwändigsten Indizienprozesse der bayerischen Justizgeschichte.