Nach Angaben des Landesbunds für Vogelschutz wird im Westallgäu derzeit immer wieder ein Gänsegeier gesichtet, einer der größten Vögel Europas. Die Vögel sind normalerweise in wärmeren Regionen wie Spanien oder dem nördlichen Afrika zu Hause. Laut dem LBV-Vorsitzenden Norbert Schäffer konnte man zwar in den letzten Jahren immer wieder Gänsegeier-Trupps in Bayern beobachten. Im Juli 2021 war auch schon mal ein einzelner Geier im Allgäu gesehen worden. "Dass nun im Winter einer dieser Vögel gesichtet wurde, ist auch für uns überraschend und durchaus etwas Besonderes", sagt Schäffer.
Allgäuer Gänsegeier könnte aus Spanien kommen
Der Klimawandel spielt nach Einschätzungen der LBV-Experten bei den steigenden Gänsegeier-Einflügen jedoch noch keine Rolle. Auch ein angrenzendes Verbreitungsgebiet gebe es nicht. "Der Allgäuer Winter-Geier trägt keine sichtbare Markierung. Das lässt darauf schließen, dass es sich um einen wildgeschlüpften Vogel handelt. Denkbar wäre eine Herkunft aus Spanien, wo über 90 Prozent der europäischen Gänsegeie leben. Aber auch Wiederansiedlungsprojekte in Frankreich tragen zu gelegentlichen Einflügen von Gänsegeiern im nördlichen Mitteleuropa bei", erklärt der Geier-Experte des LBV, David Schuhwerk.
Winterwetter kann gefährlich für den Gänsegeier sein
Der derzeit kalte bayerische Winter kann für den Gänsegeier im nordöstlichen Landkreis Lindau, also in der Gegend um Maierhöfen und Gestratz, an der Grenze zum Oberallgäu, zu einem Problem werden, da er an die vorherrschenden Bedingungen nicht angepasst ist. "Die mangelnde Thermik, die aufgrund der kalten Temperaturen derzeit in Bayern herrscht, erschwert es dem Gänsegeier, in wärmere Gebiete zu fliegen. Außerdem benötigt er zum Überleben Energie, die er nur durch ausreichend Nahrung gewinnen kann," erklärt Schuhwerk.
Gänsegeier sind Aasfresser
Aas sei für ihn in den besiedelten Gebieten Bayerns jedoch schwer zu finden, da tote Wild- und Nutztiere in der Regel schnellstmöglich entfernt werden. Auf der Suche nach Nahrung scannen Gänsegeier den Boden aus der Luft mit ihren Augen nach Kadavern ab. Liegen diese versteckt im Wald, bleiben sie von den Geiern unentdeckt. Auch wenn Gänsegeier auf Vorrat fressen und anschließend bis zu vier Wochen ohne Nahrung auskommen können, sollte sich der Vogel nicht zu lange im Landkreis Lindau aufhalten.
Naturfreunde, die in der Region einen geschwächten Gänsegeier beobachten, sind dazu aufgerufen, das über das LBV-Naturtelefon unter 09174/4775-5000 zu melden.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!